Disposition von RTHs entscheidend

Ein Beitrag von PD Dr. Jürgen Knapp, Bern/Schweiz:

In einer Beobachtungsstudie von Prentice et al. aus Südostengland wurde gezeigt, dass die frühzeitige Alarmierung eines RTH zu einem Notfall, bei dem aus der Notfallmeldung hervorgeht, dass ein Patient infolge eines Traumas einen Herz-Kreislaufstillstand erlitten hat, sinnvoll ist. Diese Erkenntnis hat für in der Notfallmedizin Tätige im deutschsprachigen Raum keine unmittelbare Konsequenz.

Prentice C et al. Emergency medical dispatch recognition, clinical intervention and outcome of patients in traumatic cardiac arrest from major trauma: an observational study. BMJ Open 2018;8:e022464. doi:10.1136/bmjopen-2018-022464 (PDF)

Interessant sind dagegen die „Nebenergebnisse“ Studie:

  • bei 10 von den 61 Patienten (16%), die nach Ankunft des HEMS-Teams tatsächlich einen Trauma-assoziierten Herz-Kreislauf-Stillstand (TCA), konnte ein ROSC erzielt werden. Dies bestätigt die Ergebnisse mehrerer Studien aus den vergangenen Jahren, die zeigen, dass ein TCA in keiner Weise eine „aussichtslose“ Situation ist und Reanimationsbemühungen indiziert sind, wenn keine sichere Todeszeichen vorliegen.
  • in diesen Fällen ist natürlich die Behebung von reversiblen Ursachen des Herz-Kreislauf-Stillstands von oberster Priorität. Im Falle des Traumas zählen hierzu insbesondere die Hypoxie (Behebung durch Intubation und Beatmung), Hypovolämie (Volumentherapie, Blutprodukte, Beckengurt), Spannungspneumothorax (Pleuradrainage beidseits) und Perikardtamponade (Perikardpunktion oder Clamshell-Thorakotomie)
  • Leider werden diese für die Trauma-Reanimation spezifischen Maßnahmen in Deutschland mit weniger als 15% der Fälle viel zu selten durchgeführt, wie eine Obduktionsstudie aus Leipzig und Chemnitz zeigt. Etwa 12% der Traumatodesfälle wären dadurch potentiell vermeidbar.
    Ondruschka B et al. Additive notärztliche Maßnahmen beim traumaassoziierten Herz-Kreislauf-Stillstand. Anaesthesist 2017
  • Auch bei den 51 Patienten in der englischen Studie, die bei Ankunft des HEMS-Teams entgegen der Notfallmeldung nicht im TCA waren, waren zu einem hohen Prozentsatz invasive Maßnahmen notwendig:
    • bei 26 Patienten die notfallmäßige Narkoseeinleitungen und Intubationen (51%)
    • bei 16 Patienten Transfusion von Blutprodukten (31%)
    • bei 14 Patienten die Thorakostomie (27%)

Fazit für die Praxis:

  • Reanimationsmaßnahmen beim TCA lohnen sich
  • beim TCA sind mehrere invasive Maßnahmen indiziert, die von allen in der Notfallmedizin Tätigen beherrscht werden müssen
  • auch bei schwer verletzten Trauma-Patienten, die nicht reanimationspflichtig sind, sind zu einem hohen Anteil invasive notfallmedizinische Maßnahmen notwendig.

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