Propofolinfusionssyndrom – Was sagt die BÄK?

Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft hat in einer Bekanntmachung im Deutschen Ärzteblatt einen Beitrag zum Propofolinfusionssyndrom – Empfehlung für eine erhöhte Sicherheit (PDF) publiziert.


  • Propofol ist ein gut steuerbares Narkotikum mit schnellem Wirkungseintritt und kurzer Wirkdauer
  • stark lipophil, hohe Proteinbindung (98%), ein hohes scheinbares Verteilungsvolumen
  • terminale Elimination bis zu 7 Stunden in der Eliminationsphase
  • Cytochrom P450 2B6 spielt bei Metabolisierung eine wichtige Rolle (Enzymaktivität kann genetisch stark variieren)
  • bei Kindern: Verteilungsvolumen bis zum Vorschulalter > bei Erwachsenen, daher initial höhere Dosierung erforderlich
  • eines der am häufigsten eingesetzten Substanzen in der Anästhesie
  • regelhafter Einsatz bei Sedierungen für diagnostische Maßnahmen
  • Sedierung auf ICU
  • Zulassungsbeschränkungen schränkt den Gebrauch von Propofol ein:
    • zur Anästhesie und Sedierung für diagnostische Prozeduren ist Propofol 1 %
      bei Kindern >1 Monat und Propofol 2 % bei Kindern >3 Monate zugelassen
    • zur Sedierung auf der ICU ist Propofol erst >16 Jahre zugelassen [Propofol wird jedoch in der pädiatrischen Intensivmedizin weltweit entgegen den Vorgaben in der Fachinformation bis zu 24 Stunden mit einer streng limitierten Dosierung (<4 mg/kg/h) angewandt]
    • zur Sedierung auf der ICU von Erwachsenen ist es bis zu sieben Tage und nur in einer Dosierung < 4 mg/kg/h zugelassen
    • Propofol soll nur von anästhesiologisch bzw. intensivmedizinisch ausgebildeten Ärzten verabreicht werden.

Propofolinfusionssyndrom (PRIS)

  • erstmalig durch Bray 1998 beschrieben
  • Symptomenkomplex:
    • schwere metabolische Azidose,
    • Herzrhythmusstörungen/Herzversagen,
    • Rhabdomyolyse,
    • Nierenversagen und
    • Hypertriglyceridämie
  • ind en meisten berichteten PRIS-Fällen wurde Propofol mit einer Dosis >5 mg/kg/h in einem Zeitraum > 48 h eingesetzt
  • in Einzelfällen wurde ein PRIS auch nach kurzer Infusionsdauer mit geringer Dosierungen (> 4 mg/kg/h)
  • Letalität 51 %, Todesfälle insbesondere dann wenn der Einsatz coinzident mit einer schweren Erkrankung/Vitalzustand war, insbesondere Schädel-Hirn-Trauma und Polytrauma
  • Pathophysiologie des PRIS:
    • 1. Blockade der Atmungskette (frühe Symptome)
    • 2. Transportstörung für Fettsäuren (späte Symptome)
    • Begünstigende Risikofaktoren: Vorliegen und Einsatz bei schwerer Erkrankungen, Polytrauma, Schädel-Hirn-Trauma, Fieber, Katecholamin-Therapie, Mitochondriopathien in Kombination mit langer und/oder hoher Propofol-Dosierung (>4 mg/kg/h und >48 Stunden).
    • weiteres Risiko: rezidivierende, zusätzlichen, oftmals unkontrollierte Bolusgaben (Maximaldosierung überschritten)
    • bei Mitochondriopathie und bei Kinder mit ketogener Diät kann PIRS bei unzureichender Glukosezufuhr auftreten (hier Lipolyse gesteigert)

„Propofol ist somit eine Substanz, die besonders bei der längerfristigen Sedierung und bei Anwendung bei schwerkranken Patienten nur mit Vorsicht und kontrolliert eingesetzt werden sollte und die ein engmaschiges Monitoring erfordert.“


Die Arzneimittelkommission des Deutschen Ärzteschaft empfiehlt daher:

  • Kinder:
    • zur Allgemeinanästhesie bei Kindern ab 1 Monat zur Narkoseeinleitung und Narkoseaufrechterhaltung
    • Kinder benötigen höhere Initialdosierung als Erwachsene
    • nach ca. einer Stunde ist deutliche Dosisreduktion erforderlich
    • nach längerer Nüchternheit bei Kindern eine parallel laufende glukosehaltige Infusionslösung appliziert werden
  • Sedierung in der Intensivmedizin:
    • erst im Alter ab >16 Jahren zugelassen
    • max. Dosierung von 4 mg/kg/h
    • Anwendungsdauer von max. 7 Tagen
    • cave: durch zusätzliche Bolusgaben soll Maximaldosierung nicht überschritten werden
    • ab Anwendung von 48 Stunden: kritische Reevaluierung der Indikation zur Propofol- Sedierung und Dosisreduktion erwägen
    • Alternativen zur Sedierungsbehandlung (z.B. Dexmedetomidin, Clonidin, Benzodiazepine) bedenken.
    • Monitoring: regelmäßig Blutgasanalysen, Laktat, täglich einmal CK
    • bei Mitochondriopathie oder ungeklärten Fettstoffwechselstörungen: Alternativen zur Sedierung mit Propofol erwägen

Bitte teilen Sie der Arzneimittelkomission der deutschen Ärzteschaft alle beobachteten Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mit. Sie können dafür den in regelmäßigen Abständen im Deutschen Ärzteblatt auf der vorletzten Umschlagseite abgedruckten Berichtsbogen verwenden oder diesen unter der AkdÄ-Internetpräsenz abrufen.


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