Intubationserfolg unter Reanimation schlecher als erwartet

Ein Gastbeitrag von Ferdinand Maier, Ulm                   Die endotracheale Intubation (ETI) ist der Goldstandard der Atemwegssicherung bei einem Herz-Kreislaufstillstand mit Reanimation (CPR). Die ETI bietet einen wirksamen Aspirationsschutz und es können höhere Beatmungsdrücke bei laufender Herzdruckmassage verwendet werden, ohne diese zu unterbrechen.

Schon 2021 konnte gezeigt werden, dass auch für anästhesiologische Notärzte die endotracheale Intubation im Rahmen einer prähospitalen CPR seltener auf den ersten Versuch (First Pass Success – FPS) erfolgreich ist, als bei Intubationen aus anderer Ursache (84.4 vs. 91.4%, P ¼ 0.01) [1].

Mit der Anzahl der Intubationsversuche steigt nachweislich die Rate an Komplikationen, ebenfalls nehmen die Pausen bei der Herzdruckmassage signifikant zu. Weniger Intubationsversuche sind mit besseren Ergebnissen verbunden. In Deutschland liegt die Inzidenz für einen Herz-Kreislaufstillstand außerhalb des Krankenhauses (out-of hospital cardiac arrest = OHCA) bei 65 pro 100.000 Einwohner, so wurden im Jahr 2023 in Deutschland etwa 55.000 Menschen von den Rettungs- und Notarztdiensten reanimiert.

Notfallsanitäter werden zwar in ETI geschult, aber es ist nicht bekannt, wie oft das Fachpersonal diese Maßnahme durchführt. Notärzte müssen für den Erwerb der Zusatzbezeichnung Notfallmedizin insgesamt 50 Intubationen nachweisen, regelmäßige Anwendungen oder Auffrischungskurse sind jedoch nicht gefordert. In der S1 Leitlinie zum prähospitalen Atemwegsmanagement aus dem Jahr 2019 sollte eine ETI nur durchgeführt werden, wenn der Anwender mindestens 100 geführte Intubationen nachweisen kann und regelmäßig mehr als 10 ETI pro Jahr durchführt. Darüber hinaus wird gefordert für die Intubation im Notfall bereits für den ersten Intubationsversuch ein Videolaryngoskop mit Macintosh-ähnlichem Spatel zu verwenden, um optimale Bedingungen zu erzielen.

Um zu untersuchen, von wem und mit welchem Hilfsmittel eine Atemwegssicherung bei außerklinischer CPR durchgeführt wird und wie sich die Erfolgsraten zwischen Notfallsanitäter und Notärzten unterscheiden, führten Brenne et al. eine prospektive, single-center Beobachtungsstudie durch:

Brenne N, Brünjes N, Rupp D, Sassen MC, Jerrentrup A, Wulf H, Heuser N, Volberg C.

Success of airway management in out-of-hospital cardiac arrest using different devices – a prospective, single-center, observational study comparing professions.

Scand J Trauma Resusc Emerg Med. 23; 33: 109 (2025)

Methoden

Von Januar 2020 bis Juni 2024 wurden Notfallsanitäter und Notärzte eines deutschen Rettungsdienstbereiches befragt. Für das interne Qualitätsmanagement wurden darüber hinaus die Daten aller OHCA gepeichert. Hierdurch können die Mitarbeiter eine objektive Rückmeldung zu ihrer Arbeit erhalten. Dieses Feedback wurde zusammen mit dem für die Studie erstellten Fragebogen an die entsprechenden Personen versendet und anonym ausgewertet.

Alle Versuche der Atemwegsicherung durch eine ETI oder supraglottische Atemwegshilfe (SGA) während der Reanimation wurden berücksichtigt. Bei der ETI wurde zwischen direkter Laryngoskopie (DL) und Videolaryngoskopie (VL) unterschieden. In der VL sind waren das C-MAC der Firma Karl Storz und das McGrath Emergency der Firma Medtronic im Einsatz. Statistische Signifikanz wurde bei p ≤ 0.05 angenommen. Zur besseren Lesbarkeit wurden die Prozentzahlen in dieser Zusammenfassung gerundet dargestellt.

Ergebnisse

Im Studienzeitraum wurden insgesamt 791 Reanimationen durchgeführt.

