Komplikationen des Larynxtubus – Ein Update

folie1Die Ausgangslage: Der Larynxtubus gehört in die Familie der supraglottischen Atemwegshilfsmittel (PMID: 15502884).  Als blind endender Einlumentubus kommt der Larynxtubus bei korrekter Platzierung mit der Spitze im Ösophaguseingang zu  liegen und dichtet den Pharynx über einen distalen und proximalen Cuff ab. Nach Einführung des Larynxtubus und seiner Modifikationen gilt er als ein wichtiger supraglottischer Atemweg, insbesondere in Notfallsituationen. Auch die aktuellem Empfehlungen des European Resuscitation Council zur kardiopulbmonalen Reanimation beinhalten die Anwendung des Larynxtubus als wichtiges Atemwegshilfsmittel. Im Algorithmus für das prähospitale Atemwegsmanagement der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) wird der Larynxtubus als Atemwegshiflsmittel, und bei fehlender Erfahrung des Anwenders mit der endotrachealen Intubation sogar als Primärstrategie zur Atemwegssicherung empfohlen. Nach zahlreichen Untersuchungen am Phantommodell, aber im Vergleich zu anderen supraglottischen Atemwegen (z.B. der Larynxmaske) nur wenigen tatsächlich klinischen Studien, hat der Larynxtubus mittlerweile eine erstaunlich weitere Verbreitung insbesondere im Rettungs- und Notarztdienst weltweit erfahren.


Komplikationen und Probleme: Nach den initialen Erfolgsberichten bei der Anwendung des Larynxtubus wurde in den vergangenen Jahren ausgehend von Fallserien weitere kritische Untersuchungen zu Larynxtubus-assoziierten Komplikationen publiziert (PMID: 24981153PMID: 25110247PMID: 26514982, Post 1). Berichtet wurde bisher nach nicht-ärztlicher und ärztlicher Insertion des Larynxtubus von:

  • pharyngealen Schwellungen und Blutungen (2,1%)
  • deutlich überblockten Larynxtubuscuffs (bis zu 82%)
  • inadäquater Sitz mit hoher Leckage
  • Magendilatation (11%)
  • Dislokationen (20%)
  • Hyperkapnie bei insuffizienter Ventilation
  • Glottisödem (4%)
  • Zungenschwellungen (15-40%)
  • ösophagealen Traumen mit Perforationen und Hautemphysem (2-4%)
  • Aspiration (2%)
  • endotrachealer Lage (Einzelfälle)

Zunehmend wurde auch Probleme mit der Oxygenierung und Ventilation berichtet.  Insbesondere sollte eine zu langer Insertionszeitraum des Larynxtubus vermieden werden. Hinsichtlich der Ursachen der aufgetretenen Probleme lassen sich verschiedene Punkte diskutieren:

  • Device-assoziierte Probleme
  • Anwender-assoziierte Probleme

Erste Lösungsvorschläge: Von Seitens des Herstellers des Larynxtubus wurde unmittelbar nach Publikation kritischer Fallberichte unvermittelt reagiert und beispielsweise auf das erforderliche Cuffdruckmanagement mit einer Obergrenze von 60 cm H2O hingewiesen (Herstellerhinweis). Als weitere Problemfelder wurde die genaue Überwachung der Oxygenierung und Ventilation bei Anwendung des Larynxtubus identifiziert und auf die obligate Anwendung einer Kapnographie hingewiesen (100% Kapnographierate!). Zur weiteren Optimierung der Anwendung wurde auf die Nutzung von Produkten der 2. Generation hingewiesen, die einen separaten Absaugkanal zur Einlage einer Magensonde aufweisen. Dies stabilisiert die Lage des Larynxtubus in situ und ermöglicht eine Evakuierung von Luftansammlung  und Flüssigkeiten aus dem Magen.


Vorbereitung bei Übernahme der Larynxtubus-beatmeten Patienten: Nachdem zunehmend Patienten in den Schockräumen Zentraler Notaufnahmen, im Operationssaal oder auf der Intensivstation unter Beatmung mit einem einliegenden Larynxtubus zur Aufnahme kommen, müssen das dort die Behandlung übernehmende Team die o.g. Larynxtubus-asssoziierten Komplikationen antizipieren und sich entsprechend darauf vorbereiten. Um weitere Komplikationen bis hin zum Verlust des Atemwegs im Rahmen der Umintubation auf einen Endotrachealtubus zu vermeiden, wird mittlerweile die Anwendung von sog. Exchange-Techniken nach Klein et al. (PMID: 26687513) mittels Videolaryngoksopie empfohlen. Darüber hinaus bestehen auch noch andere Exchange-Techniken. Wichtig in dieser Situation ist vor allem einen schwierigen Atemweg (vor und nach Anwendung des Larynxtubus) zu antizipieren.


