Die Hyperkaliämie – Alle Jahre wieder …

Hyperkaliämie

Ursachen:

  • Freisetzung von Kalium aus der Zelle
  • Beeinträchtigung der renalen Ausscheidung, dies kann über die Messung der Kaliumkonzentration im Urin verifiziert werden
    • Kalium im Urin >30 mmol/l: transzelluläre Verschiebung
    • Kalium im Urin <30 mmol/l: Beeinträchtigung der renalen Ausscheidung

Art der Störung:

  • Pseudohyperkaliämie: präanaltische Fehler durch lange Venenstauung, lange Liegedauer der Probe –> Erneute Kontrollabnahme
  • Transzelluläre Verschiebung:
    • Ursachen: Azidose, Rhabdomyolyse, Tumorlyse-Syndrom, Medikamente (z.B. Spironolaction), Bluttransfusion
    • Azidose: vermutlich Konkurrenz der H+ und K* Ionen an der gleichen Bindungsstelle der Membranpumpe
      • a) organische Azidosen (z.B. Laktat- und Ketoazidose) gehen nicht mit Hyperkaliämie einher
      • b) respiratorische Azidose: kein konsistenter und vorhersehbarer Zusammenhang
    • Tumorlyse-Syndrom: (einige Tage) nach zytotoxischer Therapie, häufig Kombination aus Hyperkaliämie, Hyperphosphatämie, Hypocalzämie und Hyperurikämie, oft von einem akuten Nierenversagen begleitet
    • Medikamente:
      • Digitalis: Hemmung der Na+/K+Pumpe mit Hyperkaliämie bei akuter Digitalisintoxikation
      • Succinylcholin: Hemmung der Na+/K+Pumpe, Erhöhung der Serumkaliumkonzentration <1 mmol/l für 5-10 Minuten, besonderes Risiko bei Patienten mit Denervierung der Skelettmuskulatur (z.B. Rückenmarkläsion) und Dialysepatienten, pathophysiologische wird übertriebene Antwort der Depolarisation (Denervierungshypersensibilität) diskutiert
    • Beeinträchtigung der renalen Ausscheidung:
      • Nierenversagen (wenn GFR < 10 ml/min abfällt, früher bei interstitieller Nephritis),
      • Nebenniereninsuffzienz (z.B. chronischer Nebennierensinsuffizienz),
      • Medikamente: ACE-Hemmer, Angiotensin-Rezeptorblocker, kaliumsparende Diuretika und nichtsteroidale Antiphlogistika (NSAID) durch Hemmung der Renin-Angiotension-Aldosteron-Systems
      • Bluttranfusion: Erythrozytenkonzentrate (EK) werden bei 4°C gelagert, hier ist die Na+/K+-Pumpe in der Zellmembran der Erythrozyten ausgeschaltet und es kommt zum Kaliumefflux, Anstieg mit zunehmender Lagerungsdauer; normalerweise wird diese Kaliumbelastung durch EKs durch die Kaliumeliminierung in der Niere kompensiert; bei Massivtransfusionen ist die Kaliumeliminierung in der Niere reduziert, so dass eine Hyperkaliämie entstehen kann
    • EKG-Veränderungen:
      • hohe spitze zeltförmige T-Welle (v.a. V2/V3), Abnahme der Amplituden der P-Welle, Verlängerung des PR-Intervalls, Verbreiterung des QRS-Komplexes, Kammerflimmer, Asystolie
      • häufig ab einem Serumkaliumkonzentration von 7 mmol/l

Abb: Hyperkaliämie (und alter Vorderwandinfarkt bei Zn NSTEMI bei bekannter 2 -Gefäß-KKH und residueller LAD-Stenose). Erkennbar ist die Hyperkaliämie an dem sog. „Kirchturm-T“, einer deutlich überhöhten und spitzen T-Welle.

Therapiekonzepte:

  • Serumkaliumkonzentration von 6,5 mmol/l oder jedes erhöhte Serumkaliumkonzentration, die mit EKG-Veränderungen einhergeht

Therapiesäulen sind:

1.Antagonisierung kardialer Effekte

    • Calzium wirkt der durch Kalium hervorgerufenen Depoplarisation entgegen, sog. Membranstabilisierender Effekt
    • 10% Calziumglukonat (10 ml = 90 mg); 10 ml i.v. über 3 min; bei Bedarf nach 5 min wiederholen, Wirkdauer 20-30 Minuten
    • Bei Kreislaufschock Calziumchlorid 10% (10 ml= 270 mg) geben; Wirkung hält 30-60 min an; aufgrund der hohen Osmolalität wird Calziumchlorid meistens über einen ZVK gegeben
    • Bei Digitalis-Intoxikation KEIN Calzium verabreichen, da bei Hypercalzämie die kardiotoxische Wirkung von Digitalis verstärkt ist. Hier ist die Gabe von Calzium kontraindiziert.

2.Transzelluläre Verschiebung von Kalium in die Zelle

  • Insulin-Glucose-Co-Infusion:
    • Aktivierung der Na+/K+-Pumpe; Senkung des Serumkaliumsspigels um rund 0,6 mmol/l, Risiko ist eine Hypoglykämie wegen der intravenösen Insulingabe
    • Normalinsulin: 10 Einheiten als i.v. Bolus + 100 ml Glucose 10% -Infusion einleiten, Wirkungsgipfel nach 30-60 min (Cave: Reboundeffekt)
    • Bei vorliegender Hyperglykämie kann die Insulingabe auch ohne Glucose Co-Infusion erfolgen
  • Inhalativer ß2-Agonist:
    • Häufig hohe Dosierung notwendig, um Serumkaliumspiegel durch transzelluläre Verschiebung um 0,5-1,0 mmol/l zu senken
    • Risiko von Nebenwirkungen: Tachykardie

NERDfact: Bikarbonat wird nicht von allen Notfallmediziner empfohlen, da es (1) kaum einen Effekt auf die Serumkaliumkonzentration hat und (2) einen Komplex mit Calzium bilden kann und so kontraproduktiv wird wenn Calzium zur Membranstabilisierung eingesetzt wird.

3. Ausscheidung von Kalium aus dem Körper:

  • Resonium, oral: 30 g in 20% Sorbitol (50 ml soll Verklumpung vorbeugen)
  • Resonium, rektal: 50 g in 20% Sorbitol (200 ml, soll Verklumpung vorbeugen), langwirksam, Wirkungseintritt nach 2 h, Wirkungsgipfel nach 6 h, geringfügiges Risiko einer Darmnekrose

4. Hämodialyse:

  • Effektivste Art der Kaliumelimination
  • Reduktion der Serumkaliumkonzentration von 1 mmol in 1 Stunde und von 2 mmol/l nach 3 Stunden
Für Angaben über Dosierungsanweisungen und Applikationsformen kann keine Gewähr übernommen werden. Jeder Benutzer ist angehalten, durch sorgfältige Prüfung der Beipackzettel der verwendeten Präparate und gegebenenfalls nach Konsultation eines Spezialisten festzustellen, ob die in diesem Blog gegebenen Empfehlung für Dosierungen oder die Beachtung von Kontraindikationen gegenüber der Angabe in diesem Blog abweicht. Eine solche Prüfung ist besonders wichtig bei selten verwendeten Präparaten oder solchen, die neu auf den Markt gebracht worden sind. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Wir appellieren an jeden Benutzer etwa auffallende Ungenauigkeiten uns mitzuteilen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.