Ausschlusskriterien waren:

  • Atemwegssicherung vor der CPR
  • Atemwegssicherung nach Wiederlangen eines Spontankreislaufes (ROSC)

534 Reanimationen (67,5%) kamen für die Studie in Frage, von denen schlussendlich 301 Reanimationen (63%) an erwachsenen Patienten eingeschlossen wurden:

  • das Durchschnittsalter betrug 68,8 ± 14,6 Jahre
  • 204 (68%) Patienten waren männlich, 94 (32%) waren weiblich
  • eine Laienreanimation wurde bei 167 (55,5%) Patienten durchgeführt
  • 100 Patienten (33,2%) erreichten einen ROSC und wurden in ein Krankenhaus transportiert
  • in 3 Fällen wurden der Atemweg im 5. Versuch erfolgreich gesichert
  • es kam zu keiner unbemerkten Fehlplatzierung des Tubus

Im ersten Intubationsversuch traten in 82% (n=228) u.a. folgende Probleme auf:

  • Erbrechen 23%
  • ungünstige räumliche Umgebung 19%
  • eingeschränkte Mundöffnung 7%

Vergleich zwischen den Hilfsmitteln

Die Erfolgsraten im ersten Versuch (first pass success = FPS) wurden anhand der DL, VL (McGrath und C-Mac) und SGA (Larynxmaske=LMA) verglichen:

  • Insgesamt 63%
  • ETI 62%
  • DL 66%
    • McGrath 54%
    • C-MAC 63%
  • LMA 66%
  • Die Unterschiede im FPS hinsichtlich DL und VL (C-MAC und McGrath) war nicht signifikant, jedoch waren die Raten des FPS bei DL und C-MAC höher als bei McGrath (63%/66% vs. 54%, p = 0.29/0.17).

Vergleich zwischen den Berufsgruppen im FPS

Es wurden keine signifikanten Unterschiede im FPS zwischen den verschiedenen Berufsgruppen festgestellt (Notfallsanitäter 59% (n=39) vs. Notärzte 63% (n=123), p=0.53). Zwischen DL, VL mit Unterscheidung C-MAC und McGrath gab es keinen signifikanten Unterschied in der Verwendung zwischen den beiden Berufsgruppen. Ein FPS unter den Notärzten wurde von Anästhesisten in 54% (n=62), von Internisten in 76% (n=31) und Unfallchirurgen in 60% (n=12), ohne signifikanten Unterschied (p=0.06) erreicht.

  • Notfallsanitäter nutzten die LMA signifikant häufiger als Notärzte (34% vs. 2%, p < 0.001)
  • Notärzte erzielten etwas höhere Gesamt-FPS-Raten als Notfallsanitäter (63% (n=123) vs. 59% (n=39), p = 0.53), der Unterschied war jedoch nicht signifikant.
  • Notfallsanitäter konnten bei DL etwas bessere Ergebnisse erzielen als Notärzte (68% (n=21) vs. 65% (n=44), p = 0.77), auch dieser Unterschied war nicht signifikant.
  • Die DL wurde von Anästhesisten signifikant häufiger als von Internisten und Unfallchirurgen verwendet (40% (n=45) vs. 17% (n=7) vs. 15% (n=3), p < 0.001). Dabei gab es keinen signifikanten Unterschied im FPS.
  • Das C-MAC wurde signifikant häufiger von Unfallchirurgen und Internisten, als von Anästhesisten verwendet (85% (n=17) vs. 76% (n=31) vs. 46% (n=52), p < 0.001).

Dabei hatten Internisten einen höheren FPS als Unfallchirurgen und Anästhesisten (84% (n=26) vs. 59% (n=10) vs. 52% (n=27), p=0.01).

  • Sowohl in der Verwendung des McGrath, als auch in der Rate des darausfolgenden FPS gab es keinen Unterschied zwischen Anästhesisten, Internisten und Unfallchirurgen (12% (n=14) vs. 7% (n=3) vs. 0%, p=0.19).

Diskussion

In der Literatur gibt es unterschiedliche Angaben hinsichtlich der Rate des FPS zwischen DL und VL. Dahingehend wurde bereits ein Unterschied zwischen ärztlichem und nicht-ärztlichem Personal festgestellt. So ist der Erfolg des FPS vom Anwender und dessen Erfahrung abhängig. Notfallsanitäter sind jedoch häufiger mit dem primären Atemwegsmanagement konfrontiert, da sie häufig das ersteintreffende Rettungsmittel sind.

Bei allen 301 Patienten konnte der Atemweg erfolgreich gesichert werden und es wurden keine Fehlplatzierungen beobachtet, aber der FPS in der vorliegenden Studie lag lediglich bei fast 63%. Frühere Studien haben für die prähospitale ETI Fehlplatzierungsraten im einstelligen Bereich berichtet. Es schien auch ein Zusammenhang zwischen höheren FPS-Raten und einer häufigeren Verwendung des Geräts zu bestehen, wobei Notfallsanitäter bessere Raten mit dem McGrath und Notärzte mit dem C-MAC erzielten (54% (n=13) vs. 52% (n=10), p=0.18 und 65% (n=69) vs. 46% (n=5), p=0.17). Dies ist nicht überraschend, da das McGrath in Rettungswagen und das C-MAC nur in Notarzteinsatzfahrzeugen mitgeführt wird, was darauf hindeutet, dass sie von den jeweiligen Berufsgruppen jeweils häufiger verwendet werden.

