Kardiale Hämodynamik im Schock – und nun ?

VitalfunktionenKersten aus der Medizinischen Klinik I, der Uniklinik RWTH Aachen hat in der Fachzeitschrift Medizinische Klinik Intensivmedizin Notfallmedizin einen aktuellen Artikel zum Management im klinischen Alltags bei Schock publiziert:

Kersten A. Kardiale Hämodynamik bei Schock. Management im klinischen Alltag. Med Klin Intensivmed Notfmed 2016, DOI 10.1007/s00063-016-0168-6


Hier eine Zusammenfassung interessanter Aspekte:

  • beim instabilen Patienten muss man sich fragen: Vorlast, Nachlast, Herzzeitvolumen und Kontraktilität
  • vier potenzielle sich gegenseitig nicht auszuschliessende pathophysiologische Mechanismen (d.h. es können auch mehre Schockformen parallel vorliegen)
    • Hypovolämie (zB Blutung)
    • kardiogener Schock (zB akuter Myokardinfarkt, Herzinsuffzienz, valvuläre Erkrankungen, Arrhythmien)
    • Obstruktion (zB Lungenembolie, Perikardtamponade, Pneumothorax)
    • distributiver Schock (zB schwere Sepsis, Anaphylaxie)
  • Verteilung: septischer Schock 62%, kardiogener Schock 16%, hypovolämer Schock 16%, distributiver Schock 4% und obstruktiver Schock 2%
  • Therapieschritte – Merkregel „VIP“: Ventilation, Infusion, Pumpe
  • klinische Zeichen:
    • Hypotonie (RR syst < 90 mmHg oder MAP <65 mmHg), cave: engogene Katecholamine können durch Vasokonstriktion länger den Blutdruck aufrechterhalten und damit den Schockzustand kaschieren
    • Schwellenwert des Laktat: 2 mmol/l (d.h. Laktat >2 mmol/l wird schon als Schockzeichen gewertet)
    • „windows of perfusion“: Haut, Niere, Hirn (d.h. Patienten ansehen „Von Locke bis Socke!“)
    • Haut: Rekapilarisierungszeit
    • Niere: Oligurie < 0,5 ml/kgKG/h
    • Hirn: Vigilanzänderung, Verwirrtheit, Bewusstseinsverlust
  • Kontinuierliches Monitoring zur differenzierten Therapie von Vorlast, Nachlast und Kontraktivität 
  • Evaluation und Therapie der Vorlast:
    • Ziel ist die Verbesserung des Herzzeitvolumens und der Mikrozirkulation, zumeist durch Volumengabe. Diese Volumengabe ist zB bei septischen Schock lebensrettend, kann aber auch zu einer ausgeprägten positiven Volumenbilanz mit negativen Auswirkungen auf das Überleben und Verlängerung der Beatmung führen
    • „fluid challenge“: Volumenbolus und Beachtung der Auswirkung auf die Hämodynamik, cave: nur 50% der hämodynamisch instabilen Patienten sind letztendlich auch volumenreagibel (zB durch Limitationen der kardialen Funktion)
    • Versagen der Volumentherapie: kann aber auch erklärt werden durch zu kleine Boli, zu langsame Infusionsgeschwindigkeit, progrediente Vasodilatation
    • Komplikationen der Volumentherapie: Lungenödem, ARDS, Ödeme an Wunden/Haut/gastrointestinale Mucosa, Verschlechterung der Mikrozirkulation, bakterielle Translokation
    • passive leg raise: Vorhersage des Ansprechen auf Volumentherapie
  • Evaluation und Therapie der Nachlast:
    • Ziel: anheben des Blutdrucks bis Ausgleich mittels Volumentherapie (cave: ggf. zu unspezifisch: ggf. wird hier zwar eine „Kosmetik“ der Markozirkulaton erreicht ohne die Mikrozirkulationsstörung zu beseitigen)
    • Vasopressor der 1. Wahl: Noradrenalin (Cave: für Dopamin wurde eine erhöhte Rate an Arrhythmien und erhöhte Letalität im kardiogenem Schock nachgewiesen)
    • Vasopressor der 2. Wahl: Suprarenin, cave: Nebenwirkungen sind Arrhythmien, Reduktion des Blutflusses im Splanchnikusgebiet, Erhöhung des Serumlaktat
    • ggf. Kombination von Vasopressin (bis zu 0,04 IE/min) + Noradrenalin + Glucocorticoide (in manchen Studien Reduktion der Letalität
  • Evaluation und Therapie der Kontraktilität:
    • fokussierte Echokardiographie: Beurteilung der rechts- und linksventrikulären Pumpfunktion
    • Therapie: zB Dobutamin

Zum Nachlesen – Passive leg raise:

  • Aneman A et al. Understanding the passive leg raising test. Intensive Care Med 2016, DOI 10.1007/s00134-016-4228-4
  • Cherpanath TGV et al. Predicting Fluid Responsiveness by Passive Leg Raising: A Systematic Review and Meta-Analysis of 23 Clinical Trials. Crit Care Med 2016, DOI: 10.1097/CCM.0000000000001556
  • Monnet X et al. Passive leg raising for predicting fluid responsiveness: a systematic review and meta-analysis. Intensive Care Med 2016, DOI 10.1007/s00134-015-4134-1

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