Vergiftungen als Ursache des prähospitalen Kreislaufstillstandes

Vergiftungen sind eine seltene Ursache des prähospitalen Kreislaufstillstandes, die Charakteristika dieser Patienten jedoch bisher schlecht beschrieben. Ein Team um Stephan Seewald vom Deutschen Reanimationsregister und Christoph Hüser von ToxDocs.de hat sich diese Kohorte in einer aktuellen Publikation näher angeschaut.

Hüser C. et al. Higher chance of survival in patients with out-of-hospital cardiac arrest attributed to poisoning. Resuscitation 2022. https://doi.org/10.1016/j.resuscitation.2022.03.009.

Die Kollegen haben das hierzu das Reanimationsregister von Anfang 2011 bis Ende 2020 ausgewertet und Patienten mit prähospiatlen Herzkreislaufstillstand aufgrund einer Vergiftung (P-OHCA) verglichen mit Patienten mit außerklinischem Herzkreislaufstillstand aufgrund einer anderen medizinischen Ursache (NP-OHCA). Patienten mit Trauma, Patienten, bei denen keine Wiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt wurden sowie unter 18 Jährige wurden ausgeschlossen. Die Ursache des Kreislaufstillstandes wurde dabei gewertet wie vom Rettungsdienst in das Reanimationsregister eingetragen.

Ergebnisse:

  • 1,4 % (574) aller Patienten erlitten einen prähospitalen Herzkreislaufstillstand aufgrund einer Vergiftung
  • vergiftete Patienten waren jünger (43 vs. 73 Jahre im Median p<0,001) und ihr Herzkreislaustillstand war seltener beobachtet (41,8% vs. 66,2%, p <0,001)
  • Asystolie war häufiger der Initialrhythmus bei P-OHCA Patienten (73,5% vs. 53,7 % bei NP-OHCA, p<0,001), gefolgt von einer PEA (16,2 vs. 20,5%, p<0,001).
  • Kammerflimmern war bei Vergifteten deutlich seltener der Initialerhythmus (9,2 vs. 25,1 % p<0,001)
  • Das Überleben mit einem CPC 1 oder 2 bei Krankenhausentlassung war P-OHCA deutlich häufiger (15,2 vs. 8,8 %, p<0,001)
  • Dies galt unabhängig vom initialen Rhythmus
    • initiales Kammerflimmern: 37,7 % vs. 24,7 %
    • PEA: 34,3 % vs. 6,5 %
    • Asystolie: 7,7 % vs. 2,1 %
  • Eine Vergiftung war ein unabhängiger positiv prädiktiver Faktor für ein gutes Behandlungsergebnis (OR 2,47: [95%-KI: 1,71-3,57])
  • In einer kleinen Subgruppe von Patienten mit Vorliegen von TOR-Kriterien (initiale Asystolie und fehlendem ROSC) nach 20 Minuten überlebten 2,0% der Vergifteten mit einem guten neurologischen Behandlungsergebnis (CPC 1 oder 2)

Folgerung:

  • Vergiftungen sind eine seltene Ursache des Herzkreislaufstillstandes in Deutschland
  • P-OHCA Patienten haben häufiger ein neurologisch gutes Behandlungsergebnis und zwar unabhängig vom Initialrhythmus. Spannend war dabei, dass bei P-OHCA Patienten mit initialer PEA eine fast so gute Prognose wie mit initialem Kammerflimmern hatten
  • Auch wenn die Subgruppe der Patienten mit Asystolie > 20 Minuten trotz statistischer Signifikanz zu klein war um klinische Folgerungen abzuleiten, legt diese Nahe, dass verlängerte Reanimationsmaßnahmen bei P-OHCA trotz vermeintlicher Chancenlosigkeit sinnvoll sein könnten
  • Neben den üblichen Limitationen einer Register-Studie, gab es weitere Limitationen, so waren die Ursachen des Arrests unter anderem nicht durch Blutuntersuchungen oder Autopsie objektiviert und Gründe zum Einstellen der Reanimationsmaßnahmen wurden ebenfalls nicht erhoben und blieben unklar

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