Myokarditis

Eine Myokarditis bezeichnet eine entzündliche Erkrankung des Herzmuskels, die infektiöse und nicht infektiöse Ursachen haben kann. Die infektiösen Ursachen können durch Viren (zB Coxsackie-, Adeno-, Parvovirus B19), Bakterien, Pilze und Parasiten verursacht sein. Nicht infektiöse Ursachen umfassen autoimmunologische Systemerkrankungen (zB Sarkoidose, Lupus erythematodes, Sklerodermie, rheumatoide Arthritis, Dermatomyositis) und kardiotoxisch wirkende Medikamente und Substanzen (zB Alkohol, Anthrazykline, Kokain), u.a.

  • Inzidenz der Myokarditis nicht völlig bekannt
  • 0,5-4% aller Herzinsuffizienzen werden durch eine Myokarditis verursacht
  • 5-20% aller plötzlichen Herztode werden durch eine Myokarditis verursacht
  • in 20-30% einer chronischen Myokarditis entwickelt sich eine dilatative Kardiomyopathie

Symptome:

  • Thoraxschmerz
  • Dyspnoe
  • Palpitationen
  • Tachykardie- oder Bradykardiegefühl

Differentialdiagnose:

  • akuter Myokardinfarkt,
  • Aortendissektion,
  • Tako-Tsubo-Kardiomyopathie,
  • hyertrophe Kardiomyopathie,
  • Pulmonalembolie,
  • Pneumonie,
  • Pneumothorax,
  • muskuloskelettale Beschwerden,
  • Refluxösophagitis

Diagnostischer Workup:

  • EKG
  • Labor inkl. Troponin
  • Echokardiographie (regionale Wandbewegungsstörungen, Klappenbeurteilung, intrakavitären Thromben, Perikard)
  • Koronarangiographie (Ausschluss Koronarverschluss)
  • Kardio-MRT („Lake-Louise-Kritierien“)
  • Goldstandard: Myokardbiopsie („endomyokardiale Biopsie“), insbesondere bei fulminantem Verlauf

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Nicht selten ist eine Myokarditis von einer akuten Perikarditis begleitet, hierbei sollten zwei der folgenden Symptome vorliegen:

  • Thoraxschmerz (98%): scharfe pleuritische Qualität mit Aggravierung bei Rückenlage und Schmerzzunahme im Sitzen
  • Perikarditisches Reiben (<34%)
  • EKG-Veränderungen („konkave“ ST-Hebungen (89%))
  • Perikarderguss

Bei der Perikarditis können auch die Infektwerte (Leuko, CRP) erhöht sein. Im Röntgenbild kann ein verbreitertes Herz detektiert werden (bei Pleuraergusss > 300 ml). Therapie der Perikarditis: ASS oder NSAR unter Magenschutz, Colchizin kann ergänzend geben werden, CRP-Kontrolle, Corticosteroide (niedrigdosiert, nicht als Mittel der 1. Wahl) bei Versagen/Nicht-ansprechen der Therapie mit ASS oder NSAR oder Colchizin oder bei nicht-infektiöser Ursache bzw. Autoimmunerkrankung, Sportverbot


Therapie der Myokarditis:

  • symptomorientiert
  • körperlicher Schonung (Sportverbot für 3-6 Monate)
  • bei Herzinsuffizienz: ACE-Hemmer, ATII-Antagonisten, Betablocker, Aldosteron-Antagonisten, Diuretika
  • NSAR (z.B. Ibuprofen, Indomethacin, Aspirin) nur bei erhaltender linksventrikulärer Pumpfunktion (cave: erhöhte Mortalität unter NSAR)
  • bei Perikarditis: ggf. Colchizin + 1-2 Wochen NSAR
  • bei autoimmunen Myokarditiden (insbesondere Riesenzellmyokarditis und eosinophile Myokarditis): Steroide + Azathiprin + Cyclosporin oder Immunglobuline
  • bei lebensbedrohlichen Arrhythmien : LifeVest, ggf. ICD-Implantation

Risikoabschätzung (stationäre Aufnahmekriterium ab 1 positivem Punkt):

  • Fieber > 38°C
  • Langsamer Beginn (über Tage, kein klarer akuter Beginn)
  • Großer Perikarderguss ( ab 2 cm)
  • Herzbeuteltamponade
  • Fehlendes Ansprechen auf eine Therapie mit Aspirin oder NSAR über 1 Woche
  • Begleitende Myokarditis
  • Immunsuppression
  • Trauma
  • orale Antikoagulation

Prognose:

  • 60-70% Restitutio ad integrum
  • 25% kardiale Dekompensation mit Entwicklung einer dilatativen Kardiomyopathie (Prädiktoren für komplizierten Verlauf: Ausschlag, Fieber, Eosinophilie, zeitlicher Zusammenhang mit Medikamenteneinnahme (i.S. Hypersensibilitäts-Myokarditis, Ausbildung einer Q-Zacke und/oder Linksschenkelblock, synkopale Ereignisse in der Akutphase, progrediente Herzinsuffizienz)
  • Prognostisch ungünstig sind das Auftreten von av-Blöcken bzw. schenkelblockartige Veränderungen.
  • bei terminaler Herzinsuffizienz muss eine Herztransplantation als Option diskutiert werden.

Weiterführende Literatur:

Dudczak J, et al. Die akute Myoperikarditis als Chamäleon – Fallpräsentation eines jungen Patienten. J Kardiol 2015; 22; 11–12: 264-72

Caforio ALP, et al. Current state of knowledge on aetiology, diagnosis, management, and therapy of myocarditis: a position statement of the European Society of Cardiology Working Group on Myocardial and Pericardial Diseases. European Heart Journal 2013; 34: 2636–2648 (PDF)

Adler Y, et al. 2015 ESC Guidelines for the diagnosis and management of pericardial diseases. European Heart Journal 2015; 36: 2921–2964 (PDF)


Dieser Beitrag wurde zusammen mit Martin Neef, Abteilung für Kardiologie und Angiologie des Universitätsklinikums Leipzig, gestaltet.

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