Leitsymptom: Abdominelle Beschwerden aus AINS

Abdominelle Beschwerden sind ein häufiges Leitsymptom – das Akute Abdomen ist ein Notfall, der interdisziplinäre Teamarbeit erfordert. Eine rasche Ersteinschätzung und Risikostratifizierung hat zum Ziel, kritisch kranke Patienten mit akutem Inter- ventionsbedarf frühzeitig zu detektieren und einer geeigneten Therapie zuzuführen. Ein strukturiertes Vorgehen ist zum Ausschluss bzw. zur Bestätigung der wichtigsten Differenzialdiagnosen essenziell.

Michael M, et al. Vom Leitsymptom zur Diagnose: abdominellen Beschwerden. Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzthr 2021; 56: 448-458

Ein paar Spotlight:

  • Definition: Der akute Bauchschmerz als Leitsymptom wird häufig angetroffen und tritt bei banalen Erkrankungen bis hin zu vitalbedrohlichen Notfällen auf. Dahingegen ist das Akute Abdomen ein lebensbedrohlicher Notfall, der die Symptomkombination abdominelle Schmerzen, Peritonismus und Schockgeschehen beinhaltet und meist eine akute operative oder interventionelle Versorgung erfordert. Bei fehlender Abwehrspannung ist der Begriff „unklares Abdomen“ verbreitet.
  • Abdominelle Beschwerden können bei banalen Erkrankungen bis hin zu vitalbedrohlichen Notfällen auftreten. Das „Akute Abdomen“ hingegen ist ein interdisziplinärer Notfall, der ein strukturiertes Vorgehen zum Ausschluss kritischer Ursachen erfordert.
  • Bei abdominellen Notfällen zeigt sich eine altersabhängige Prävalenz, zudem steigt die Mortalität mit zunehmendem Alter der Patienten.
    • unspezifische abdominelle Beschwerden (31–37%)
    • akute Appendizitis (11–23%)
    • Gallengangerkrankungen (9–11%)
    • Ileus (5–7%)
    • akute Pankreatitis (4–8%)
    • akute Divertikulitis (1–7%)
  • Merke: Durch eine strukturierte Ersteinschätzung können kritisch kranke Patienten frühzeitig erfasst werden.
  • Mit einer strukturierten Anamnese (z. B. „SAMPLER- Schema“) und insbesondere der Schmerzanamnese (z. B. „OPQRST-Schema“) lassen sich einige Ursachen des Bauchschmerzes eingrenzen.
  • Die Basisdiagnostik mit Bestimmung der Vitalparameter, die Anamnese, klinische Untersuchung sowie die Labordiagnostik sind essenziell bei jedem Patienten mit dem Leitsymptom „abdomineller Schmerz“.
    • „B“: Tachypnoe(z.B.≥22/min, pulsoxymetrische Sauerstoffsättigung < 94 %)
    • „C“: Schocksymptomatik (Hypotonie [RRsyst < 100 mmHg], Tachykardie [HF > 100/min], Re- kapillarisierungszeit > 2 s, Kaltschweißigkeit, Blässe)
    • „D“: Vigilanzminderung (Glasgow-Coma-Skala [GCS] < 14 Punkte, Schockzustand, septische Enzephalo- pathie, Ketoazidose), Zeichen der hepatischen Enzephalopathie (Flapping Tremor, Desorientiertheit)
    • „E“: starke Schmerzen, hohes Fieber, Peritonismus
  • Kritisch kranke Patienten mit Akutem Abdomen sollten einer (sekundären) Schockraumversorgung zugeführt werden und sind überwachungspflichtig. Das Erkennen von „red flags“ ist hilfreich bei der Detektion kritisch kranker Patienten.
  • Die CT ist bei kritisch kranken Patienten das Verfahren der Wahl.
  • Die Labordiagnostik ermöglicht differenzialdiagnostische Überlegungen und den Ausschluss kritischer Ursachen.
  • Eine frühzeitige und suffiziente Analgesie ist ein essenzieller Bestandteil der Basistherapie bei Patienten mit abdominellen Beschwerden.
  • Unter Volumengabe muss engmaschig ein Therapieansprechen („Volumenresponse“) reevaluiert wer- den, um ggf. frühzeitige weitere diagnostische (CT) oder therapeutische Schritte (operative Versorgung) zu initiieren.
  • Merke: Ein Teil der Patienten mit akutem Bauchschmerz kann nach Risikostratifizierung und Ausschluss kritischer Diagnosen ambulant weiterversorgt werden. Rund ein Drittel der Patienten zeigt unspezifische Beschwerden.

Abdominelle Beschwerden mit akuten Bauchschmerzen und das Akute Abdomen sind häufige Vorstellungsgründe in der Notaufnahme. Ein strukturiertes Vorgehen mit Ersteinschätzung der Vitalfunktionen (Primary Survey), kör- perlicher Untersuchung, zielgerichteter Labordiagnostik, systematischer Notfallsonografie und ggf. weiterer Diagnostik wie CT kann kritische Pathologien meist rasch de- tektieren bzw. ausschließen. Die initialen, symptomati- schen Maßnahmen beinhalten eine suffiziente Analgesie, eine antiemetische Therapie, eine bedarfsadaptierte Vo- lumengabe und ggf. eine antibiotische Therapie. Ein interdisziplinäres Vorgehen ist essenziell, da die Ursachen des akuten Bauchschmerzes und Akuten Abdomens vielfältig sind und zahlreiche Fachdisziplinen betreffen.

Die Kernaussagen: 

  • Abdominelle Beschwerden sind ein häufiges Leitsymptom in der Notaufnahme.
  • Das Akute Abdomen ist ein interdisziplinärer Notfall! Die weitere Versorgung dieser Patienten ist mit verschiedenen Fachdisziplinen zu koordinieren und effektiv umzusetzen.
  • In der Stufendiagnostik stellt die Notfallsonografie die initiale apparative Diagnostik dar.
  • Bei kritisch kranken Patienten ist meist eine CT indiziert.
  • Auch extraabdominelle und seltene Ursachen des akuten abdominellen Schmerzes müssen differenzialdiagnostisch berücksichtigt werden.
  • Eine Erhöhung des Serumlaktats liefert einen raschen und relevanten Hinweis auf einen kritisch erkrankten Patienten.
  • Im Rahmen des nicht-traumatologischen Schockraummanagements stellen vor allem Patienten mit Akutem Abdomen und hämodynamischer Instabilität („C-Problem“) eine relevante Patientengruppe mit hoher Mortalität und meist dringlichem Interventionsbedarf dar.

Lesen Sie den gesamten Artikel von Dr. Mark Michael in der Anästhesiol Intensivmed Notfallmed Schmerzthr (AINS). 

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