in-cabin intubation

In der Regel wird in Deutschland parallel zum Rettungshubschrauber (RTH) stets auch ein Rettungswagen (RTW) zur Einsatzstelle alarmiert, um in dessen größerem Innenraum den Patienten gemeinsam zu stabilisieren, um dann zu entscheiden, ob der Transport mit dem RTH oder dem RTW erfolgen soll.

Traditionell waren die RTH-Kabinen auch viel zu beengt, um einen Patienten darin zu versorgen. Heute jedoch bieten Rettungshubschrauber viel mehr Platz als früher. Während in Deutschland die EC135/H135 den Standard darstellt, werden in anderen Ländern, vor allem auch wegen größerer Distanzen und Einsatzradien auch größere Luftfahrzeuge eingesetzt – beispielsweise die Agusta Westland AW-169, die Bell 429 oder eben der H145.

Aus Skandinavien kamen erste Arbeiten mit der Überlegung einer Patientenversorgung in der RTH-Kabine, da gerade in dünn besiedelten Regionen oft gar kein RTW zur Patientenstabilisierung zur Verfügung steht.

Als Bespiel einer raumfordernden Prozedur wurde die Atemwegssicherung in der RTH-Kabine (in-cabin intubation) betrachtet. Diese Maßnahme erfordert idealerweise eine Positionierung des Intubierenden am Kopfende des Patienten und setzt somit eine entsprechend lange Kabine voraus.

Kollegen um Mikael Gellerfors in Schweden verglichen zunächst an Mannequins die in-cabin intubation in einem H145 mit der Atemwegssicherung auf einer Trage außerhalb des RTH und stellten fest, dass für den Zeitbedarf kein signifikanter Unterschied besteht.

Kornhall, D., Hellikson, F., Näslund, R., Lind, F., Broms, J., Gellerfors, M.

A Protocol for Helicopter In-Cabin Intubation.

Air Medical Journal 2018; 37: 306–311

Eine Arbeit aus Großbritannien untersuchte in einem ähnlichen Stetting die Atemwegssicherung in einem AW169-Simulator ebenfalls an Mannequins und achtet zusätzlich auf mögliche Einschränkungen der Kommunikation durch das Tragen der Fliegerhelme. Genauso wie die schwedische Arbeitsgruppe gingen die Kollegen von einem am Boden stehenden Hubschrauber aus und konnten für dieses Szenario nebenfall bestätigen, dass die in-cabin intubation in einem modernen geräumigen Hubschrauber möglich ist und das Tragen der Fliegerhelme keine relevanten Einschränkungen bedeutet.

McHenry, A. S., Curtis, L., Avest, Ter, E., Russell, M. Q., Halls, A. V., Mitchinson, S., et al.

Feasibility of Prehospital Rapid Sequence Intubation in the Cabin of an AW169 Helicopter.

Air Medical Journal 2020; 39: 468–472

Beide Arbeitsgruppen nutzten ein normales Macintosh-Laryngoskop für die Intubation.

In einem aktuellen Artikel gehen Kollegen der Air Zermatt noch einen Schritt weiter und postulieren, dass die in-cabin intubation nicht nur am Boden, sondern auch während des Fluges möglich ist und dass auf diese Weise gerade bei zeitkritischen und instabilen Patienten ohne zu erwartende Schwierigkeiten im Atemwegsmanagement Zeit bis zum Erreichen der Zielklinik eingespart werden könne.

Knapp, J., Venetz, P., Pietsch, U.

In-cabin rapid sequence induction: Erfahrung aus der alpinen Luftrettung zur Verkürzung der Prähospitalzeit

Der Anaesthesist, online first, http://doi.org/10.1007/s00101-021-00933-8

Dafür beschreiben Sie allerdings folgende elementare Voraussetzungen:

  • Auf diese Thematik fokussiertes Teamtraining unter realistischen Einsatzbedingungen (Lärm, Kommunikation über „Interkom“).
  • Der i.v.-Zugang sollte nur bei guten Venenverhältnissen während des Flugs gelegt werden, da die Vibrationen während des Flugs die Punktion etwas erschweren. Bei unsicheren Venenverhältnissen sollte zumindest ein i.v.-Zugang vor Transportbeginn vorhanden sein.
  • Es bedarf einer klaren „standard operating procedure“ (SOP) für die „in-cabin RSI“.
  • Evaluation des Atemwegs vor Transportbeginn: Bei Hinweisen auf eine möglicherweise erschwerte tracheale Intubation bzw. Videolaryngoskopie (z.B. schweres Mittelgesichtstrauma, schwere Blutung im Oropharynx, Obstruktion der oberen Atemwege) sollten die Narkoseeinleitung und das Airway-Management noch vor Beginn des Flugs erfolgen. Bei erschwerten Intubationsbedingungen kann so ggf. die Kabinentür für einen besseren Zugang zum Patienten geöffnet werden.
  • Evaluation des Thorax vor Transportbeginn: Bei Hinweisen auf einen bereits bestehenden Pneumothorax sollte die weitere Stabilisierung zunächst vor Ort erfolgen.
  • Positionierung der Teammitglieder: Das Airway-Management, also die Position am Kopfende, sollte von der in der trachealen Intubation erfahrensten Teammitglied eingenommen werden. Das zweite Teammitglied übernimmt die Position an der Seite des Patienten sowie die Applikation der Medikamente und die Kreislaufstabilisierung.
  • Die Ablageorte des Materials zum Airway-Management und von Medikamenten müssen im Rahmen der SOP klar definiert sein. Aufgrund des reduzierten Platzangebots muss auf gute Ordnung geachtet werden.
  • Zwingender Einsatz der Videolaryngoskopie und ausreichende Erfahrung darin.
  • Da eine Auskultation während des Flugs unmöglich ist, sollten die Kontrolle der beidseitigen Ventilation und der Ausschluss eines Pneumothorax nach Beginn der mechanischen Ventilation sonographisch erfolgen. Der zwingende Einsatz der Kapnographie ist selbstverständlich.

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