HIV-Postexpositionsprophylaxe in der Notaufnahme

In der Zentralen Notaufnahmen stellen sich regelmäßig Patienten nach vermutetem oder gesichertem Kontakt mit dem humanen Immundefizienzvirus (HIV) vor, um dort bezüglich der Indikation einer Postexpositionsprophylaxe (PEP) beraten zu werden. Nora Dehina und Lennert Böhm haben nun eine praxisorientiertes Vorgehen ganz eng an der Leitlinie mit Tipps und Tricks hierzu publiziert:

Dehina N, et al. HIV-Postexpositionsprophylaxe in der Notaufnahme: Vorgehen, Tipps & Tricks. Notfall Rettungsmed 2022, https://doi.org/10.1007/s10049-022-01092-y (Open Access: PDF)

Der Übersichtsartikel soll die Kernaussagen der 2022 überarbeiteten deutsch-österreichischen Leitlinie zur medikamentösen Postexpositionsprophylaxe nach HIV-Exposition zusammenfassen und dem Personal in Notaufnahmen Sicherheit beim Beginn der PEP geben.

Fallbeispiel 1: 

In Ihrer Notaufnahme stellt sich in den frühen Abendstunden eine 39-jährige OP-Schwester eines anderen Kran- kenhauses aus Ihrer Stadt vor, die sich im Frühdienst desselben Tages während einer Operation eines Patienten mit i.v.- Drogenabusus in der Anamnese an einem benutzten Skalpell in den Finger gestochen hat. Sie gibt an, dass sie nach Entfernung des sterilen Handschuhs eine kleine Wunde vorfand, die sie mit Desinfektions- mittel desinfizierte. Eine Aufnahme des Arbeitsunfalls erfolgte bereits in der eigenen Klinik, aber sie wünscht nun eine Beratung bezüglich der Durchführung einer HIV-PEP. Was empfehlen Sie ?

Fallbeispiel 2:

Am Freitagabend gegen Mitternacht stellt sich ein 25-jähriger Mann in Ihrer Notaufnahme vor. Er habe wenige Stunden zuvor Sex mit einem ihm unbe- kannten Mann gehabt, den er über eine Dating-App kennengelernt habe. Er gibt an, dass man gemeinsam Alkohol konsumiert habe und es danach zu sexuellen Handlungen gekommen sei. Im „Eifer des Gefechts“ habe man auf Kondome verzichtet. Nach dem Treffen habe er den Sexualpartner via Textnachricht nach dessen HIV-Status fragen wollen, dieser habe ihn jedoch geblockt. Nun mache er sich Sorgen über eine HIV-Ansteckung. Wie würden Sie sich entscheiden und was dem Patienten empfehlen?

Die Auflösung zu diesen Fällen finden Sie in der Publikation als OPEN Access hier verfügbar.

Zusammenfassung:

  • Bei der PEP handelt es sich um eine Dreifachkombination antiretroviraler Substanzen, die über 28–30 Tage eingenommen werden müssen.
  • Bei frühzeitiger (im Idealfall innerhalb von 2 h, jedoch nicht später als 72 h) und indikationsgerechter Einnahme kann eine Infektion mit HIV mit hoher Wahrscheinlichkeit verhindert werden.
  • Da derartige Vorstellungen rund um die Uhr erfolgen können, erfordern sie neben einer Grundexpertise des Notaufnahmepersonals bezüglich der PEP-Indikation, ihrer Nebenwirkungen und ihrer Durchführung standardisierte Abläufe in der Notaufnahme, um den Beginn nicht zu verzögern.
  • Am nächsten Werktag sollte eine Vorstellung in einer infektiologischen Ambulanz bzw. einer HIV-Schwerpunktpraxis erfolgen, um die Indikation fachärztlich zu prüfen und sie ggf. im Sinne von Einzelfallentscheidungen an komplexe Fälle anzupassen.

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