Ein Gastbeitrag von Ferdinand Maier, Ulm Um einen Teil der reversiblen Ursachen eines Herz-Kreislaufstilstandes erkennen zu können, empfehlen die gängigen Leitlinien den Einsatz der transthorakalen Echokardiographie (TTE). Der Gebrauch soll aber unter strenger Nutzen-Risiko Abwägung erfolgen, da dieser in aller Regel mit einer Unterbrechung der kardio-pulmonalen Reanimation (CPR) einhergeht. Die Gründe dafür sind vielfältig. Adipositas, Position der Defibrillationselektroden, Magenausdehnung und die Erfahrung des Anwenders machen es schwierig, das ideale Schallfenster einzustellen. Beispielsweise muss auch der Schallkopf bei jeder Pulskontrolle neu positioniert werden. In Studien wurden bei Durchführung eines TTE Unterbrechungen der CPR bis zu 21 Sekunden beschrieben.
Trotz schwacher Evidenz wird empfohlen, die Hände bei der CPR mittig in der unteren Hälfte des Sternums zu platzieren. In der Theorie wird von zwei Mechanismen ausgegangen, die für den Vorwärtsfluss des Blutes verantwortlich sein können. Zum einen durch die direkte Ventrikelkompression, zum anderen durch Aktivierung der Thoraxpumpe, die den venösen Rückfluss zum Herzen fördert. Radiologische Studien haben gezeigt, dass der linke Ventrikel (LV) jedoch bei bis zu 80% der Probanden nicht in der Mitte des Sternums liegt, sondern sich bei einem Teil der Patienten dort der linksventrikuläre Ausflusstrakt (LVOT), also die Aortenwurzel oder die Aorta ascendens befinden kann. Dadurch besteht die Gefahr, dass der Ausflusstrakt durch die CPR komprimiert und dadurch blockiert wird und die Thoraxkompressionen deshalb unwirksam bleiben. Mehrere klinischen Studien konnten bereits anhand einer begleitenden transösophagealen Echokardiographie (TEE) nachweisen, dass bei mehr als 40% der Patienten, bei denen eine CPR nach Standardposition durchgeführt wurde, es zu einer solchen Obstruktion des LVOT gekommen ist.

Die TEE bietet den Vorteil, dass sie bei einer CPR kontinuierlich erfolgen kann und das Schallfenster nicht abhängig von Patienten- oder Umgebungsfaktoren ist. Außerdem lässt sich hierbei der Bereich der maximalen Kompression (area of maximal compression=AMC, größte Verkürzung des anteroposterioren Herzdurchmessers) bestimmen, bei dem der Auswurf die größte Effizienz aufweist. Die meisten Daten dazu stammen aus klinischen Studien und nur wenige aus dem prähospitalen Bereich.
Aus diesem Grund führten die Kollegen um Kruit et al. eine retrospektive Kohortenstudie durch, bei denen prähospitale Patienten unter laufender CPR ein TEE erhalten haben.
Kruit N, Ferguson I, Dieleman J, Burns B, Shearer N, Tian D, Dennis M.
Use of transoesophageal echocardiography in the pre-hospital setting to determine compression position in out of hospital cardiac arrest.
Methoden
Das Team um Kruit et al. im Großraum Sidney, Australien, behandelt in einer Woche bis zu 10 Patienten mit prähospitalem Herz-Kreislaufstillstand. Neben extrakorporaler kardio-pulmonaler Reanimation (ECPR) werden auch TEEs durchgeführt. Es wurden Daten in einem Zeitraum von 6 Monaten (April – Oktober 2024) retrospektiv untersucht.
Ausschlusskriterien:
- < 18 Jahre
- Zum Zeitpunkt TEE kein Herz-Kreislaufstillstand
- Laufende ECPR
- Kein qualifizierter TEE Anwender
Für die Durchführung der TEE wurde kein standardisiertes Protokoll erstellt. Alle Patienten wurden von einem Arzt auf ähnliche Weise untersucht. Nach erfolgter endotrachealer Intubation wurde die TEE Sonde eingeführt. Es wurden nach Möglichkeit folgende Schnittebenen dargestellt: mittlere Ösophagus-Langachse (ME LAX), mittlere Ösophagus-Zweikammer (ME 2C), mittlere Ösophagus-Vierkammer (ME 4C) und transgastrische Kurzachse (TG SAX). Bildschleifen wurden zu Beginn und nach jeder Intervention (z.B. Änderung des Druckpunktes) aufgezeichnet. Mithilfe des TEE ist es möglich, neben der AMC auch zwischen pulsloser elektrischer Aktivität (PEA) mit niedrigem Fluss (low flow) und echter PEA, Asystolie und feinem Kammerflimmern (VF) zu unterscheiden. Musste eine Änderung des Druckpunktes erfolgen, wurde dies als Intervention in der Akte vermerkt. Falls eine mechanische Reanimationshilfe verwendet wurde, wurde diese entfernt und die CPR wieder manuell durchgeführt, bis der optimale Druckpunkt gefunden wurde. Eine adäquate LV-Kompression war neben der sichtbaren anteroposterioren Kompression auch durch die Öffnung der Mitral- und Aortenklappe während der Kompression und das Fehlen einer Kompression von Strukturen, die nicht die linke oder rechte Herzkammer sind, definiert.
