Teil 1: Was gibt es Neues aus der Kardiologie für die Notfallmedizin?

Ein Beitrag von PD Dr. Jürgen Knapp, Bern/Schweiz:

Mit welcher Energie wird kardiovertiert?

Schmidt AS et al. Maximum-fixed energy shocks for cardioverting atrial fibrillation. Eur Heart J 2019; doi:10.1093/eurheartj/ehz585

Was ist die bessere Strategie zur elektrischen Kardioversion bei Vorhofflimmern? Mit niedriger Energie (z.B. 100 J) anfangen und bei Versagen die Energie erhöhen (so wie es in den meisten notfallmedizinischen Lehrbüchern steht)? Oder bereits initial die maximal wählbare Energie des Gerätes einstellen? Dieser Frage gingen in einer aktuell publizierten Studie Kollegen aus Dänemark nach.

  • randomisiert verblindete Studie
  • n=276 Patienten zur elektiven elektrischen Kardioversion bei Vorhofflimmern
  • n=129 Patienten wurden bereits initial mit der maximal verfügbaren Energie (in diesem Fall 360 J biphasisch) behandelt (Maximum-Energie-Gruppe)
  • n=147 Patienten wurden mit der eskalierenden Form der Energiewahl behandelt: 125 – 150 – 200 J (Niedrig-Energie-Gruppe)
  • maximal waren 3 Schocks erlaubt
  • die Narkose wurde in beiden Gruppen mit Propofol durchgeführt, die Gabe von Antiarrhythmika war nicht erlaubt

primärer Endpunkt:

  • Erreichen eines Sinusrhythmus 1 min nach der Kardioversion: 88% in der Maximum-Energie-Gruppe vs. 66% in der Niedrig-Energie-Gruppe (p<0,001)

sekundäre Endpunkte:

  • Erreichen des Sinusrhythmus nach dem ersten Schock: 75% in der Maximum-Energie-Gruppe vs. 34% in der Niedrig-Energie-Gruppe
  • Bestehen des Sinusrhythmus bei Krankenhaus-Entlassung (4 Stunden nach der Kardioversion): 85% in der Maximum-Energie-Gruppe vs. 63% in der Niedrig-Energie-Gruppe
  • mediane kumulative Energie: 360 J (Interquartilenabstand: 360-360 J) in der Maximum-Energie-Gruppe vs. 275 (125-475 J) in der Niedrig-Energie-Gruppe
  • mediane Anzahl der Schocks: 1 (Interquartilenabstand: 1-1) in der Maximum-Energie-Gruppe vs. 2 (1-3) in der Niedrig-Energie-Gruppe

Sicherheitsendpunkte:

  • kein Unterschied zwischen den beiden Gruppen hinsichtlich kardialer Arrhythmien nach der Kardioversion, Hautrötung, Schmerzen

Myokardialer Schaden:

  • gemessen mittels des Anstieg des hs-Troponin-Messung 4 h nach der Kardioversion im Vergleich zum Ausgangswert vor der Kardioversion: im Median 0 ng/l (Interquartilenabstand 0-0) in der Maximum-Energie-Gruppe vs. 0 ng/l (-1-0) in der Niedrig-Energie-Gruppe

Fazit:

Die Durchführung der elektrischen Kardioversion mit der maximal verfügbaren Energie des Defibrillators scheint eine deutlich höhere Erfolgsrate zu haben als mit einer Strategie der initial niedrigen und dann ggf. eskalierenden Energiewahl. Die Sorge vor einem größeren myokardialen Schaden erscheint unberechtigt.

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