Wieviel Training im Atemwegsmanagement ist gut genug?

Eine Beitrag von PD Dr. Jürgen Knapp, Bern/Schweiz:

Dass die teils im Katalog für die Notarzt-Ausbildung geforderten 25 endotrachealen Intubationen in keiner Weise ausreichen, um für die Patienten einen ausreichend große Erfolgsquote bei der notfallmäßigen Atemwegssicherung zu garantieren, ist inzwischen durch zahlreiche Studien belegt und weithin bekannt.

Bernhard M et al. Developing the skill of endotracheal intubation: implication for emergency medicine.Acta Anaesthesiol Scand. 2012;56(2):164-71

Timmermann A et al. The out-of-hospital esophageal and endobronchial intubations performed by emergency physicians.Anesth Analg. 2007;104(3):619-23

Timmermann A, et al. Handlungsempfehlung für das präklinische Atemwegsmanagement. Für Notärzte und Rettungsdienstpersonal. Anästh Intensivmed 2012; 53: 294-308

Demnach sind eigentlich mindestens 100 Intubationen (ETI) zu fordern, bevor man guten Gewissens in der prähospitalen Notfallmedizin intubieren sollte, und zur Aufrechterhaltung dieser Fähigkeit mindestens 10 Intubationen pro Jahr.

Nun wurde in einer klinischen Beobachtungsstudie aus Süd-Korea untersucht, wieviel Intubationserfahrung man braucht, um unter laufender kardiopulmonaler Reanimation und unter Weiterführung der Thoraxkompressionen richtig gut intubieren zu können. Bei Patienten unter kardiopulmonaler Reanimation ist es ganz besonders wichtig, den Intubationsvorgang möglichst schnell abzuschließen. 25% aller Unterbrechungen der Thoraxkompressionen werden durch die Intubationsversuche verursacht.

Kim SY et al. How much experience do rescuers require to achieve succesful tracheal intubation during cardiopulmonary resuscitation? Resuscitation 2018, online first

  • klinische Beobachtungsstudie
  • Videoaufzeichnung aller endotrachealen Intubationen im Schockraum eines großen Universitätsklinikums
  • Untersuchungszeitraum: April 2011 bis März 2013
  • ausschließliche direkte Laryngoskopie
  • wichtigste Ausschlusskriterien: Einsatz des Videolaryngoskops oder supraglottischen Atemwegen, immobilisierte HWS bei Trauma-assoziiertem Herz-Kreislauf-Stillstand
  • insgesamt konnten 110 Intubationsvorgänge ausgewertet werden, die von 11 Assistenzärzten durchgeführt wurden
  • gemessen wurden: first pass success, Zeit bis zur erfolgreichen Intubation, Zeit der Unterbrechung der Thoraxkompression
  • die Intubationen wurden in 2 Gruppen aufgeteilt:
    • „qualifizierte ETI“: korrekte Intubation innerhalb von 60 s mit Unterbrechung der Thoraxkompression <10 s
    • „hoch-qualifizierte ETI“: korrekte Intubation innerhalb von 30 s mit Unterbrechung der Thoraxkompression <10 s
  • die Assistenzärzte wurden entsprechend ihrer Intubationserfahrung in 4 Quartilen aufgeteilt
  • durch eine logistische Regressionsanalyse konnte gezeigt werden, dass für eine 90%ige Erfolgsrate für eine „qualifizierte ETI eine Erfahrung von 137 Intubationen notwendig ist, für eine 90%ige Erfolgsrate für eine „hoch-qualifizierte ETI“ sogar eine Erfahrung von 243 Intubationen!

Fazit:

  • um wirklich gut und „hoch-qualifiziert“ intubieren zu können, braucht es umfassende innerklinische Erfahrung in dieser basalen notfallmedizinischen Technik (und in der Studie wurden innerklinische Intubationen untersucht, präklinische Intubationen sind bekanntermaßen deutlich schwieriger)
  • aus den Ergebnissen dieser Studie kann man auch etwas ableiten, warum die Anwendung von supraglottischen Atemwegen, z.B. der iGEL als „Erstangriff“ bei der CPR, entsprechend der AIRWAY 2-Studie, vorteilhaft sein könnte

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