Verletzungsfrequenz und –intensität bei mechanischer vs. manueller Reanimation

Nach der Einführung von automatischen Reanimationshilfen (z.B. LUCAS-Device) zur Unterstützung im notfallmedizinischen Setting konnte bisher bei randomisierten Studien kein verbessertes neurologisches Behandlungsergebnis im Vergleich zur traditionellen manuellen Brustkorbkompression gezeigt werden. Damit rückten Studien in den Vordergrund, die die Verletzungen nach beiden Reanimationsformen verglichen und hinsichtlich ihrer Intensität bewerteten.

Aktuell haben Ondruschka et al. im forensischen Journal „Forensic Science, Medicine and Pathology“ (https://link.springer.com/article/10.1007/s12024-018-0024-5) die bisher größte diesbezügliche Obduktionskohorte analysieren und vergleichen können.

Ondruschka B et al. Chest compression-associated injuries in cardiac arrest patients treated with manual chest compressions versus automated chest compression devices (LUCAS II) – a forensic autopsy-based comparison. Forensic Sci Med Pathol. 2018 Sep 10. doi: 10.1007/s12024-018-0024-5.

Durch Auswertung aller rechtsmedizinischen Obduktionsprotokolle der Institute für Rechtsmedizin in Leipzig und Chemnitz zwischen 2011-2017 konnten 614 Obduktionsfälle  analysiert werden (manuell vs. LUCAS: n=591 vs. n=113). Die Wahrscheinlichkeit von reanimationsbedingten Verletzungen steigt mit längerer Reanimationsdauer. Im Vergleich zur manuellen Reanimation hatten Personen nach LUCAS-Reanimation jeweils unabhängig von anderen Faktoren signifikant häufiger

  • Hautemphyseme (5 vs. 0%; p=0,012),
  • Pneumothoraces (6 vs. 1%, p=0,008),
  • Lungen- (19 vs. 4%, p=0,008),
  • Leberläsionen (10 vs. 1%, p=0,001), und
  • Herzbeuteltamponaden (3 vs. 1%, p=0,025).

Im Mittel ist hingegen die Anzahl an Rippenfrakturen nicht different zwischen beiden Reanimationsmethoden (6±3 vs. 7±2, p=0,09).Ein höheres Lebensalter und längere Reanimationsintervalle beeinflussen die Häufung von knöchernen Frakturen (p<0,001).

Fazit für die Praxis:

  • In der untersuchten Kohorte mit frustran verlaufenen Reanimationsversuchen waren damit nach LUCAS-Reanimation signifikant mehr Verletzungen als nach manueller Reanimation festzustellen, aber die Intensität der Verletzungen war zwischen beiden Gruppen vergleichbar.
  • Relevant erscheint, dass auch in dieser Studie keine Reanimationsverletzung als unmittelbar todesursächlich eingestuft worden war, obgleich mehrere der festgestellten Verletzungen bei zunächst erfolgreichem ROSC sicher als potentiell letal anzusehen sind.
  • Im klinischen Alltag soll nach erfolgreichem ROSC so schnell wie klinisch möglich ein CT-Scan zum Ausschluss bzw. Nachweis von CPR-assoziierten Verletzungen erfolgen, auch um diesbezüglich eine suffiziente Therapie initiieren zu können.

6 thoughts on “Verletzungsfrequenz und –intensität bei mechanischer vs. manueller Reanimation

  1. In der Studie ist aber ein erheblicher Bias (Verzerrung), da ja nur obduzierte, also verstorbene Pat. untersucht wurden. Auch wenn die Verletzungen nicht todes-URSÄCHLICH waren, hat natürlich ein Pat. mit einer Leberverletzung oder einem Pneumothorax einen tendenziell eher komplizierteren ITS-Verlauf und ein höheres Mortalitätsrisiko. Letztlich müssten für eine saubere Studie alle reanimierten Patienten und deren Verletzungfolgen angeschaut werden, nicht nur die Verstorbenen…

    1. Der Gedanke ist spannend, aber für eine wissenschaftliche Studie nicht umzusetzen. Hier wird eine gezielte Methodik (Obduktion) verwendet um beide CPR Methoden miteinander zu vergleichen. Diese ist bei (zunächst) Überlebenden gerade nicht anwendbar und eine CT ist zur Diagnostik diffiziler Befunde und insbesondere von Rippenbrüchen nicht sensitiv genug.

  2. Harald Glück Leitender Flugretter in Wien am Christophorus 9 dazu möchte ich sagen das eine Reanimation mit Lucas unter erschwerten Bedingungen sehr wohl seine Berechtigung hat zb. enge Räume Bergung durch ein Stiegenhaus Transport unter Cpr im Hubschrauber.

    1. Der ACCD Einsatz unter den von Ihnen angeführten Punkten ist auch völlig leitliniengerecht. Nur ist es so, dass es hierbei durchaus zu Verfahrens-assoziierten Problemen kommen kann, die man einfach wissen muss, genau auf diese Probleme wird in der angeführten Arbeit hingewiesen. Beide Ansichten schliessen sich also nicht gegenseitig aus, sondern ergänzen sich zu einem verbesserten Gesamtbild.

  3. Neben einigen negativen Aspekten der Reanimationshilfen sind aber auch viele Vorteile, gerade präklinisch damit verbunden. Neben den eben genannten Vorteilen des Kollegen aus Wien ist eine Reanimationshilfe auch eine Form des Eigenschutzes. Man kann nun während des Transportes angeschnallt neben dem Patienten sitzen und muss nicht die ganze Zeit Fahrbewegungen ausgleichen.

  4. Wichtig bei einer maschinellen Reanimationen ist auf jeden Fall das korrekte Anlegen des Reagerätes. Im Notfall ist das unter Umständen nicht unbedingt gegeben. Stress, Anlegefehler oder pateintenbedingte Körperfülle können einer bis dato gut geführten manuellen Rea erheblich entgegenwirken. Bei regelmäßigen Trainings mit unserem „Lucas 2“ sehen wir das zu genüge. Hier hilft nur intensives und regelmäßiges Training. Die Frage die sich mir da stellt, ist die, warum und unter welchen Umständen es zu der Rea gekommen ist. Es ist doch sicherlich abhängig vom Notfallgeschen, Zeit, Alter und oder der Vorgeschichte. Was bringt die beste Technik, wenn der Körper ein Ereignis wie das totale oder gar endgültige Versagen aller lebenserhaltenden Funktionsabläufe erfährt, welches aber nicht beherrschbar ist.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.