Während die Versorgung kritisch kranker Erwachsener in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückt ist, gibt es vergleichsweise wenig Forschung zur Organisation und Struktur für nichttraumatologisch kritisch kranke Kinder und Jugendliche.
Die vorliegende Umfrage untersucht den Status quo in deutschen Notaufnahmen.
Schunk D, et al. Versorgungsrealität kritisch kranker Kinder und Jugendlicher in deutschen Notaufnahmen: Ergebnisse einer bundesweiten Umfrage. Notfall Rettungsmed 2025; online Open Access: https://link.springer.com/article/10.1007/s10049-025-01603-7
Material und Methode:
Diese deutschlandweite Querschnittsstudie wurde als Online-Umfrage von den Arbeitsgruppen „Kindernotaufnahme“ und „Schockraum“ der DeutschenGesellschaft fürNotfallmedizin e.V. (DGINA) entwickelt.DieUmfrage richtete sich an die Leitungen von Zentralen Notaufnahmen (ZNA) und die Fachabteilungen für Kinder- und Jugendmedizin (KINA), die an der station.ren gestuften Notfallversorgung des Gemeinsamen Bundesausschusses § 136c Abs. 4 SGBV teilnehmen und untersucht strukturelle Vorhaltung, organisatorische Aspekte, personelle Besetzung, diagnostische und therapeutische Ressourcen.
Ergebnisse:
Von 338 Rückmeldungen konnten 231 Antworten nach definierten Kriterien analysiert werden (ZNA: n= 141 [61%] vs. KINA: n= 90 [39%]). Die Antworten der Befragten zeigen, dass nichttraumatologische Notfälle sowohl in ZNA als auch in KINA im Schockraum der ZNA versorgt werden. In den KINA ist der Anteil an Mitarbeitenden >50% pro (Früh-)Schicht, die über pädiatrisches Reanimationstraining verfügen, bei mehr als 80% der Antworten etabliert (p< 0,0001, 95% Konfidenzintervall [KI] 71,1–90,4%), während in den ZNA dieser Anteil bei unter der Hälfte des Personals liegt. Dagegen ist die Notfallfachpflege in jeder Schicht in den ZNA mit zwei Drittel durchgehend für die Versorgung der kritisch Kranken im Schockraum verfügbar, in KINA unter 14%(p< 0,0001, 95%CI 7,2–24,9%).
Schlussfolgerung:
Die Ergebnisse dieser Umfrage unterstreichen den Bedarf an einheitlichen Standards für die Versorgung kritisch kranker Kinder in deutschen Notaufnahmen. Die Entwicklung spezifischer Leitlinien und Schulungskonzepte für interdisziplinäre Teams könnte dazu beitragen, diese heterogene Versorgungslandschaft weiter zu optimieren, Doppelstrukturen zu vermeiden und Pfade zentraler zu gestalten.
Was können wir aus der Umfrage lernen?
- Durch die vorliegende IST-Stand-Analyse des Status quo liegt erstmals ein Bild über die Struktur, die Teamzusammensetzung, die Qualifikation und die Prozesse der Kindernotfallversorgung in der deutschen Krankenhauslandschaft vor.
- Die innerklinische Kindernotfallversorgung ist heterogen und orientiert sich an den lokoregional verfügbaren Versorgungseinrichtungen.
- Befindet sich die nächstgelegene pädiatrische Fachabteilung in großer Entfernung, erfolgt die initiale Versorgung häufig in Zentralen Notaufnahmen ohne angegliederte Abteilung für Kinder- und Jugendmedizin.
- Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass die vorliegendenUmfrageergebnisse eine klare Notwendigkeit zur Optimierung und Vereinheitlichung der Notfallausstattung, Teamexpertise und Zentralisierung kindgerechter Notfallstrukturen für kritisch kranke Kindernotfälle zur Vermeidung von Doppelstrukturen unterstreicht. Dabei müssen Alarmierungskriterien für das nichttraumatologisch kritisch kranke Kind evaluiert werden und in künftige Ausbildung- und Weiterbildungskonzepte für Kindernotfälle einfließen.