Gerade in The Lancet erschienen:
„Chikungunya virus disease returns to Europe: a turning point for the global arboviral landscape“ Lancet 2025, 23. Juli
Hintergrund:
Das Chikungunya-Virus (CHIKV), ein von Aedes-Mücken übertragenes Alphavirus, war bisher vor allem in tropischen Regionen endemisch. Seit Anfang 2025 wurden weltweit über 220.000 Fälle und 80 Todesfällegemeldet, mit Schwerpunkten in den Amerikas, Afrika und Asien. Auch Frankreichs Überseegebiete wie Réunion und Mayotte sind stark betroffen.
Europa 2025:
- In Frankreich kam es 2025 zum größten bisher bekannten Ausbruch auf dem Festlandmit 799 importierten und 30 autochthonen Fällen bis Mitte Juli.
- Italien meldete im Juli 2025 ebenfalls seinen ersten autochthonen Fall seit 2017.
- Importierte Fälle wurden u. a. in Deutschland, Spanien und Großbritannien festgestellt.
- Die Übertragung wird durch das Zusammenspiel von Klimawandel, hoher Vektordichte (Aedes albopictus) und internationalem Reiseverkehr begünstigt.
Globale Dimension:
- Aedes albopictusist mittlerweile in großen Teilen Europas, den USA, China, Südkorea und Australien etabliert.
- Der Klimawandel verlängert die Übertragungssaison und vergrößert die geografische Reichweite nicht nur für CHIKV, sondern auch für Dengue-, Zika- und Gelbfieberviren.
- Chikungunya ist somit nicht mehr nur ein tropisches Problem, sondern eine saisonale Bedrohung in Europa.
Klinische Aspekte:
- Meist mild verlaufend, aber langanhaltende Gelenkschmerzen können die Lebensqualität stark beeinträchtigen.
- Ältere, immungeschwächte Personen und Neugeborene sind gefährdet für schwere systemische oder neurologische Komplikationen, auch mit Todesfolge.
- Viele Ärzt:innen in Europa sind mit den variablen Symptomen nicht vertraut, was zu verspäteter Diagnose führen kann.
Prävention & Kontrolle:
- Schnelle Fallidentifikation und Meldung sind entscheidend, um weitere Ausbreitung zu verhindern.
- Wichtige Maßnahmen sind:
- Syndromische Surveillance(v. a. im Sommer und bei Rückkehrenden aus Endemiegebieten).
- Entomologische Überwachungmit Ovitraps, Habitat-Mapping und Klimavorhersagen.
- Gemeindebeteiligungbei der Beseitigung von Brutstätten und Aufklärung.
- Persönliche Schutzmaßnahmen(Repellents, Kleidung, Eliminierung stehender Gewässer).
- Koordinierte Kommunikationzwischen Gesundheits-, Umwelt- und Transportsektor.
Impfstoffe:
- Zwei Vakzine sind inzwischen zugelassen (IXCHIQ, Valnevaund Vimkunya, Bavarian Nordic).
- Modellierungen zeigen: bei 50 % Abdeckung könnten jährlich ca. 5,8 Mio. Infektionen und 450 Todesfälleverhindert werden.
- Herausforderungen: limitierte Produktionskapazitäten, fehlende Altersdaten, Lieferlogistik und gerechte Verteilung – vor allem für Länder mit niedrigen und mittleren Einkommen.
Schlussfolgerung:
Der aktuelle Ausbruch in Frankreich markiert einen Wendepunkt in der europäischen und globalen Arboviren-Landschaft. Chikungunya ist nicht länger ein importiertes Kuriosum, sondern ein vorhersehbares, saisonales Risiko.
Notwendig sind proaktive Strategien, darunter verbesserte Überwachung, internationale Kooperation im Sinne von One Health, Impfstoffbereitstellung und Aufklärung der Bevölkerung.