Die signifikant häufigere Verwendung der LMA bei Notfallsanitätern entspricht den Empfehlungen für diese Berufsgruppe hin. In der Literatur gibt es Hinweise, dass eine ETI im Vergleich zu einer SGA hinsichtlich ROSC, Überleben und neurologischem Outcome überlegen sein könnte. Demnach wäre zu diskutieren, die ETI verstärkt in die Ausbildung des gesamten Notfallteams zu integrieren. Auch in nicht notärztlich gestützten Rettungsdiensten wie beispielsweise in Australien, Kanada oder den USA werden für Paramedics höhere FPS-Raten beschrieben; allerdings sind auch dort die Raten abhängig von Ausbildung, Erfahrung und regelmäßigem Training.

Die AIRWAYS 2 Studie sollte nicht unerwähnt bleiben, in der zwischen ETI und SGA hinsichtlich Aspiration und funktionellem Outcome kein Unterschied festgestellt werden konnte.

In der vorliegenden Studie gab es keinen Unterschied in der FPS-Rate zwischen ETI und SGA. Die Ursachen dafür könnten vielfältig sein, wie die schwierigen Bedingungen bei einem OHCA, oder, dass Notfallsanitäter zwar eine SGA häufiger verwenden, jedoch im Vergleich zu den Notärzten weniger erfahren im Umgang sind. Ein Grund könnte aber auch die LMA selbst sein, so deuten Studien darauf hin, dass die i-Gel-LMA schneller und einfacher anzuwenden ist, als LMA anderer Modelle.

Unerwartet hatten unter den Notfallmedizinern die Anästhesisten im Vergleich zu Internisten und Unfallchirurgen die niedrigste FPS-Rate. Zwar waren die Unterschiede nicht signifikant und einerseits mit den Unterschieden in der Anzahl der Intubationen der verschiedenen Fachgebiete zu erklären. Andererseits jedoch verwendeten Anästhesisten  signifikant häufiger die DL, statt ein VL. Grund könnte sein, dass Anästhesisten routinemäßig im Krankenhaus konventionell intubieren und sich dadurch in der Anwendung in Notfallsituationen sicherer fühlen. Dieses Vorgehen entsprich jedoch nicht der Leitlinie.

Da sich die Gesamt-FPS-Raten der Notärzte nicht signifikant von denen der Notfallsanitäter unterschieden und Notärzte mit DL niedrigere FPS-Raten aufweisen, könnte dies zum Anlass genommen werden, in der Ausbildung der Notfallsanitäter vermehrt den Einsatz der VL zu trainieren. Ein gutes Argument dafür ist die eben schon beschriebene höhere Raten des FPS bei Internisten im Vergleich zu Anästhesisten bei der Verwendung eines C-MAC.

Ziel muss es jedoch sein, einen hohen FPS zu erzielen. Da anders als in der vorliegenden Studie an einem deutschen Rettungshubschrauber-Standort durch Anästhesisten mit VL ein deutlich höherer FPS erzielt wurde [1], muss man postulieren, dass eine ETI durch unerfahrenes Personal nicht durchgeführt werden sollte. Im Hinblick auf schlechte Intubationsbedingungen im prähospitalen Umfeld sollte jedes nützliche Hilfsmittel eingesetzt werden. Auch wenn eine SGA keinen zuverlässigen Aspirationsschutz bietet, können diese schnell und ohne längere Unterbrechungen der Herzdruckmassage etabliert werden.

Limitationen

Die Geräte waren auf den Rettungsmitteln nicht gleichermaßen vorhanden. So waren zwar alle Rettungswagen mit DL und LMA bestückt, jedoch nicht mit einem C-MAC und nur teilweise mit einem McGrath Videolaryngoskop. Dies führt in der jeweiligen Berufsgruppe zu Sicherheit in der Anwendung durch häufigere Verwendung. Antwortverzerrungen auf den Fragebögen können nicht ausgeschlossen werden. Die Daten stammen aus einem Rettungsdienstbereich, Abweichungen zu anderen Gebieten in Deutschland können ebenfalls nicht ausgeschlossen werden.

Schlussfolgerung

Um die ohnehin schon schwierigen Bedingungen für das Atemwegsmanagement bei einem OHCA zu verbessern und einen FPS zu ermöglichen, müssen Hilfsmittel wie die Videolaryngoskopie bei jeder Notfallintubation bereits beim ersten Intubationsversuch eingesetzt werden!

Literatur

  1. Hossfeld et al. First pass success of tracheal intubation using the C-MAC PM videolaryngoscope as first-line device in prehospital cardiac arrest compared with other emergencies. An observational study. Eur J Anaesthesiol 38: 806–812 (2021)

 

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