Elektroschockwaffen und die notfallmedizinische Auswirkung

In Notaufnahmen wird man zunehmen mit den Folgen von Elektroschockwaffen aus polizeilichen Einsätzen konfrontiert: Die medizinische Beurteilung von Verletzungen und potenzieller todesursächlicher Relevanz einer Stromexposition durch eine Elektroschockdistanzwaffe beschränkt sich nicht allein auf die situativen Gegebenheiten und die morphologische Befunderhebung, sondern beinhaltet auch eine intensive Analyse polizeilicher Ermittlungen und die Auswertung von Zeugenaussagen sowie vorangegangener medizinischer Maßnahmen. Insbesondere bei zeitlich relevanter Nähe zwischen Exposition und Todeseintritt muss die Wirkung der übertragenen Stromimpulse in Zusammenhang mit der meist komplexen Einsatzsituation und der medizinischen Vorgeschichte des Geschädigten beurteilt werden. Ein detailliertes Wissen über die konkrete und auch abstrakte Wirkungsweise, Wirksamkeit und Risiken von Elektroschockdistanzwaffen ist hierfür unabdingbar. Lesen daher den Artikel von Kunz et al. im OPEN ACCESS Format in Notfall&Rettungsmedizin:

Kunz SN, et al. Elektroschockdistanzwaffen Taser® X2 und T7. Wirkung, Wirkungsweise und medizinische Beurteilung. Notfall Rettungsmed 2022; 25: 1-9 LINK

Die Autoren schlussfolgern: 

  • Humanmedizinische Studien, statistische Analysen sowie publizierte Auswertungen von Einsatzszenari- en mit Elektroschockdistanzwaffen („conducted electrical weapons“ [CEW]) konnten bisher keine direkt lebensgefährlichen physiologischen Anomalien oder sonstigen klinisch relevanten labortechnischen Verän- derungen während oder nach einer CEW-Exposition feststellen. Auch wurden in den bisher publizierten Studien keine unmittelbaren oder verzögerten Herzischämien bzw. Herzrhythmusstörungen gefunden.
  • Eine medizinische körperliche Untersuchung mit Abklärung der Vitalparameter und Ableitung eines 12-Kanal- EKGs ist bei unauffälligen Befunden eine ausreichende Maßnahme.
  • Im Todesfall wird regelhaft ein nichtnatürlicher Tod festzustellen sein, der eine Ermittlung der Staatsanwaltschaft und die Durchführung einer rechtsmedizinischen Obduktion notwendig macht.
  • Die rechtsmedizinische Begutachtung einer indirekt todesursächlichen Beteiligung von CEW erfordert eine transdisziplinäre Beurteilungsämtlicher situativer und zeitlicher Gegebenheiten und Variablen sowie die Auswertung der Krankenvorgeschichte und der verwendeten Geräte. Eine möglichst genaue not- fallmedizinische Dokumentation ist hierbei essenziell.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.