REBOA Trial abgebrochen – und jetzt ?

Ein Gastbeitrag von Yannick Beres, Ulm:     Resuscitative endovascular balloon occlusion of the aorta“ (REBOA) ist eine minimalinvasive Technik, um mittels endovaskuläre Okklusion der Aorta, eine nicht komprimierbare kritische Blutung im Bereich des Abdomens oder Beckens temporär zu kontrollieren. Zur Anlage der REBOA wird die Leistenarterie punktiert und ein Ballonkatheter bis auf die gewünschte Höhe in der Aorta vorgeschoben und blockiert.

Eine Gruppe britischer Kollegen hat versucht den Nutzen von REBOA in einer multizenrischen randomisiert kontrollierten Untersuchung an 16 großen Traumazentren in England nachzuweisen – REBOA Trial UK.

Jansen JO, Cochran C, Boyers D, Gillies K, Lendrum R, Sadek S, Lecky F, MacLennan G, Campbell MK; UK-REBOA Trial grantholders.

The effectiveness and cost-effectiveness of resuscitative endovascular balloon occlusion of the aorta (REBOA) for trauma patients with uncontrolled torso haemorrhage: study protocol for a randomised clinical trial (the UK-REBOA trial).

Trials. 2022 May 12;23(1):384. doi: 10.1186/s13063-022-06346-1. PMID: 35550642; PMCID: PMC9097076.

Geplant war der Einschluss von 120 Verletzten, die innerklinisch App-basiert randomisiert entweder die „standard major trauma centre care“ (SC) oder „standard major trauma centre care + REBOA“ (SC+REBOA) erhielten. Primärer Endpunkt dabei war die 90 Tage Mortalität. Sekundär untersucht wurden u.a. die Krankenhausmortalität, 6 Monats Mortalität, Länge des Krankenhausaufenthalts, Zeit bis REBOA und der 24h Blutproduktverbrauch.

Die Studie wurde nach der 2. Interimsanalyse (90 Einschlüssen) aufgrund der Mortalitätssteigergung in der Interventionsgruppe abgebrochen. Daraufhin ist in den letzten Wochen eine lebhafte Diskussion in verschiedenen Foren über den Sinn des Verfahrens entstanden. Versuchen wir die bekannten Daten zu betrachten:

Daten:

– SC + REBOA (46 Pat.) – SC (44 Pat.)

– >85% stumpfes Trauma, medianer ISS 41

– prähospitale Zeit in beiden Gruppen um die 90 Minuten!

– CAVE: nur 19 von 46 Patienten in der REBOA Gruppe haben tatsächlich eine REBOA bekommen  (unterschiedl. Gründe z.B. erfolgloser Anlageversuch, Veränderung des Patientenzustandes vor arterieller Punktion) -> aber wissenschaftl. Analyse als „intention to treat“(https://litfl.com/intention-to-treat-analysis/)

Ergebnisse:

REBOA erhöht die 90-Tage Mortalität (54% vs 42%) und Mortalität zn allen weiteren Zeitpunkten

REBOA erhöht die Anzahl an Tod durch Blutungskomplikationen nach 3h und 90 Tagen

REBOA verzögert die Zeit bis zur definitiven Blutungskontrolle (155 vs 65min)

„Zitat der Autoren:

„a conclusive and convincing result – but obviously not the one that we were looking for“

 

Kommentar:

Diese Studie bietet qualitative Evidenz zum Einsatz von REBOA bei schweren Traumpatienten, welche die Diskussion um dieses Verfahren auch dringend benötigt. Mögliche Kritikpunkte sind die Anzahl von nur 19 von 46 Patienten in der REBOA-Gruppe, die auch eine komplette REBOA mit inflatiertem Ballon erhalten haben und ein BIAS aufgrund der mangelnden Erfahrung einiger der Major Trauma Center mit der routinemäßigen Anlage von REBOA.

Für die weitere Diskussion warten wir gespannt auf die Veröffentlichung des fertigen Papers. Letztendlich aber zeigen auch diese Ergebnisse nur, dass es keine Wunderwaffen gegen verbluten gibt. Vielmehr ist REBOA eines der vielen Werkzeuge, die wir in der Traumaversorgung einsetzen. Für alle gibt es klare Indikationen. Wichtig ist, dass über die Indikation hinaus auch die Anwendung solcher invasiver Verfahren regelmäßig trainiert und beherrschat werden muss.

Titelfoto: S. Thierbach

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