Teil 2 zu Hypo- und Hyperglykämie und die Behandlung des ketoazidotischen oder hyperglykämischen Komas:
Kalscheuer H et al. Diabetologische Notfälle Hypoglykämie, ketoazidotisches und hyperglykämisches Koma. Internist 2017; 58:1020–1028
Eine wirklich absolut lesenswerte und excellent geschriebene Arbeit zu diesem auf für die Notfallmedizin wichtigem Thema.
Diabetische Ketoazidose (DKA):
- potentielle lebendsbedrohliche Stoffwechselentgleisung
- in den USA bei Kindern und jungen Erwachsenen mit Typ 1 Diabetes mellitus (T1DM) die häufigste Todesursache
- Letalität der DKA bis zu 5%
- häufigste Erstdiagnose eines T1DM im Rahmen einer DKA
- Blutglucosepsiegel >250 mg/dl (13 mmol/l) + Ketonurie/Ketonämie + pH <7,35 + Serumicarbonat < 15 mmol/l
- Differentialdiagnose ist die hyperglykämische hyperosmolare Entgleisung (HHE)
- Hauptursachen für DKA:
- Erstmanifestation einer T1DM
- Infektionen
- Behandlungsfehler
- akute Erkrankungen
- ggf. Kortikosteroide, Sympathomimetika
- Symptomatik:
- Entwicklung binnen weniger Stunden bis Tagen
- Übelkeit, Erbrechen, diffuse Bauchschmerzen (Pseudoperitonitis, Pseudoappendizitis)
- Dehydratation
- Hypothermie
- Acetongruch
- tiefe Kußmaulatmung (respiratorische Kompensation)
- Vigilanzminderung bis Koma
- Diagnostik:
- (venöse) Blutgasanalyse:
- Hyponatriämie
- häufig grenzgradig hohes Kalium, ggf. Hyperkaliämie
- Laktat
- pH-Wert, BE, Serumbicaronat
- Blutglucose
- Anionenlücke erhöht! [AL (mmol/l) = Na+ – (Cl- + HCO3-)]
- Urinstreifentest (Ketonnachweis!, hierbei wichtig, dass der Streifentest ß-Hydroxybutyrat und nicht Acetoacetat detektiert = wird der falsche Streifen genutzt wird die DKA ggf. übersehen)
- Merke: euglykäme DKA wird ohne Ketonnachweis nicht erkannt
- cave: euglykäme DKA unter Natrium-Glukose-Kotransporter-2(SGLT2)-Hemmern
- cave: bei jungen T1DM und in der Schwangerschaft kann DKA auch bei Glucosewerte <150 mg/dl (13 mmol/l) auftreten
- DD: medikamentöse Azidoese nach z.B. Salicylaten, Methanol, Ethylenglykol oder Akutes Nierenversagen
- Merke: Bei DKA suche den Infekt !
- (venöse) Blutgasanalyse:
- Therapie:
- 1. Flüssigkeitstherapie
- ausreichende balancierte Infusionslösungen, Ziel Ausgleich des Flüssigkeitsdefizit innen 24 h
- bei nicht-kardial vorerkrankten Patienten: 1000-1500 ml binnen der 1. Stunde
- cave: Hirnödemgefahr bei Kindern und zu aggressiver Volumentherapie
- Gabe von NaCl 0,9% wurde verlassen
- Na korrigiert = [Na+ gemessen + (1,65 mmol/l * BZ (mg/dl) – 100)/100mg/dl]
- 2. Insulinsubstitution (+Elektrolytaufgleich)
- absolut relevant bei DKA (Hemmung der hepatischen Ketogenese und Gluconeogenese sowie Glucoseaufnahme in die Zelle)
- 0,1-0,15 IE/kgKG Normalinsulin (als Bolus) + 0,1 IE/kgKG/h mittels Perfusor
- alle 30 min Glucose und Kaliumkontrollen
- max Glucosesenkung von 50 mg/dl (2,7 mmol/l), aber nicht <250 mg/dl (13 mmol/l) in den ersten 24 h (Cave: Hirnödem)
- ab 300 mg/dl (16,6 mmol/L) sollte Glucose 10% als Infusion langsam einfundiert werden
- cave: Insulin bewirkt ein verschieben des Kalium in die Zelle, so kann rasch eine grenzgradig hohes Kalium in eine Hypokaliämie wechseln, häufig ist daher eine Kaliumsubstitution notwendig (Empfohlen ab Kaliumspiegel von 5 mmol/l)
- 3. Natriumbikaronat
- nur bei schwer metallischer Azidose mit pH <6,9 mmol/l und Bikarbonat <10 mmol/l
- 1. Flüssigkeitstherapie