Schussverletzungen: Prähospitale Versorgung

In DER NOTARZT wurde aus der AG Einsatz-, Katastrophen- und Taktische Chirurgie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) ein Übersichtsarbeit zum Thema „Prähospitale Versorgung von Schussverletzungen“ publiziert:

von Lübken F, et al. Schussverletzungen – Diagnostik und Therapie in der Präklinik. Notarzt 2017; 33: 120–131


Hier die wichtigen Fakten zu Schussverletzungen:

  • Häufigkeit im deutschen Rettungs- und Notarztdienst sehr gering
  • aber alleine in den USA wurden 2014 über 81.000 nicht-tödliche Schussverletzte gezählt
  • Langwaffen sind demnach definiert als Schusswaffen, bei denen die Länge von Lauf und Verschluss mindestens 30 cm beträgt und die eine bestimmungsgemäß verwendbare Gesamtlänge von mind. 60 cm aufweisen
  • Kurzwaffen: Faustfeuerwaffen wie Pistole und Revolver
  • Kaliberangabe = Diameter der Projektile in mm oder Zoll (=2,54 cm)
  • Projektile:
    • Vollgeschoss aus Blei (z.B. Luftgewehr)
    • Vollmantelgeschoss (innere Kern aus Blei, umgeben von härterem Material, wenig Verformung, Militärmunition, Haager Landkriegsordnung)
    • Teilmantelgeschoss [(pilzförmige Deformierung, Polizeimunition, hohe Wirkung im Ziel (Zielperson) aber wenig Durchdringung (geringeres Risiko hinter der Zielperson stehende Personen zu verletzen)]
    • Teilmantelgeschoss mit Lochspitze (starke Verformung)
  • Ballistik ( Lehre von der Bewegung geschleuderter/geschossener Körper):
    • Flugabschnittsdefinition:
      • 1. Projektilflug im Lauf
      • 2. Projektilflug nach dem Verlassen des Laufes bis Eintreffen im Ziel
      • 3. Verhalten des Projektils im Zielkörper (Wundballistik)
    • Effekte des Projektils:
      • Gewebszerreissung mit permanenter Wundkanal
      • temporäre Wundkanal (durch hohe Energie entsteht zur Seite gerichtete Druckwelle, dies führt zur temporären Ausdehnung, z.B. Gewehr oder aufgesetzter Schuss)
  • Wundkontamination
    • bei unproblematischen Wunden ohne Verletzung relevanter Strukturen wird in Ländern mit hohem Anteil an Schussverletzten ein konservatives Procedere mit „Single Shot-Antibuiose“ durchgeführt
    • chirurgische Debridement nach chirurgischer Maßgabe (in der Klinik)

Prähospitale Versorgung: „Treat the wound, not the weapon!“

  • Bei Betrachtung eines Schussverletzten sollte man folgende Fragen stellen:
    • Wo ist die Einschussöffnung? (zumeist kleiner)
    • Wo ist die Ausschussöffnung? (zumeist größer)
    • Länge des Schusskanals bei vorliegendem Ein- und Ausschuss
    • permanente Wundhöhle im Schusskanal?
    • Welche verletzte Organe/Gewebearten können auf dem Weg des Geschosses zwischen Ein- und Ausschuss liegen?
    • Welche mögliche innere Wundfolgen können bei bekannter Waffe und temporäre Wundhöhle bestehen?

Merke: „Im prähospitalen Versorgungsabschnitt  gelten die gleichen therapeutischen Grundsätze wie bei anderen offenen Verletzungen auch. Einer speziellen präklinischen Therapie bedürfen die Schussverletzungen nicht.“

Weitere wichtige Punkte:

  • Eigenschutz beachten (nur nach Lagebeurteilung der Polizei arbeiten)
  • Cave: Second Hit
  • Prähospitalzeit so kurz wie möglich halten
  • Critial Bleeding beachten <C>ABCDE-Schema
    • Stillung kritischer kompremierbarer Blutungen
    • manuelle Kompresssion
    • Kompressionsverband
    • Anlage eines Tourniquets bei Blutungen aus Extremitäten (s. DGAI-Handlungsempfehlung)
    • ggf. hämostyptische Substanzen, Packing
  • A-Atemweg (s. DGAI-Handlungsempfehlung)
  • B-(Be-Atmung)
    • offene Thoraxverletzungen mit luftdichten Verbänden verschliessen
    • bei Spannungspneumothorax: Nadeldekompresssion und nachfolgend Minithorakotomie (s. Post)
  • C-Circulation:
    • intravenöser Zugang, ggf. intraossäre Punktion
    • anliegende Tourniquets und Druckverbände ständig re-evaluieren
    • Kreislaufstabilisierung mit Volumen und Katecholaminen
      • bei nicht-beherrschbaren Blutungen ohne SHT/Neurotrauma: Ziel-RR systolisch 80-90 mmHg
      • Beckenschlinge bei V.a Beckenfraktur
      • Schienung von fakturieren Extremitäten
  • D- Neurolgischer Status
    • orientierende neurologische Untersuchung
  • E-Environement
    • Wärmeerhalt

Lesen Sie auch diesen Post von news-papers.eu zum Thema Schuss und Explosionverletzungen zu folgendem Beitrag:

Franke A, et al.  Erstversorgung und innerklinische Therapie von Schuss- und Explosionsverletzungen. Dtsch Arztebl Int 2017; 114: 237–43. DOI: 10.3238/arztebl.2017.0237 (PDF)



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