Analgesie beim Traumapatienten

Wer die S3 Leitlinie Polytrauma/Schwerverletztenversorgung genau studiert hat, dem fällt auf, dass es kein Kapitel zur Analgesie gibt. Die Linderung von Schmerzen infolge einer Verletzung ist aber eine ganz wesentliche Maßnahmen in der Notfallmedizin. Grund genug, dass sich die zukünftige Revision der S3 Leitlinie Polytrauma hierum kümmern wird. Es war daher ein Auftrag der Lenkungsgruppe der S3 Leitlinie, dass sich ein interprofessionelles und interdisziplinäres Autorenteam um dieses wichtige Thema kümmert. David Häske hat sich nun mit 12 Kollegen diesem Thema angenommen und eine systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse erarbeitet, die zuvor bei PROSPERO registriert wurde:

Häske D, Böttiger BW, Bouillon B, Fischer M, Gaier G, Gliwitzky B, Helm M, Hilbert-Carius P, Hossfeld B, Meisner C, Schempf B, Wafaisade A, Bernhard M. Analgesie bei Traumapatienten in der Notfallmedizin: Eine systematische Übersichtsarbeit und Metaanalyse. Dtsch Arztebl Int 2017 (PDF)


Die zentralen Ergebnisse und Kernaussagen der Arbeit sind:

  • Von 685 Studien wurden 41 Studien berücksichtigt und 10 Studien in eine Metaanalyse eingeschlossen. Hinsichtlich des Endpunkts Analgesie ist weder Fentanyl versus Morphin (Mittelwertdifferenz (MD): −0,10; 95-%-Konfidenzintervall: [−0,58; 0,39], p = 0,70) noch Ketamin oder die Kombination von Ketamin mit Morphin gegenüber Morphin allein (MD: −1,27 [−3,71; 1,16], p=0,31 beziehungsweise MD: −1,23 [−2,29; −0,18], p=0,02) eindeutig überlegen.
  • Die Analgetika Fentanyl, Ketamin und Morphin weisen damit eine vergleichbare Effektivität auf.
  • Die Qualität der eingeschlossenen Studien war meistens eher gering und die Heterogenität (I2) hoch. Die fehlende einheitliche Berichterstattung schränkt eine Vergleichbarkeit der Studien ein. Aus diesen Gründen kann keine Überlegenheit einer Substanz abgeleitet werden.
  • Viele Studien weisen darauf hin, dass lediglich die Hälfte der Traumapatienten eine meist insuffiziente Analgesie erhält. Hauptgründe hierfür sind befürchtete Nebenwirkungen und Unsicherheiten in der Dosierung.
  • Die Durchführung einer Analgesie durch trainiertes Personal ist sicher.

Daraus leiten sich folgende Forderungen ab:

  • Das dem Anwender vertrauteste Opioid oder Ketamin soll zur Analgesie angewendet werden.
  • Opioide und Ketamin sollen intravenös appliziert werden, in Ausnahmen auch intranasal (über Zerstäubungsgerät) oder intraossär.
  • Das Monitoring zur Analgesie soll beinhalten: 3-Kanal-EKG, Atem- und Herzfrequenz, optional Kapnografie, pulsoxymetrische Sauerstoffsättigung und Blutdruck. Ein Notfallequipment zum Atemwegsmanagement, zur Beatmung, Absaugung und Reanimation soll bereitliegen.
  • Traumapatienten sollen eine schmerzadaptierte prähospitale und innerklinische Schmerztherapie erhalten, die aus Lagerungsmaßnahmen und Pharmakotherapie besteht.
  • Neben der Beurteilung von Vitalwerten und Körpersprache sollen folgende Fragen zu den Schmerzen gestellt werden:
    • „Haben Sie Schmerzen, und wenn ja, wo?“
    • „Möchten Sie ein Schmerzmittel erhalten?“
    • „Wie stark sind Ihre Schmerzen (Numeric Rating Scale: 0 = kein Schmerz bis 10 = maximaler Schmerz)?“
  • Die nichtpharmakologische Schmerztherapie soll weiteren Schaden vermeiden, die Gesamtrettungszeit bei lebensbedrohlichen Verletzungen aber nicht verlängern.
  • Stark dislozierte Frakturen und Gelenkverletzungen sollen reponiert werden, insbesondere, wenn ischämische oder neurovaskuläre Defizite vorliegen oder lange Prähospitalzeiten erwartet werden.

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