Point-of-Care Testing für intracranielle Blutungen

Ein Gastbeitrag von G. Lichy, Ludwigsburg                      Bisher ist zur Detektion einer intracraniellen Blutung ein radiologisches Verfahren – in der Regel eine Computertomographie erforderlich. Dies machte es bisher unmöglich bei Patienten mit unklarer Bewusstlosigkeit bereits prähospital zu entscheiden, ob die Zeilklinik über neurochirurgische Interventionsmöglichkeiten verfügen muss, oder ob neurologische/neuroradiologische Kompetenzen dem Patienten besser helfen. Nun wird in einem aktuellen Artikel von Zylyftari et al in Critical Care der Einsatz einer Point-of-care-Messung des sauren Gliafaserproteins „GFAP“ zur Detektion intrakranieller Hämorrhagien im Kontext der notfallmedizinischen Versorgung vorgestellt.

Zylyftari, S., Luger, S., Blums, K. et al.

GFAP point-of-care measurement for prehospital diagnosis of intracranial hemorrhage in acute coma

Crit Care 28, 109 (2024)

Die grundsätzliche Zielsetzung war es bereits in der prähospitalen Phase eine Differenzierung zwischen Hirnblutung und cerebraler Ischämie mittels Biomarker zu etablieren. Dafür wurden in einem Zeitraum von 10 Monaten Plasmaproben von 143 Patienten mit akut aufgetretenem komatösen Zustand (GCS 3-8) analysiert. Die Blutentnahme erfolgte bereits in der prähospitalen Phase, die Analyse wurde vom Studien-Team während des Aufnahme-Procederes der Notaufnahme durchgeführt. In 5 dieser Fälle wurde die gesamte Analyse prähospital durchgeführt. Die Messungen mussten als Plasmamessungen erfolgen, was das Zentrifugieren der Vollblutprobe notwendig machte. Die eigentliche Analyse erfolgte über speziell für die GFAP-Messung entwickelter Kartuschen für ein handelsübliches POCT-BGA-Gerät (Abbott I-Stat Alinity®).

Es konnte gezeigt werden, dass es durch die Messung von GFAP möglich ist, bereits in einer sehr frühen Phase das Vorhandensein einer intrakraniellen Hämorrhagie mit hoher Wahrscheinlichkeit festzustellen. Dabei korreliert die Höhe des gemessenen Wertes mit dem Blutungsvolumen. Eine Limitation besteht aktuell in der Tatsache, dass die Messung nur mit Plasma möglich ist und daher ein Zentrifugieren der Vollblutprobe notwendig ist. Die insgesamt benötigte Zeit zur Durchführung der Messung liegt bei ca. 10 bis 15 Minuten. Dies ist im Studiensetting sicherlich akzeptabel, im regulären Rettungsdienst-Einsatz aber nicht praktikabel. Erfreulicherweise ist aber die Option zur Messung mit Vollblut bereits entwickelt und mit einer Zulassung ist in Kürze zu rechnen.

Die Voraussetzung zur praktikablen Anwendung im Rettungsdienst ist die Verfügbarkeit eines Vollbluttest. Mit diesem ist die Messung von GFAP analog zur Durchführung einer BGA unproblematisch und schnell durchführbar. Damit kann bei Vorliegen von Schlaganfallsymptomen binnen weniger Minuten zwischen einem ischämischen Insult und einer intracerebralen Blutung differenziert werden. Eine weitere Option ist die Anwendung bei Traumapatienten mit initialer Vigilanzminderung und Verwirrtheitszuständen um eine Commotio cerebri von weiter reichenden intrakraniellen Traumafolgen abgrenzen zu können.

Durch die prähospitale Messung von GFAP zur Detektion einer intrakraniellen Blutung werden sich zukünftig neue Möglichkeiten im Rettungsdienst ergeben. Neben der Optimierung bei der Auswahl der adäquaten Zielklinik, könnten hier sicherlich auch enger umschriebene Behandlungspfade, v.a. in Bezug auf Gerinnung und Blutdruckeinstellung beschritten werden. Sicherlich noch in ferner Zukunft liegt die Möglichkeit der Durchführung einer präklinischen Lyse, aber letztlich könnten sich auch diesbezüglich neue Perspektiven eröffnen.

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