Verzögert POCUS Reanimationsmaßnahmen?

POCUS, ein Wort mit Zauberkraft: POCUS steht für „Point-of-Care Ultrasound“ und soll in den Händen des Versierten sehr rasch reversible Ursachen eines Schockzustandes/Kreislaufstillstandes erkennen helfen. Maite A. Huis in ‘t Veld und Kollegen untersuchten nun die Auswirkungen von POCUS auf die Nicht-Durchführung von Thoraxkompressionen in Rahmen einer kardiopulmonalen Reanimation:

Huis in ‘t Veld MA et al. Ultrasound Use During Cardiopulmonary Resuscitation Is Associated with Delays in Chest Compressions. Resuscitation 2017 in press


Entgegen der Erwartungen und auch den bisherigen Empfehlungen des ERC fanden die Kollegen relevante Probleme: Zunächst einmal muss festgehalten werden, dass qualitativ hochwerte Thoraxkompressionen für die Wirkung einer kardiopulmonalen Reanimation absolut essentiell sind. Die Reanimationsempfehlungen werden dabei nicht müde uns nahezulegen, dass wir konsequent, kontinuierlich, mit ausreichender Drucktiefe und vor allem möglichst ununterbrochen Thoraxkompressionen durchführen sollen. Jede Unterbrechung der Thoraxkompressionen reduziert den koronaren Perfusionsdruck und damit die Wahrscheinlichkeit einen   ROSC zu erzielen. POCUS wird (auch aufgrund der Empfehlungen in den Reanimationsleitlinien) gerne eingesetzt, um reversible Ursachen für einen Kreislaufstillstand zu detektieren.

In einer prospektiven Kohorten Studie wurde nun bei erwachsenen Patienten, die sich im Herzkreislaufstillstand befanden und in einer Notaufnahme eine kardiopulmonale Reanimation erhielten, im Zeitraum von 08/2015 bis 09/2016 (1 Jahresevaluationszeitraum) mittels einer Videodokumentation die Verwendung von POCUS und die entsprechenden Unterbrechungszeiten der Thoraxkompressionen mit und ohne POCUS analysiert. Bei 23 Patienten konnte bei 123 Puls- und Rhythmusanalysen eine entsprechende Analyse dann auch stattfinden. Das mittlere Zeitintervall für einen Puls- und Rhythmuscheck mit POCUS betrug 21 Sekunden im Vergleich zu 13 Sekunden bei keiner POCUS Anwendung. Damit verlängerte POCUS das No-Flow-Intervall bei der Reanimation im durchschnittlich signifikant um 8,4 Sekunden (p<0.0001). Andere Variablen wie Altern, Body-Mass-Index (BMI) und sonstige Massnahmen beeinflussten das Zeitintervall für die Puls. und Rhythmusanalyse nicht.

Die Autoren schlussfolgerten aus den Ergebnissen ihrer Untersuchung, dass POCUS mit einer signifikanten Verlängerung des No-Flow-Intervalls assoziiert war und im Vergleich zu den „erlaubten“ 10 Sekunden in den aktuellen Reanimationsempfehlungen zu einer Verdoppelung dieses Zeitintervalls führte. Daher sollten alle Anwender von POCUS in der Reanimatuionssituation diesen Punkt im Kopf haben und versuchen die Zeiten zu minimieren.

Was kann man aus dieser Studie schlussfolgern? POCUS ist ein mächtiges Instrument in den Händen des geübten. Die Autoren schildern selbst in der Limitationsektion des Manuskriptes, dass POCUS erstaunlich selten zur Anwendung kam. Darüber hinaus verglichen die Patienten nicht das Outcome von Patienten mit und ohne POCUS hinsichtlich eines ROSC oder eines neurologischen intakten Überlebens. Das wäre in dieser Untersuchung auch kaum zielführend gewesen, das die Anwender nicht einen interventionsbedürftigen Befund feststellen konnten (z.B. Perikarderguss). Ist POCUS nun schlecht im Rahmen der Reanimation ? Nein, sicherlich nicht. Aber sehr gerne vergisst man bei der Begeisterung in der POCUS-Anwendung (Schnittebeneneinstellung, Eruierung und Bewunderung des delektierten Befundes) die Zeit. Sich dies bewusst zu machen hilft sicherlich dabei diese für uns so wichtige Methode nicht in Verruf zu bringen und das No-Flow-Intervall kurz zu halten: 10 Sekunden sind das Ziel!


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