Marcus Rudolph, der Abteilungsleiter Aus-, Fort- und Weiterbildung der DRF Stiftung Luftrettung, und Kollegen publizierten einen spannenden Fallbericht zum Thema Clamshell-Thorakotomie:
Rudolph M, Schneider ARE, Popp E. Clamshell-Thorakotomie nach thorakalen Messerstichen. Unfallchirurg 2017; DOI 10.1007/s00113-016-0287-9
Die kardiopulmonale Reanimation beim traumatisch bedingten Herz-Kreislauf-Stillstand (tCPR) wurde lange Zeit als nicht erfolgversprechend angesehen. Aktuelle Daten zeigen, dass die Erfolgsaussicht einer tCPR jedoch nicht schlechter als bei Reanimation aufgrund kardialer Ursache sein muss. Durch zielgerichtete und rasche Behebung reversibler Ursachen kann die Kreislauffunktion wieder hergestellt werden. Der European-Resuscitation-Council-Algorithmus zur tCPR ist hier eine hilfreiche Anleitung.
Abb. Algorithmus bei der Reanimation des Traumpatienten (Link leitet zur GRC-Empfehlung weiter).
Die Kollegen um Marcus Rudolph stellen in ihrer spannenden und sehr lesenswerten Kasuistik die konsequente Umsetzung dieses Algorithmus im prähospitalen Umfeld bei einem Suizidversuch durch multiple thorakale Messerstichverletzungen vor.
Kurz zur Wiederholung:
- Fokus liegt in der offensiven Therapie reversibler Ursachen
- rasche und simultane externe Blutstillung
- Atemwegssicherung (Ventilation und Oxygenierung)
- bilaterale Pleuradekompression
- ggf. Notfallthorakotomie in Erwägung ziehen, um Perikard zu entlasten
- Voraussetzungen zur Notfallthorakotomie sind:
- max. 10 min zurückliegender Kreislaufstillstand
- Expertise im Team (z.B. Pre-hospital- Emergency-Resuscitative-Thoracotomy(PERT)-Kurs)
- Vorhaltung des Equipments
- Clamshell-Thorakotomie:
- benötigtes Equipment: Skalpell, chirurgische Schere, Kleiderschere
- Start mit Minithorakotomie 5. Intercostalraum in der mittleren Axilarlinie (Bülau-Position)
- Schnitt mit dem Skalpell durch Haut und Subkutangewebe bis auf Interkostalmuskulatur mit Verbindung über das Sternum beider Thoraxseiten
- Durchtrennen mit der Kleiderschere der Intercostalmuskulatur und des Sternmus
- dann öffnen des Thoraxraumes muschelförmig („Aufklappen der Motorhaube“)
- durch diese Massnahme ist/kann folgendes erfolgen
- Entlastung eines Spannungspneumothorax
- Perikardeinschnitt und Entlastung einer Perikardtamponade und manuelle interne Herzmassage
- ggf. Myokardmuskelnaht und Hilustwist der Lunge
Risiken und Komplikationen:
- hohe Invasivität
- Kontaminationsgefahr (wenn das Ereignis überlebt wird)
- physische und psychische Belastung des gesamten Rettungsteams (=Debriefing essentiell!)
- bisher keine weite Verbreitung, daher Schulung in PERT-Kursen (z.B. INTECH advanced) essentiell
Die Abbildungen entstanden im Rahmen des 1. Heidelberger INTECH Seminar advanced.
Wäre sehr interessant und meiner Meinung nach wichtig, solche Kurse (wie den Pre-hospital- Emergency-Resuscitative-Thoracotomy-Kurs“ verbreitet zu implementieren. Die Thorakotomie stellt die einzige Möglichkeit dar, Patienten mit penetrierenden Thoraxverletzungen zu retten (wenn Thorakostomien nicht erfolgreich sind).
Wo gibt es derzeit in Österreich Kurse, so etwas zu erlernen?