Masern in Deutschland – Ein Update

Masern, eine der ansteckendsten Erkrankungen der Menschheit. Dorothea Matysiak-Klose und Kollegen lieferten nun  in der Deutschen Medizinischen Wochenschrift eine exzellente Übersicht zu diesem scheinbar fast vergessenen Krankheitsbild:

Matysiak-Klose D et al. Masern in Deutschland – Epidemiologie und Management. Dtsch Med Wochenschr 2017; 142: 1767–1772


Masern:

  • eine der ansteckendsten Erkrankungen der Menschheit
  • weltweit gesunkener Inzidenz, aber es gibt auch noch Ausbrüchen mit z. T. hohen Fallzahlen
  • Basisreproduktionszahl (R0): 15-18, d.h. eine infektiöse Person steckt im Mittel 15-18 andere Menschen an
  • fast jeder nicht immune erkrankt bei Kontakt
  • Risiko: seltene Erkrankung, kaum jemand hat einen Masernerkrankten gesehen, daher häufig Fehldiagnosen
  • zunehmende Erkrankung im Alter von 20.-50. Lebensjahr bei fehlender Impfung/Immunisierung

Symptomatik: 

  • initial unspezifischen Symptome: Schnupfe, Huste, Konjunktivitis
  • am 3. Tag: Exanthem: -4/+4 Tage nach Auftreten des Exanthems: höchste Ansteckungsfähigkeit
  • cave: Masern führen zu einer „Immunamnesie“:
    • Verlust von immunologischen Gedächtniszellen, hohe Anfälligkeit für weitere Krankheitserreger
    • daher z.T.  schwerwiegende bakterielle Superinfektionen nach Masern, z.B.
      • Mittelohrentzündungen: 7-9%
      • Lungenentzündungen: 1-6%
      • Durchfälle: 8%
  • Masernenzephalitis: 1/ 1.000 – 2.000 Fällen
  • selten subakute sklerosierende Panenzephalitits, stets tödlich
    • durchschnittlich etwa 7 Jahre (4-.10) nach der Maserninfektion
    • bei Erkrankungsalter <5 Jahre: Risiko 1:2.000 –1:3.000
    • persistierende Infektion des zentralen Nervensystems mit dem Masernwildvirus mit folgender zunehmender Zerstörung der Neurone
    • Symptomatik:
      • Persönlichkeits- oder Verhaltensänderungen
      • myoklonischen Zuckungen und Krämpfen
      • Demenz und extrapyramidalen Symptomen
  • Letalität in Industrieländern: 1 – 3/1.000 Fälle
  • Risiko für schwerwiegende Komplikationen bei Kindern <5 und > 20 Jahren am höchsten
  • nach Impfung deutlicher Rückgang der Todesfälle
  • Meldepflicht von bestätigten Masernerkrankungen, Todesfällen sowie von Verdachtsfällen nach Infektionsschutzgesetz

Denke an Masern, wenn:

  • Exanthem nach unspezifischer Prodromalphase mit Fieber, Schnupfen und Husten
  • cave: insbesondere nach einer Reise

Meldung nach Infektionsschutzgesetz an Gesundheitsamt binnen 24 h, bereits wenn der Verdacht vorliegt

Maßnahmen zur Unterbrechung der Infektionsketten sofort einleiten:

  • bevor Ergebnisse von Laboruntersuchung vorliegen
  • Nutzung eines separaten Wartezimmer und Behandlungsraums
  • in Einrichtungen des Gesundheitswesens: so schnell wie möglich und bis zum 5. Tag nach Auftreten des Exanthems isoliert [immer Information Gesundheitsamt!]

Verdacht mit Labornachweis bestätigt:

  • Versum-Nachweis virusspezifischer IgM-Antikörper
    • positiv mit Ausbruch des Exanthems
    • cave: bei bis zu 30% der Masernerkrankten ist der Test am 1.–3. Tag nach Exanthembeginn noch negativ
    • IgM-Antikörper sind bis zu 6 Wochen nachweisbar
    • geimpfte Personen zeigen häufig keine deutliche IgM-Antwort
      • negativer IgM-Befund ist daher kein sicherer Ausschluss aber hohen IgG-Titer
      • erneute Serologie im Abstand von 10-14 Tagen
      • ggf. kann mittels des ELISA (IgG) ein signifikanter Antikörperanstieg nachgewiesen werden
  • bei allen sporadisch auftretenden Fällen sollte ein Virusgenomnachweis per Polymerasekettenreaktion (PCR) im Urin oder Rachenabstrich erfolgen (bis etwa 1 Woche nach Exanthemausbruch)
  • Anforderungsscheine und ein Probenkit online erhältlich

Therapie: 

  • spezifische antivirale Therapie gegen Masern nicht verfügbar
  • symptomatische Therapie
  • weiteres Vorgehen abhängig von der Organmanifestation
  • häufig antibiotische Therapie aufgrund bakterieller Superinfektionen
  • bei Kontakt mit einem Masernerkrankten sollten ungeschützte Kontaktpersonen v. a. über die Möglichkeit der postexpositionellen Impfung und IG-Gabe sowie über die unspezifische Prodromalphase aufgeklärt werden
    • Isolation zuhause
    • zunächst telefonisch mit den behandelnden Ärzten in Verbindung setzen
  • postexpositionelle Prophylaxe bei Kontaktpersonen
    • Impfung ab einem Alter von 6 Monaten (wenn sie innerhalb von 3 Tagen erfolgt): kann Erkrankung verhindern oder abschwächen
    • Immunglobuline können Erkrankung verhindern, wenn sie innerhalb von 6 Tagen nach Masernkontakt verabreicht werden; spätere Gabe (7 – 9 Tage) kann die Symptome der auftretenden Erkrankung abschwächen; Gabe ab dem 10. Tag nach Exposition vermutlich nicht mehr wirksam
  • Schwangere können im Rahmen einer Masernerkrankung mehr Komplikationen erleiden
  • MMR-Lebendimpfung ist in der Schwangerschaft kontraindiziert
  • Frauen im gebärfähigen Alter sollten zweimalig mit einem MMR-Impfstoff geimpft sein (Netzschutz gegen Masern)

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