Kürzlich hatten wir von der Publikation des Eckpunktepapier zur notfallmedizinischen Versorgung der Bevölkerung berichtet. Eingegangene in dieses Eckpunktepapier sind auch sechs Tracerdiagnosen. Heute wollen wir uns mit dem Anteil „kardiopulmonale Reanimation“ aus dem Eckpunktepapier beschäftigen und die wesentlichen Punkte aufführen. Erarbeitet wurden die wichtigsten Punkte von:
Gräsner JT, Fischer M, Kehrberger E, Marung H, Moecke Hp, Prückner S, Trentzsch H, Urban B. und Fachexperten der Eckpunktepapier- Konsensus-Gruppe. Anhang zum Eckpunktepapier 2016: Tracerdiagnose Reanimation bei plötzlichem Kreislaufstillstand. Notfall Rettungsmedizin 2016, online
Grundlagen:
- 100.000 unerwartete Todesfälle in Deutschland pro Jahr
- Inzidenz 120-200 / 100.000 Einwohner pro Jahr
- Reanimationsindzidenz 30-90 / 100.000 Einwohner pro Jahr
- Rettungskette: besonders wichtiger Anteil haben Laienhelfer
- Reduktion des unbeschadeten Überlebens je Minute um 10%
- Hilfsfrist von 10 min in 80% nicht ausreichend
- Hilfsfrist von 8 min (Notrufeigang bis Ankunft organisierter Helfer) in 80% gefordert
- Notarzt nach 4 min nach rettungsdienstlicher Erstmaßnahme am Einsatzort
- Leitstelle: Schlüsselposition, Disponierung Einsatzmittel, Telefonreanimation, Qualitätsmanagement
Diagnostik und Therapie im Rettungs- und Notarztdienst
- Durchführung der Reanimationsmaßnahmen gemäss ERC-Empfehlungen
- Differenzierung zwischen defibrillierbarem vs. nicht-defibrillierbarem Rhythmus
- EKG, Sauerstoff, Kapnographie
- 12-Kanal-EKG nach ROSC (Wiederherstellung eines Spontankreislaufes), Identifikation STEMI
- optimale Thoraxkompressionen, Unterbrechungen so minimal wie möglich
- Oxygenierung und Ventilation (Goldstandard: endotracheale Intubation)
- Gefäßzugang (intravenös oder intraossär)
- Adrenalin zur Steigerung der myokardialen Reperfusion bei Asystolie/PEA früher als bei Kammerflimmern/pulsloser Ventrikulärer Tachykardie
- Amiodaron bei persistierendem Kammerflimmern/pulsloser Ventrikulärer Tachykardie
- reversiblen Ursachen (Atemwegsmanagement bei Hypoxie, Elektrolytsubstitution, Entlastung Perikardtamponade oder Spannungsponeumothorax, Antidottherapie, thrombolytische Therapie)
- Nach ROSC: hämodynamische Optimierung, bedarfsgerechte Katecholamin- und Volumentherapie, Temperaturmanagement, Analgosedierung oder Narkose
- ACCD (Automatische Thoraxkompressionssysteme): bei Transport unter laufender
Reanimation und prolongierter Reanimation, für routinemässigen Gebrauch von ACCD
bisher keine wissenschaftliche Vorteile belegt (s. auch: hier und hier)
Einsatztaktik und Zeitmanagement
- therapiefreie Intervall so kurz wie möglich: Ansatzpunkte sind Telefonreanimation und
kurze Hilfsfristen - Krankenhaus sollte nach 60 min erreicht werden, um kausale Therapie binnen 90 min
nach dem Ereignis beginnen zu können - Transport unter laufender Reanimation in Ausnahmefällen, wenn kausale Therapie im
Krankenhaus erfolgen kann, dann ACCD verwenden - Geeignete Krankenhaus – Voraussetzungen:
- unmittelbar und jederzeit: kardiologische Katheterintervention, Computertomographie, therapeutische Hypothermie, zielgerichtetet Temperaturmanagement (zukünftig: Cardiac-Arrest-Center)
Innerklinische Versorgung:
- standardisierte Post-Reanimationsbehandlung
- Ablaufprotokolle für reanimierte Patienten mit STEMI (zeitnahe Wiederöffnung des verschlossenen Koronargefäßes, wichtig um Prognose entscheidend zu verbessern), Ziel Direktübergabe auf dem Herzkathetertisch nach spätestens 90-120 min
- Wichtig: 12-Kanal in der Präklinik und Mitteilung des STEMI an die Klinik
- Verbindliche Netzwerkstrukturen (Analog zum Traumanetzwerk) sollen etabliert werden
Qualitätsmanagement
- Flächendeckende Implementierung
- Nutzung von Echzeit-Feedbacksystemen
- Debriefing
- Hilfsfristerreichung von >80% innerhalb von 8 Minuten,
- Inzidenz von begonnenen Reanimationsmaßnahmen von >80 pro 100.000 Einwohner und Jahr,
- ROSC Rate / RACA-ROSC Verhältnis >1,
- Klinikaufnahmerate >50%,
- Klinikentlassungsrate mit gutem neurologischen Ergebnis >16%,
- Entlassungsinzidenz von >10 Patienten/100.000 Einwohner/Jahr,
- Erkennungsrate eines Kreislaufstillstandes in den Leitstellen bei >90%,
- Notarztnachforderungsquote <10%,
- Anteil der Telefon-CPR bei Herz-Kreislaufstillstand >80%.
Zugang zum Eckpunktepapier und den Supplementary Material erhalten Sie: hier.