Ein Gastbeitrag von Stefanie Maier, Ulm Ein traumatischer Herz-Kreislauf-Stillstand (traumatic cardiac arrest – TCA) geht häufig mit Verletzungen einher, die nicht mit dem Leben vereinbar sind. Dennoch können in einigen Fällen reversible Ursachen behoben werden. Das Spektrum an erforderlichen Maßnahmen, die prähospital durchgeführt werden können, ist unterschiedlich und hängt von den versorgenden Rettungsdienstteams ab. Weegenaar et al. von der Fakultät für prähospitale Versorgung des Royal College of Surgeons in Edingburgh führten ein Scoping Review durch zu der in den letzten 10 Jahren veröffentlichten Literatur zu TCA. Es wurde eine Zusammenfassung der aktuellen Leitlinien zur prähospitalen Versorgung erstellt unabhängig davon, ob alle erforderlichen Maßnahmen immer in der prähospitalen Phase durchgeführt werden können:
Weegenaar C, Perkins Z, Lockey D.
Pre-hospital management of traumatic cardiac arrest 2024 position statement: Faculty of Prehospital Care, Royal College of Surgeons of Edinburgh.
Die Herausforderung des TCA in der prähospitalen Versorgung ist, dass die Teams kritisch kranke Patienten rasch beurteilen müssen und prüfen mit welchen Ressourcen vor Ort gearbeitet werden kann. Reversible Ursachen müssen zeitkritisch identifiziert und behandelt werden. Das Akronym H O T T (Hypovolämie, Oxygenation/Hypoxie, Tension pneumothorax und PerikardTamponade) beschreibt die wichtigsten reversiblen Ursachen eines TCA. Um der zeitlichen Dringlichkeit gerecht zu werden, sollte ein standardisierter Algorithmus verwendet werden, der die reversiblen Ursachen gleichzeitig berücksichtigt.
Der European Resuscitation Council (ERC) veröffentlichte 2020 seinen ersten TCA-Algorithmus, der 2021 aktualisiert wurde.

Grundsätzlich hat die Behebung der reversiblen Ursachen eine höhere Priorität als die Durchführung der Thoraxkompressionen ( „don’t pump an empty heart“ ). Diese sollten jedoch bei einem normovolämischen TCA oder einem internistischen Herzstillstand, der dem Trauma vorausgegangen ist, durchgeführt werden.
Die prähospitale Verwendung von Sonographie nimmt zu und kann zur Diagnostik der reversiblen Ursachen eines TCA sinnvoll sein. Die Durchführung einer Sonographie darf die Behandlung jedoch nicht verzögern oder unterbrechen und sollte nur von geschultem Personal angewendet werden.
Im Folgenden werden die wichtigsten Maßnahmen der Behandlung reversibler Ursachen zusammengefasst:
Hypovolämie:
- Blutungen stoppen (u.a. Druckverbände, Hämostyptika, Tourniquet, Beckenschlinge)
- Blutvolumen ersetzen (frühzeitig an Blut- und Gerinnungsprodukte denken)
- Notfallthorakotomie in erster Linie bei penetrierendem Trauma, wenn die Voraussetzungen dazu gegeben sind (Fachwissen, Ausrüstung und Umgebung, Zeit nach dem Herzstillstand < 15 Minuten)
- Einsatz von Aortenverschlusstechniken (z.B. REBOA) dürfen die endgültige Blutstillung nicht verzögern (Patientenindikationen und Ausbildung des Teams bestimmen den Einsatz)
Oxygenation/Hypoxämie:
- Alle Traumapatienten sollten unverzüglich zusätzlichen Sauerstoff erhalten
- Die Applikationsform ist sowohl vom Patienten abhängig (Atemweg offen und Schutzreflexe vorhanden?), als auch von der Expertise des Teams. Mögliche Formen sind eine Maske mit Reservoir, Beutel-Masken-Beatmung, supraglottische Atemwegshilfen, die endotracheale Intubation und im seltenen „cannot ventilate – cannot intubate“-Szenario die chirurgische Koniotomie
- Bei beatmeten Patienten muss bedacht werden, dass sich andere Pathologien (z.B. Spannungspneumothorax, Hypovolämie und Perikardtamponade) durch einen erhöhten thorakalen Druck und verminderten venösen Rückfluss zum Herzen verschlechtern können und ggf. sogar einen TCA auslösen
- Ein kontinuierliches endexspiratorisches CO2-Monitoring ist obligat
- Intubierte Patienten sollten zunächst mit 100% Sauerstoff beatmet werden, nach einem ROSC sollte eine Normoxie und -kapnie erreicht werden
Spannungspneumothorax:
- Bei einem TCA ist eine beidseitige Thorakostomie zur Dekompression des Thorax indiziert
- Eine Untersuchung bzw. Diagnosestellung des Spannungspneumothorax darf die Durchführung nicht verzögern
- Eine alleinige Nadeldekompression sollte nicht mehr durchgeführt werden (hohe Misserfolgs- und Komplikationsrate). Sollte eine Thorakostomie nicht möglich sein, sollten großlumige Dekompressionsnadeln verwendet werden
- Die Anlage einer Thoraxdrainage sollte den Transport in ein Krankenhaus nicht verzögern und ist der weiteren stationären Versorgung vorbehalten
Perikardtamponade:
- Bei penetrierendem Trauma ist eine Nadel-Perikardiozentese prähospital nicht sinnvoll, da sich meist geronnenes Blut im Herzbeutel befindet
- Wenn prähospital eine Perikardtamponade entlastet werden muss, sollte eine Thorakotomie entsprechend der o.g. Voraussetzungen durchgeführt werden
- Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, sollte ein unverzüglicher Transport erfolgen
TCA bei besonderen Patientengruppen:
- Die Prioritäten der Versorgung bei einem pädiatrischen TCA sind im Wesentlichen die gleichen eines erwachsenen TCA mit einem besonderen Fokus auf die frühzeitige Behandlung einer Hypoxämie
- Auch für schwangere Patientinnen gelten die gleichen Prioritäten. Die Patientinnen sollten möglichst auf dem Rücken gelagert und die Gebärmutter manuell nach links verlagert werden. Der Schwerpunkt sollte auf dem mütterlichen Überleben liegen. Eine reanimative Hysterotomie kann in Betracht gezogen werden, soll dann aber unmittelbar erfolgen.
Wenn es nach Behebung der reversiblen Ursachen eines TCA nicht zu einem ROSC kommt, sollte die Beendigung der Reanimation erwogen werden.
Kernaussage der Autoren:
Die Behandlung eines TCA sollte sich auf die sofortige und gleichzeitige Behandlung reversibler Ursachen (H O T T) konzentrieren und hat Vorrang vor Thoraxkompressionen.