Die PART-Studie: Larynxtubus vs. Intubation

Ein Beitrag von PD Dr. Jürgen Knapp, Bern/Schweiz: 

Nahezu zeitgleich zur AIRWAYS-2-Studie wurde im vielbeachteten JAMA eine Studie zum Einsatz des Larynxtubus im Vergleich zur endotrachealen Intubation bei der prähospitalen kardiopulmonalen Reanimation veröffentlicht, die sog. PART-Studie.

Wang HE et al. Effect of a Strategy of Initial Laryngeal Tube Insertion vs Endotracheal Intubation on 72-Hour Survival in Adults With Out-of-Hospital Cardiac Arrest. A Randomized Clinical Trial. JAMA 2018; 320(8):769-78

Hier nun die Studie kurz zusammengefasst:

  1. Methodik:
  • n=3.004 erwachsene Patienten mit prähospitalem Herz-Kreislauf-Stillsand (OHCA)
  • Zeitraum: Dezember 2015 – November 2017
  • 27 Rettungsdienste in den USA
  • Cluster-randomisiert mit cross-over Studiendesign: d.h., die Rettungsdienste wurden in 13 Gruppen eingeteilt. Je nach Randomisierung sollten die Paramedics entweder den Larynxtubus (LT) oder die endotracheale Intubation (ETI) als primäre Atemwegssicherung wählen. Nach 3-5 Monaten fand dann ein Wechsel statt und die jeweils andere Art der Atemwegssicherung musste als primäre Methode angewandt werden. Im Laufe des Studienzeitraums gab es also mehrere Wechsel der Methode zur Atemwegssicherung.
  • Paramedics durften nach eigenem Ermessen auch auf ein Advanced Airway Management verzichten und ausschließlich eine Maskenbeatmung durchführen oder auch primär auf die jeweils andere Methode der Atemwegssicherung als die zu diesem Zeitpunkt dem Rettungsdienst zugeteilte zurückgreifen.
  • Primärer Outcome-Parameter: Überleben nach 72 h
  • Sekundäre Outcome-Parameter: ROSC-Rate, Überleben bis Krankenhausentlassung, Überleben bis Krankenhausentlassung mit gutem neurologischem Ergebnis
  • Auswertung erfolgte nach der intention-to-treat Methode. D.h. es zählte allein die Intention mit dem jeweiligen Atemwegsdevice zu arbeiten. Z.B. ein Patient, der während der LT-Periode vom Rettungsdienst reanimiert wurde, aber endotracheal intubiert wurde oder nur eine Maskenbeatmung erhielt, wurde als LT-Patient ausgewertet.
  • n=1.505 Patienten in der LT-Gruppe, n=1.499 Patienten in der ETI-Gruppe

2. Ergebnisse:

  • Tatsächliches Atemwegsmanagement in der LT-Gruppe:
    • 85,4% LT
    • 4,5% ETI
    • 10,1% nur Maskenbeatmung
  • Tatsächliches Atemwegsmanagement in der ETI-Gruppe:
    • 77,4% ETI
    • 9,2% LT
    • 13,3% nur Maskenbeatmung
  • Erfolgsrate:
    • In der LT-Gruppe waren 1.155 von den 1.285 Patienten, bei denen initial der LT eingesetzt wurde im ersten Versuch erfolgreich: 89,9%
    • In der ETI-Gruppe waren nur 595 von 1.160 initialen Versuchen erfolgreich: 51,3% (First pass success), bei 59 weiteren Patienten gelang dann der 2. Versuch der ETI (5,1%)
  • 72 h-Überlebensrate: 18,3% in der LT-Gruppe vs. 15,4% n der ETI-Gruppe (p=0,04)
  • ROSC-Rate: 27,9 vs. 24,3% (LT vs. ETI, p=0,03)
  • Krankenhausentlassungsrate: 10,8 vs. 8,1% (LT vs. ETI, p=0,01)
  • Krankenhausentlassung mit gutem neurologischem Ergebnis: 7,1% vs. 5,0% (LT vs. ETI, p=0,02)
  • Komplikationen (z.B. Schwellung der Atemwege, Pneumonie) waren in beiden Gruppen vergleichbar
  • Zwei Drittel der Patienten, die mit einem LT in die Klinik aufgenommen wurden, wurden bereits im Schockraum auf den Endotrachealtubus umintubiert. Überraschenderweise wurde auch bei einem Drittel der Patienten, die prähospital erfolgreich intubiert wurden, im Schockraum eine erneute ETI durchgeführt.

