Ein zweites mal „Bougie“ für den Atemweg

Ein Beitrag von PD Dr. Jürgen Knapp, Bern/Schweiz:

Latimer AJ et al. Routine Use of a Bougie Improves First-Attempt Intubation Success in the Out-of-Hospital Setting. Ann Emerg Med 2021; 77:296-304, https://doi.org/10.1016/j.annemergmed.2020.10.016

Methodik:

  • prospektive Vorher-Nachher-Beobachtungsstudie
  • Paramedics des Seattle Fire Departments in den USA
  • Eischlusskriterien: notfallmäßige prähospitale tracheale Intubationen nach Narkoseeinleitung sowie bei kardiopulmonaler Reanimation
  • Kontroll-Periode:
    • Juli 2015 bis Dezember 2016
    • konventionelle tracheale Intubation unter direkter Laryngoskopie
    • ein Bougie wurde seit 2005 genutzt nur bei individueller Entscheidung des Paramedics (beispielsweise bei erwartet schwierigem Atemweg oder misslungenem ersten Versuch)
    • 823 Patienten
  • Trainings-Periode:
    • Januar 2017 bis März 2017
    • Einführung des verpflichtenden Einsatz eines Bougies bereits beim ersten Intubationsversuch (direkte Laryngoskopie) sowohl bei reanimationspflichtigen Patienten als auch nach Narkoseeinleitung
    • 135 Patienten
  • Bougie-Periode:
    • April 2017 bis September 2018
    • standardmäßige Nutzung des Bougie bei allen Intubationen bereits im ersten Versuch
    • 771 Patienten

Ergebnisse:

  • der first pass success (FPS) verbesserte sich nach Einführung des Bougies signifikant von 70 auf 77%
  • diese signifikante Verbesserung des FPS konnte für alle Klassifikationen der Einsehbarkeit der Stimmbänder nach Cormack und Lehane beobachtet werden
  • die Rate der Hypoxämien (definiert als SpO2 <90% zwischen Einleiting und 2 min nach Intubation) lag in der Kontroll-Periode bei 30%, in der Bougie-Periode bei 19% (signifikante Verbesserung)
  • in der Häufigkeit der ösophagealen Fehlintubationen (definiert als unerkannte ösophageale Lage des Tubus über >5min, 3,0% vs. 2,0%) und der Herz-Kreislauf-Stillstände im Rahmen der Intubation (4,0% vs. 4,0%) wurde keine Veränderung beobachtet
  • Die mediane Anzahl der Intubationen pro Paramedic lag in der Kontroll-Periode bei 16 (Interquartilenabstand 7-21) und in der Bougie-Periode bei 15 (11-20)

Fazit:

Im Unterschied zur ebenfalls kürzlich publizierten Studie von Diver et al., die für innerklinische Notfall-Intubationen keinen Vorteil für den Einsatz eines Bougies nachwies, konnte diese Beobachtungsstudie ein deutliche Verbesserung der Qualitätsindikatoren für das Airway-Management zeigen. Natürlich können im Lauf des Beobachtungszeitraums auch weitere Faktoren die Verbesserung im Airway-Management bewirkt haben (z.B. bessere Ausbildung, bessere Supervision). Dennoch könnte diese Studie darauf hinweisen, dass die standardmäßige Nutzung des Bougie und ein (vermutlich) sehr gutes Training (für das das Seattle Fire Department berühmt ist) in dessen Anwendung, Vorteile bringen kann. Und vermutlich ist der Nutzen für Anwender die nicht täglich intubieren größer als für den sehr erfahrenen.

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