Problembewusstsein schaffen: Wichtig ist ein Problemenbewusstsein für die o.g. Komplikationen sowohl in der prä- als auch in der innerhospitalen Versorgung zu schaffen, um eine Device-assoziierte Morbidität und Mortalität zu reduzieren. Auf die Probleme der Oxygenierung und Ventilation unter supraglottischen Atemwegen bei der Anwendung von automatischen externen Reanimationshilfen (ACCD, z.B. LUCAS, Autopuls) haben wir bereits in einem früheren Post hingewiesen (PMID: 26854661, Post 2). Diese Kombination kann zu einer verhängnisvollen und insuffizienten Ventilation mit konsekutiver Hyperkapnie führen. Daher sollte die Ventilation bei ACCD-Anwendung sorgfältig evaluiert und ggf. auf 30:2 (Thoraxkompression:Ventilation) umgestellt werden. Die bisherigen Studien zu ACCD sind unzureichend hinsichtlich der Beatmung mit supraglottischen Atemwegen und insbesondere des Larynxtubus validiert. Gerade weil in diesen Studien mittlerweile über 11.000 Patienten inkludiert und keine Überlegenheit zur klassischen manuellen Thoraxkompression nachgewiesen wurde, sollten die Rohdaten dieser Studien noch einmal unter Berücksichtigung der genutzten Atemwege reevaluiert werden, denn was bringt das beste externe Reanimationsdevice, wenn nur hypoxische und hyperkapnische Patienten – bei denen kein ROSC rekrutiert werden kann – unter Reanimation zur Klinikaufnahme gebracht werden?


Was ist wirklich das Problem? Im Wesentlichen sind die Larynxtubus-assoziierten Probleme aber ein Frage der Vigilanz, der Ausbildung und der Qualifikation der Anwender im Umgang mit diesem Device. Eine Metaanalyse strukturierter komparativer Untersuchungen zwischen Larynxmaske und Larynxtubus zeigte zwar einen signifikanten Unterschied im Gesamterfolg der Insertion zugunsten der Larynxmaske (PMID: 27642595, Post 3). Hierbei darf aber nicht ausser Acht gelassen werden, dass die Larynxmaske auch im klinischen Alltag ubiquitär in der Anästhesie angewendet und daher regelhaft trainiert wird. Eine Voraussetzung, die so für den Larynxtubus nicht flächendeckend gegeben ist.


Schlussfolgerung: In einem fantastischen Editorial fasste es Peter Paal einmal wie folgt zusammen: „Der Larynxtubus ist also ein supraglottisches Atemwegshilfsmittel, das potentiell lebensrettend ist, aber wenn es nicht korrekt angewendet wird, auch lebensbedrohliche Komplikationen verursachen kann“ (PMID: 25242277).

Für den sorgfältigen Umgangs mit dem Larynxtubus im Notfall muss daher zukünftig gefordert werden:

  • regelhaft Cuffdruckmessung mit Begrenzung der Obergrenze <60 cmH2O
  • Optimierung der Anwenderqualifikation von nicht-ärztlichen und ärztlichen Personal
  • Schaffung eine Problembewusstseins für die Larynxtubus-assoziierten Probleme
  • Etablierung geeigneter Exchange-Techniken in allen Bereichen, die mit diesem Device-versorgte Patienten aufnehmen
  • Reevaluation der durchgeführten ACCD-Studien hinsichtlich der Ergebnisse unter Berücksichtigung des genutzten supraglottischen Atemwegs hinsichtlich der Beatmungsqualität und dem neurologisch intakten Überleben.

5 thoughts on “Komplikationen des Larynxtubus – Ein Update

  1. Wir verwenden in der Augenklinik und MKS (extraoral) seit Jahren nur noch Larynxtuben. Diese haben den deutlichen Vorteil von deutlich weniger Disslokationen während des Eingriffs.

    Wir können nur positive Erfahrungen berichten.

    Dies gilt für Kinder mit #2 bis zum Erwachsenen mit #5.

    Wie im Bericht allerdings dargestellt bedarf es Übung bis zur Einstellung von Routine aber dann … nie wieder ohne.

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