Neben demographischen Daten wurden folgende Werte dokumentiert:
- Kapnographie
- Invasiver arterieller Blutdruck, falls vorhanden
- Herzrhythmus
- Veränderung des Druckpunktes
- Zeitpunkt Wiedereintreten des Spontankreislaufs (ROSC)
Diese Werte wurden retrospektiv mit drei Zeitpunkten anhand der Dokumentation verglichen:
- Vor Durchführung der TEE
- Zum Zeitpunkt der TEE
- Nach Intervention/Veränderung des Druckpunktes
Die TEE Bilder wurden von einem Arzt mit 10-jähriger TEE Erfahrung geprüft sowie von diesem auch die AMC identifiziert.
Primärer Endpunkt:
Anteil der Patienten, bei denen die AMC nicht über dem linken Ventrikel lag, definiert als fehlende LV-Kompression, Kompression des LVOT und/oder der Aortenwurzel.
Sekundärer Endpunkt:
- Tastbarer Brachialispuls
- Höhe des endtidalen Kohlendioxids (etCO2)
- ROSC (tastbarer Puls und Beendigung der CPR)
- Änderung des Rhythmus von nicht-schockbar zu schockbar
- Eintreten von Bewusstsein oder Lebenszeichen unter laufender CPR
- Zeitliche Beziehung zwischen Veränderung des Druckpunktes und klinischen Befunden
- Anzahl der Patienten, bei denen die TEE die weitere Versorgung beeinflusst hat
Statistische Auswertung:
Da keine früheren Daten verfügbar waren, konnte der benötigte Stichprobenumfang nicht berechnet werden. Dies ist zum aktuellen Zeitpunkt die Studie mit der größten Population, die präklinisch eine TEE erhalten haben.
Ergebnisse
- 172 Notrufe für das Team, davon 55 Herz-Kreislaufstillstände
- 4/55 Patienten erhielten eine ECPR und wurden ausgeschlossen
- 19/51 Patienten erhielten eine TEE
- 32/51 Patienten erhielten keine TEE:
- Der Arzt vor Ort war nicht für die TEE qualifiziert (n=8)
- Die CPR wurde für aussichtlos erachtet (n=10)
- Bei Eintreffen des Teams kein Herz-Kreislaufstillstand mehr (n=14)
Von den 19 Patienten mit TEE
- betrug das Durchschnittsalter 54 (47-65) Jahre
- waren 12 Patienten männlich
- hatten 12 Patienten initial einen schockbaren Rhythmus (VF), 4 eine Asystolie und 3 eine PEA
- betrug die durchschnittliche Zeit von Eintreffen des Teams bis zur Etablierung der TEE 11 (1-28) Minuten
- war bei 17 Patienten (89%) der Druckpunkt nicht über dem linken Ventrikel und wurde anschließend geändert
- erreichten 7 Patienten einen ROSC, davon 6 Patienten nach Veränderung des AMC
- kam es bei 10 Patienten zu einer Rhythmusänderung nach Veränderung des AMC (VF zu ROSC nach Defibrillation (n=2), Asystolie zu low flow PEA (n=2), Asystolie zu ROSC (n=5) und Asystolie zu pulsloser ventrikulärer Tachykardie (n=1))
Eine Anpassung des AMC dauerte im Mittel 3 (2-4) Minuten. Der Druckpunkt wurde im Allgemeinen links vom Sternum in Richtung des Apex verschoben. Die Neupositionierung
führte dazu, dass bei 13/17 Patienten ein adäquater echokardiographischer Nachweis der LV-Kompression erbracht werden konnte.
Zusammenfassung
Die präklinische TEE trug wesentlich zur Optimierung des Druckpunktes bei, um den Vorwärtsfluss des Blutes ohne Unterbrechung der Herzdruckmassage zu erhöhen. Es konnte gezeigt werden, das die TEE präklinisch durchführbar ist und erfolgreich in die Arbeitsabläufe einer CPR integriert werden kann.
Anhand von Schweinemodellen konnte bisher gezeigt werden, welche Auswirkungen eine adäquate LV-Kompression auf hämodynamischen Werte haben kann: höhere Raten an ROSC, sowie ein Anstieg des endtidalen CO2, des mittleren arteriellen Blutdrucks und der zerebralen Blutgeschwindigkeit.
Aufgrund der Art dieser Studie war es aber nicht möglich, einen Zusammenhang zwischen physiologischen Variablen und des Druckpunktes zu untersuchen. Es gibt nur wenige Studien, die solche hämodynamischen klinischen Befunde mit der AMC korrelieren. Aus diesem Grund planen die Autoren die Durchführung einer prospektiven Beobachtungsstudie, um die Wirksamkeit einer präklinischen TEE bei Herz-Kreislaufstillstand weiter zu untersuchen.