Gelungene Koniotomie mit fraglicher Indikation

Auf dem beliebten und informativen EMCrit-Blog von Scott Weingart ist ein Video über eine Konitomie in chirurgischer Knife-Finger-Bougie-Technik zu sehen.

Dieses Video zeigt an einem Notfallpatienten eine semi-elektive Koniotomie, die zügig und hervorragend funktioniert. Dafür gebührt dem durchführenden Kollegen aller Respekt!

Interessant wird der Beitrag durch die Geschichte dahinter, welche anschließend im Interview mit dem diesem Kollegen erläutert wird: Der Patient kollabiert im Beisein von Freunden und wird zunächst von diesen reanimiert, der einreffende Rettungsdienst diagnostiziert über einen angeschlossenen AED ein Kammerflimmern und defibrilliert den Patienten, appliziert Amiodaron und Adrenalin und kann zweimal einen ROSC erzielen. Die Notaufnahme erreicht der Patient spontan atmend, reagiert aber nicht auf Ansprache. Dem Rettungsdienst war keine Atemwegssicherung möglich, da der Patient nach einer Kieferfraktur zwei Wochen zuvor intermaxillär mit Draht fixiert war.

Die Kollegen der Notaufnahme wollen vor einer PTCA den Atemweg sichern und entscheiden sich zu einer Koniotomie unter NIV über eine Gesichtsmaske. Diese gelingt wie bereits erwähnt sehr gut, allerdings muss die Indikation zu einer solchen invasiven Maßnahme sehr kritisch betrachtet werden.

Grundsätzlich gilt die Koniotomie als ultima ratio im Airway-Management, wenn keine anderen Maßnahmen gelingen oder Erfolg versprechen. Wie das Video zeigt, ist die Koniotomie eine einfach durchzuführende Prozedur, allerdings ist diese Maßnahme auch sehr risikobehaftet: neben Blutungen, können Zerstörungen des wichtigen Ringknorpels, Verletzungen der Stimmbänder, Perforationen der Tracheahinterwand, etc. auftreten. All diese Risiken sind vertretbar, wenn der Patient anderfalls schwere hypoxische Schäden erleiden würde.

intermaxillaere fixierungIm vorliegenden Fall hätte jedoch auch die Möglichkeit bestanden die intermaxilliäre Fixierung mit einer Drahtschere zu öffnen, um eine orotracheale larngoskopische Intubation zu versuchen.

Dieses Vorgehen ist durchaus üblich. Vielfach tragen Patienten mit einer solchen intermaxillären Fixierung eine Drahtschere zur notfallmäßigen Mundöffnung bei sich (umgehängt um den Hals). Eine möglicherweise verzögerte Frakturheilung steht dabei hinter der Vermeidung einer Hypoxie zurück.

Eine weitere Alternative wird im Video angesprochen: man hätte auch die Kollegen der HNO bitten können eine (mit weniger Risiko behaftete) Tracheotomie zu machen, da der Patient zu diesem Zeitpunkt noch selbst atmet. Diesen Vorgehen wird von den Autoren als im zeitlichen Rahmen nicht umsetzbar beschrieben.

Wir wollen an dieser Stelle nicht als Außenstehende das Vorgehen bemängeln. Die Kollegen haben eine Entscheidung getroffen und die Maßnahme sicher durchgeführt. Unseren Lesern wollen wir lediglich aufzeigen, dass auch ein alternatives Vorgehen möglich gewesen wäre.

Nachfolgend das Video, damit Sie sich selbst ein Urteil bilden können.

Literatur:

  1. Akulian JA, Yarmus L, Feller-Kopman D. (2015). The role of cricothyrotomy, tracheostomy, and percutaneous tracheostomy in airway management. Anesthesiology Clinics, 33(2), 357–367. http://doi.org/10.1016/j.anclin.2015.02.009
  2. Langvad S, Hyldmo PK, Nakstad AR, Vist GE,  Sandberg M. (2013). Emergency cricothyrotomy–a systematic review. Scandinavian Journal of Trauma, Resuscitation and Emergency Medicine, 21, 43. http://doi.org/10.1186/1757-7241-21-43

 

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