Diskussion:

  • Wie bei der AIRWAYS-2-Studie auch, handelt es sich hier um ein sehr pragmatisches Studiendesign, das nicht die Überlegenheit eines supraglottischen Atemwegs gegenüber der ETI untersucht, sondern zwei verschiedene Strategien der Atemwegssicherung miteinander vergleicht.
  • Die Überlebensrate nach 72 h als primärer Outcome-Parameter ist für eine Reanimationsstudie ungewöhnlich und klinisch nicht so relevant wie die Krankenhausentlassungsrate oder die Überlebensrate mit gutem neurologischem Ergebnis.
  • Ein „First Pass Success“ für die ETI von nur wenig über 50% und ein „Overall Success“ für die ETI von 56% spricht allerdings für eine schlechte Ausbildung und mangelndes Training der Paramedics im Skill der Intubation. Anders formuliert: Nur jeder zweite Patient konnte letztlich erfolgreich endotracheal intubiert werden! Dies hat mutmaßlich die Zeit der Unterbrechung der Thoraxkompressionen in der ETI-Gruppe deutlich verlängert, Daten diesbezüglich werden jedoch in der Studie hierzu nicht angegeben… Welche Einflüsse diese Punkte auf das Gesamtergebnis hat, kann an dieser Stelle nur vermutet werden.

Fazit für die Praxis:

  • Die Ergebnisse der Studie passen gut zu den Ergebnissen der AIRWAYS-2-Studie, die für den „Erstangriff“ beim Atemwegsmanagement bei Reanimation Vorteile für den Einsatz eines supraglottischen Atemwegs (in diesem Fall der iGEL-Larynxmaske) zeigt.
  • Insbesondere wenn die Technik der endotrachealen Intubation nicht beherrscht wird (wie allen Anschein von den Paramedics in der vorliegenden Studie), dürfte ein initiales Atemwegsmanagement mit einem supraglottischen Atemweg deutliche Vorteile bringen (diese Erkenntnis entspricht auch der Handlungsempfehlung der DGAI für nicht-erfahrene Anwender für die Intubation und unterstreicht die Richtigkeit dieser Empfehlung)
  • Ein möglichst frühzeitiger Wechsel auf den Endotrachealtubus (spätestens im Schockraum) könnte zu der geringen Inzidenz der Komplikationen wie Atemwegsschwellung beigetragen haben. Larynxtuben sollten möglichst rasch – wenn möglich noch in der Schockraumphase nach Aufnahme – gewechselt werden.
  • Welcher supraglottische Atemweg im Rahmen der prähospitalen Reanimation zu bevorzugen ist, lässt sich aus den Ergebnissen der PART-Studie und der AIRWAYS-2-Studie nicht ableiten.
  • Für einen Vergleich der Datenlage hinsichtlich des Einsatzes der Larynxmaske (insbesondere der iGEL) im Vergleich zum Larynxtubus verweisen wir auf unseren vorangegangenen Blog-Beitrag.

2 thoughts on “Die PART-Studie: Larynxtubus vs. Intubation

  1. Guter Artikel, allerdings sollte man mit folgender Interpretation vorsichtig sein:

    „Ein „First Pass Success“ für die ETI von nur wenig über 50% und ein „Overall Success“ für die ETI von 56% spricht allerdings für eine schlechte Ausbildung und mangelndes Training der Paramedics im Skill der Intubation.“

    Die tiefe First Pass Success Rate mag bei dieser Studie stimmen, allerdings sind die meisten der 27 Rettungsdienste Fire Department Based in grösseren Städten, wo die Fire Fighters auch die Notfallmedizin durchführen. Schlechte Ausbildung und mangelndes Training der Paramedics darf man nicht generalisieren. Was für die städtischen Fire Department based Systems stimmen mag, gibt es sehr gute Rettungsdienste mit exzellenten Paramedics, und es gibt auch gute Berichte/Papers über die success-rates bei den guten Paramedics. Bei vielen Systemen sind die Success-rates über 92% bei first pass success rates, und nach 11 Jahren USA und 10 Jahren Schweizer System (mit grösstenteils deutschen Fachärzten) sehe ich bei der Intubations- und RSI Durchführungsqualiät keinen Unterschied. Gute und schlechtere Ausnahmen gibt es überall. Gerne werden die schlechten Beispiele in der mitteleuropäischen Szene gerne ausgeschlachtet. Aber bei dieser Studie mag sie sehr wohl stimmen.

    1. Die Aussage in diesem Blogbeitrag bezieht sich lediglich auf die in der vorgestellten Studie präsentierten Ergebnisse. Selbstverständlich gibt es auch Standorte mit einer besseren Performance in der endotrachealen Intubation. Dies jedoch unterstreicht den geringen First Pass Success in der PART-Studie.

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