Transossäre Punktion des Schädels bei Epiduralen Hämatom?

Ein Beitrag von PD Dr. Jürgen Knapp aus Bern/Schweiz:

In einem aktuell in Injury veröffentlichten Fallbericht wird über eine Patientin berichtet, die als Fußgängerin von einem PKW (etwa 50 km/h schnell) erfasst wurde.

Bulstrode H et al.: Temporising extradural haematoma by craniostomie using an intraosseous needle. Injury 2017, 48: 1098-1100 (Link)

Dieser Bericht ist unlängst durch viele Soziale Medien gegangen und hat ein sehr differenziertes Echo hervorgerufen. Aber als erstes zum Fall selbst:

Die initiale CT-Diagnostik bei einem Summenscore auf der Glasgow Coma Skala (GCS) von 14 ergab eine kleine okzipitale Blutansammlung. Als die CT-Untersuchung eine Stunde später wiederholt werden sollte, verschlechterte sich die Bewusstseinslage der Patientin auf einen GCS von 8 und es zeigte sich eine dilatierte und lichtstarre Pupille links, so dass eine Narkoseeinleitung und endotracheale Intubation erfolgen musste. Die Kontrolluntersuchung ergab ein großes epidurales Hämatom mit einer Mittellinienverlagerung, so dass der luftgestützte Transport in ein neurochirurgisches Zentrum veranlasst wurde.

Dort wurde während der Vorbereitung der Patientin zur Kraniotomie mittels eines EZ-IO®-Bohrers die Schädeldecke mit einer 25 mm lange 15 G-Intraossär-Nadel an der computertomographisch nachgewiesenen Lokalisation des epiduralen Hämatoms durchbohrt. Es ließen sich über die transossäre Nadel 30 ml Blut aspirieren. Die linke Pupille war danach zwar etwas kleiner, aber nach wie vor areaktiv auf Licht. In der darauffolgenden Kraniotomie konnte die korrekte Lokalisation der Bohrung bestätigt werden.

Die zugrundeliegende Indikation, die in diesem Fall, die unmittelbar vor der Möglichkeit der chirurgischen Dekompression diesen Versuch der Hämatomentlastung über eine intraossäre Nadel durchzuführen rechtfertigt, geht aus dem Fallbericht leider nicht hervor und sollte kritisch diskutiert werden.

Die Autoren diskutieren, ob dieses Verfahren von Rettungsteams vor langen Sekundärtransporten (>2 Stunden Dauer) von peripheren Kliniken in ein Traumazentrum zur temporären Reduktion des intrakraniellen Drucks angewandt werden sollte oder falls es zu Verzögerungen des Transports kommt (z.B. aufgrund ungünstiger Wetterbedingungen) ggf. auch von in der Trepanation unerfahrenen Ärzten unter telefonischer Anleitung von Neurochirurgen, die teleradiologisch die CT-Bilder zur Verfügung haben, durchgeführt werden kann.

Da im Vergleich zu Australien oder Nordamerika allerdings im deutschsprachigen Raum deutlich geringere Transportzeiten zu erwarten sind und auch bei ungünstigen äußeren Bedingungen in der Regel ein neurochirurgisches Zentrum innerhalb von 1-2 Stunden erreicht werden kann, stellt dieses Verfahren allerdings nur ein „nice to know“ für eine eventuelle Tätigkeit in sehr entlegenen Gebieten dar.


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One thought on “Transossäre Punktion des Schädels bei Epiduralen Hämatom?

  1. Das epidurale Hämatom wird ja im FOAM auch als Spannungspneumothorax des Schädes bezeichnet. Ich finde den Ansatz vielversprechend. Unter CT Kontrolle wird jeder Körperhöhle punktiert. Warm nicht der Schädel? Das wäre eine vitale Indikation…

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