Standardisierung erhöht Erfolg in der Atemwegssicherung

Ein Gastbeitrag von Harald Genzwürker, Buchen         Die prähospitale Narkose und Atemwegssicherung ist eine komplexe, risikobehaftete Maßnahme. Durch Vereinheitlichung und Standardisierung von Abläufen sowie Schulungsmaßnahmen kann die Patienten- und Anwender-Sicherheit erhöht werden – diese Erkenntnis ist eine Grundlage für das ANNA-Kursformat der DIVI.

Kollegen der Universität Helsinki haben nun im Rahmen einer kürzlich veröffentlichten Arbeit für ein finnisches Luftrettungssystem überprüft, welche Auswirkungen Schulung und Standardisierung auf die prähospitale Atemwegssicherung haben.

Susanne Ångerman, Hetti Kirves, Jouni Nurmi

Multifaceted implementation and sustainability of a protocol for prehospital anaesthesia: a retrospective analysis of 2115 patients from helicopter emergency medical services

SJTREM 2023, 31:21

Im Zeitraum von 2012 bis 2020 wurden insgesamt 2.381 Notfallintubationen bei Erwachsenen ausgewertet. Im Jahr 2015 wurde eine SOP für die prähospitale Intubation mit einem umfangreichen Maßnahmenpaket in Theorie und Praxis implementiert. Dieses Jahr wurde aus der Auswertung ausgeschlossen. In den Jahren vor Implementierung wurden 656 Intubationen erfasst und ausgewertet, danach 1.459, wobei wesentliche Parameter wie Alter, Geschlecht oder Indikation zur Intubation in beiden Gruppen vergleichbar waren.

Für die Zeit nach Einführung des standardisierten Vorgehens fand sich eine signifikante Reduktion der „On-scene time“ um 3 Minuten. Viel wichtigerer Parameter ist aber die Erfolgsrate bei der Intubation: der „first pass success“ (FPS), also die Erfolgsrate beim 1. Intubationsversuch stieg von 74,4% auf 97,6%. In Anbetracht der zahlreichen Komplikationen und Risiken, die mit wiederholten Intubationsversuchen assoziiert sind (vgl. z.B. Bernhard M, Becker TK, Gries A, Knapp J, Wenzel V. The first shot is often the best shot. Anesth Analg. 2015;121:1389–93), ein ganz wesentlicher Beitrag zur Erhöhung der Patientensicherheit.

Vor Einführung des Standards wurden die Intubationen mit Macintosh-Spatel und Führungsstab durchgeführt, bezüglich des Einsatzes von Muskelrelaxantien entschied der jeweils diensthabende Hubschraubernotarzt. Ein C-MAC Videolaryngoskop und ein Frova-Intubationskatheter standen ab 2014 zur Verfügung. 2015 wurde das konventionelle Laryngoskop entfernt. Die Standard-Narkoseeinleitung erfolgt nach Protokoll mit S-Ketamin und Muskelrelaxierung (Rocuronium > 1 mg/KgKG), Fentanyl und Propofol können beim Status epilepticus oder hypertensiven Patienten eingesetzt werden. Die Kommunikation bei der Laryngoskopie und das Vorgehen bei Schwierigkeiten, die Stimmbandebene zu visualisieren, wurden ebenfalls standardisiert. Eine Checkliste wird vor Beginn des Transports eingesetzt, um Zielparameter und die weitere Behandlung für das ganze Team zu kommunizieren.

Die Implementierung erfolgte von Januar bis März 2015, wird aber u.a. durch die regelmäßige Überprüfung der Einhaltung der festgelegten Vorgehensweise, regelmäßiges Training im Dienst sowie Simulationstrainings gemeinsam mit dem Rettungsdienst unterstützt.

Die Autoren folgern korrekt, dass die Durchführung der prähospitalen Intubation durch ein ganzes Maßnahmenbündel deutlich verbessert werden kann. Wichtige Ansatzpunkte sind dabei nicht nur die Anschaffung entsprechend geeigneter und standardisierter Hilfsmittel, sondern auch deren regelmäßige Beübung und insbesondere die Ausbildung des kompletten Teams hinsichtlich Durchführung und Assistenz. Gerade die klare, standardisierte Kommunikation unterstützt durch den Einsatz von Checklisten leistet trotz aller Erfahrung und Routine einen wichtigen Beitrag zur Patientensicherheit – nicht nur bei der Intubation.

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