Hypothermie nach erfolgreicher Reanimation für 24 oder 48 h?

Die milde therapeutische Hypothermie (MTH) ist aktuell (noch) fester Bestandteil der Postresuscitation Care im Rahmen eines Reanimationsereignisses. Kirkegaard und Kollegen gingen nun der Frage nach, ob die Hypothermie für 24 oder 48 h umgesetzt werden sollte.

Kirkegaard H, et al. Targeted Temperature Management for 48 vs 24 Hours and Neurologic Outcome After Out-of-Hospital Cardiac Arrest. A Randomized Clinical Trial. JAMA. 2017; 318:341-350, doi:10.1001/jama.2017.8978


Im Rahmen eines randomisierten, kontrollierten Studiendesign, mit Rekrutierung von Patienten auf 10 Intensivstationen in sechs europäischen Ländern wurden zwischen 02/2013 und 06/2016 insgesamt 355 bewusstlose Patienten nach prähospitalem Herzkreislaufstillstand eingeschlossen. Das Targeted Temperature Management (TTM) wurde bei Patienten mit 33°C für 24 oder 48 h durchgeführt mit einer anschliessenden graduellen Wiedererwärmung um 0,5 °C pro h bis zum Erreichen von 37°C. Die Hypothermie wurde binnen 2 h nach Ereignis eingeleitet und nach rund 5 h hatten die Patienten die Zieltemperatur erreicht.

In der 24 h Gruppe wurden 176 Patienten und in der 48 h Gruppe 175 Patienten analysiert.

  • CPC 1/2 nach 6 Monaten: 64 vs. 69%, p=0,33
  • Mortalität nach 6 Monaten: 34 vs. 27%, p=0,19
  • Komplikationen: 91 vs. 97%, p=0,03

CPC 1/2 drückt dabei ein neurologisch gutes oder moderates Überleben aus. Das es bei einer um 24 h längeren Hypothermie zu mehr Komplikationen kommt, ist nicht wirklich weiter verwunderlich (keine Therapie ohne ggf. auftretende Nebenwirkungen). Interessant ist in dieser Studie, dass Patienten, die der 24 h Hypothermiegruppe zugelost wurden, ein um 40 min signifikant längeres Zeitintervall von ROSC bis Erreichen der Zieltemperatur hatten. Welche Auswirkungen dieser signifikante Unterschied macht, kann aber nicht weiter geklärt werden. Auch interessant ist, dass die in dem Originalartikel dargestellte Kaplan-Meier-Kurve zum Überleben der Patienten doch einen deutlichen Unterschied zwischen 24 h und 48 h gekühlte Patienten aufweist. 5% mehr überlebende in der 48 h Hypothermiegruppe. Möglicherweise ist die vorliegenden Studie einfach nur von der Patientenzahl her underpowered, um hier ein signifikantes Ergebnis aufzuzeigen. Auch klar ist, dass Patienten, die 48 h anstelle von 24 h bei rund 33°C gekühlt werden, einen höheren Ressourcenverbrauch (z.B. Beatmungszeit, Intensivstationsaufenthaltsdauer) haben.  Bemerkenswert ist die hohe Rate an Herzkatheteruntersuchungen von 82% in beiden Gruppen.

Die Ergebnisse dieser Studie, die in dem High-Impact-Journal JAMA publiziert wurde, suggeriert auf den ersten Blick keinen signifikanten Unterschied beider Therapieregime, aber die genauere Betrachtung zeigt, dass eine adäquat gepowerte Analyse möglicherweise doch einen signifikanten Effekt aufgewiesen hätte. Aber warum ist das denn so? Es wurde zur Fallzahlkalkulation eine Differenz im neurologisch intakte Überleben zwischen beiden Gruppen von unglaublichen 15% angenommen. Reduziert man diese Prozentzahl auf die in dieser Studie nachgewiesenen tatsächlichen 5% Unterschied im neurologisch intakten Überleben zwischen beiden Gruppen, so würde eine Studiengröße mit einer 10-fach höheren Fallzahl herauskommen, und damit die für Reanimationsstudien bekannten magischen 3.000 Patienten. Sicherlich wird hier zukünftig noch einmal nachgelegt werden müssen, schliesslich sind (wären) 5% mehr neurologisch intakt überlebende Patienten ein fantastischer Fortschritt.

Die hier dargestellte Publikation wurde durch eine Editorial von Cliff W. Callaway begleitet, dass absolut lesenswert ist und ebenfalls die Problematik der Fallzahlkalkulation aufgreift:

Callaway CW. Targeted Temperature Management After Cardiac Arrest. Finding the Right Dose for Critical Care Interventions. JAMA 2017; 318: 334-336.


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