Adrenalin bei Reanimation – i.o. oder i.v.?

Ein Beitrag von PD Dr. Jürgen Knapp, Bern/Schweiz:

Nach den Antiarrhythmika wurde in einer Reanalyse des PARAMEDIC2-trials nun untersucht, ob es einen Unterschied macht, ob bei Patienten unter Reanimation das Adrenalin intraossär oder intravenös appliziert wird.

Nolan JP et al. Intraosseous versus intravenous administration of adrenaline in patients with outofhospital cardiac arrest: a secondary analysis of the PARAMEDIC2 placebocontrolled trial. Intensive Care Med 2020; online first, https://doi.org/10.1007/s00134-019-05920-7

Die Studie kurz zusammengefasst:

  • bereits im Vorhinein festgelegte Re-Analyse der Ergebnisse des PARAMEDIC2-trials, der für die Gabe von Adrenalin beim prähospitalen Herz-Kreislauf-Stillstand keinen Nutzen hinsichtlich des Überlebens mit neurologisch gutem Behandlungsergebnis fand.
  • von den im PARAMEDIC2-trial eingeschlossenen 8.014 Patienten war bei 697 der Applikationsweg des Adrenalins bzw. Placebos nicht bekannt.
  • 1.116 Patienten erhielten Adrenalin i.o., 2.515 i.v.
  • 1.121 Patienten wurde Placebo i.o. appliziert, 2.565 i.v.
  • die beiden Gruppen (i.o. und i.v.) unterschieden sich in den Basischarakteristika der Reanimation etwas: in der i.o.-Gruppe waren mehr weibliche Patienten, das Alter war geringer (Median 70 Jahre vs. 74 Jahre), der Anteil nicht-schockbarer Rhythmen höher (84% vs. 78%), der Anteil der bezeugten Herz-Kreislaufstände höher (40% vs. 37%), die Laienreanimationsrate geringer (55% vs. 61%) und die Zeit bis zur Applikation des Studienmedikaments länger (im Mittel 24 vs. 22 min), so dass die Analyse auf diese Einflussfaktoren adjustiert werden musste
  • die adjustiere Analyse ergab folgende Ergebnisse:
odds ratio (95%-Konfidenzintervall) von Adrenalin im Vergleich zu Placebo für… i.v. i.o.
ROSC bis zum Erreichen des Krankenhauses 4,07 (3,42-4,85) 3,98 (2,86-5,53)
Krankenhausentlassung 1,72 (1,21-2,43) 0,82 (0,35-1,89)
30-Tage-Überleben 1,67 (1,18-2,35) 0,90 (0,40-2,05)
Krankenhausentlassung mit gutem neurologischem Behandlungsergebnis 1,39 (0,93-2,06) 0,62 (0,23-1,67)
  • Die Überlebensrate nach 30 Tagen betrug 4,0% in der i.v.-Adrenalin-Gruppe, bei 2,6% in der i.v.-Placebo-Gruppe, bei 1,1% in der i.o.-Adrenalin-Gruppe und bei 1,2% in der i.o.-Placebo-Gruppe
  • Da sich die Konfidenzintervalle überlappen und teilweise das Konfidenzintervall auch die 1,0 überschreitet, lautet die Schlussfolgerung der Autoren der Studie aus diesen Daten: „We could not detect any difference in the treatment effect between the IV and IO routes on the longer term outcomes of 30-day survival or favourable neurological outcome at discharge.”

Fazit:

Ähnlich wie bei der Reanalyse des ALPS-trials müssen die Ergebnisse vorsichtig interpretiert werden, da es sich nicht um eine randomisierte Studie hinsichtlich des Zugangswegs handelt. Dennoch fällt auf, dass die odds ratios auf – für den Patienten relevante Outcome-Parameter – bei der i.o.-Gabe von Adrenalin immer <1 sind (die Chancen also gegenüber Placebo reduziert zu sein scheinen), während sie für die i.v.-Gabe >1 liegen (die Chancen also erhöht zu sein scheinen). Da aber die Konfidenzintervalle die 1,0 überschreiten, kann nicht von einer statistischen Signifikanz geredet werden.

Auch wenn die eindeutigen Daten noch fehlen, so bestätigt auch diese Studie, dass der i.v.-Zugang bei der Reanimation des Erwachsenen 1. Wahl bleibt. Die Gabe von Adrenalin oder Antiarrhythmika über den i.o.-Zugang scheint nicht effektiver als Placebo zu sein hinsichtlich relevanter Outcome-Parameter.

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