Besserer „first-pass-success“ durch Bougie

Ein Beitrag von PD Dr. Jürgen Knapp, Bern/Schweiz:

  • Wie wichtig die Bedeutung der erfolgreichen endotrachealen Intubation im 1. Intubationsversuch ist, haben zahlreiche Studien in den vergangenen Jahren gezeigt.
  • Sind 2 oder mehr Intubationsversuche notwendig oder mehr Intubationsversuchen steigt die Rate an Komplikationen (wie z. B. Hypoxie, Aspiration, Herzkreislaufstillstand) um den Faktor 4 bis 7 an.

Eine Übersicht über die zum „first-pass“success“ (FPS) veröffentlichten Arbeiten bietet Publikation

Knapp J et al: First pass success. Bedeutung und Umsetzung in der Notfallmedizin. Notfall Rettungsmed 2016; 19: 566-573

Tab: mit freundlicher Genehmigung des Springer Verlages (aus Knapp J et al: First pass success. Bedeutung und Umsetzung in der Notfallmedizin. Notfall Rettungsmed 2016; 19: 566-573)

Als ganz wesentlicher Bestandteil von Strategien zur Optimierung des FPS hat sich die Nutzung der Videolaryngoskopie bereits beim ersten Intubationsversuch bewährt. Auch hierzu bietet die o.g. Literaturstelle eine Übersicht über die aktuelle Studienlage.

In einem aktuell im JAMA veröffentlichten Artikel wurde der Nutzen des Einsatzes eines Bougies im Vergleich zum üblichen Vorgehen eines Tubus mit Führungsdraht in einer randomisierten Studie untersucht:

Driver BE et al: Effect of use of a bougie vs endotracheal tube and stylet on first-attempt intubation success among patients with difficult airways undergoing emergency intubation. A randomized clinical trial. JAMA 2018; online first

Die Studie wurde durchgeführt an einem US-amerikanischen Level-1-Trauma-Center mit 109.000 Notfallpatienten pro Jahr

  • Untersuchungszeitraum 2016-2017
  • ausgeschlossen waren
    • Patienten <18 Jahre
    • Patienten mit bekannter Einengung der oberen Atemwege (z.B. Epiglottitis, Angioödem, laryngeale Masse, Tumoren), weil hier der Einsatz des Bougies bereits nachgewiesenermaßen vorteilhaft ist
    • Intubationen unter Einsatz des D-blade Spatels des Videolaryngoskops, da hier ein stark gebogener Führungsdraht notwendig ist
  • 1:1-Randomisierung:
    • 381 Patienten mit Bougie intubiert, über den der Tubus dann eingefädelt wurde
    • 376 Patienten „konventionell“ mit einem mit Führungsdraht armierten Tubus
  • primärer Outcome-Parameter: FPS bei Patienten mit möglicherweise schwierigem Atemweg. Dieser war definiert bei Vorliegen von mindestens einem der folgenden Kriterien
    • Blut/Schleim/Erbrochenes, das die Laryngoskopie erschwert,
    • große Zunge,
    • Gesichtstrauma,
    • HWS-Immobilisation,
    • Fettleibigkeit
    • kurzer Unterkiefer

Diese Kriterien wurden nach der Intubation subjektiv durch den intubierenden Arzt dokumentiert

  • sekundäre Outcome-Parameter:
    • FPS bei allen Patienten
    • FPS ohne Hypoxämie (SpO2<90%)
    • Dauer bis FPS
    • Auftreten von Hypoxämie

Die Ergebnisse zeigen Folgendes:

  • bei 96% der Patienten wurde zur Intubation das C-MAC mit Macintosh-Spatel genutzt, bei ca. 2% das Glidescope und bei 2% das konventionelle Macintosh-Laryngoskop, ohne Unterschied zwischen den Gruppen
  • FPS bei notfallmäßigen Intubationen mit möglicherweise schwierigem Atemweg höher in der Bougie-Gruppe (n=198 in der Bougie-Gruppe vs. 182 in der „konventionellen“ Gruppe): 96% vs. 82% (14%-Punkte absolute Differenz, 95%-Konfidenzintervall: 8-20%)
  • FPS bei allen notfallmäßigen Intubationen ebenfalls höher in der Bougie-Gruppe (n=381 vs. 376): 98% vs. 87% (11%-Punkte Differenz, 95%-Konfidenzintervall: 7-14%)
  • FPS bei notfallmäßigen Intubationen ohne Kriterien für einen möglicherweise schwierigen Atemweg ebenfalls höher in der Bougie-Gruppe (n=183 vs. 194): 99% vs. 92% (8%-Punkte Differenz, 95%-Konfidenzintervall: 4-12%)
  • FPS bei Notfall-Intubationen mit HWS-Immobilisation höher in der Bougie-Gruppe (n=49 vs. 36): 100% vs. 78% (22%-Punkte Differenz, 95%-Konfidenzintervall: 9-36%)
  • Zeitdauer bis FPS insgesamt im Median 1 s länger in der Bougie-Gruppe: 38 vs. 36 s, Differenz, 95%-Konfidenzintervall -1 bis 4 s, damit statistisch nicht signifikant
  • Hypoxämien: 13% vs. 14%, nicht signifikant

Interessante Nebenergebnisse:

  • Das „tracheal click“-Phänomen (Vibrationen im Bougie-Stab beim Einführen des Bougies in die Trachea durch die Knorpelringe) konnte in 91% der Fälle wahrgenommen werden
  • bei 31 Patienten, die über Bougie intubiert wurden, (7%) blieb der Tubus zunächst am Aryknorpel hängen, durch eine Drehung von 90° gegen den Uhrzeigersinn konnte mit Ausnahme eines Falls der Tubus aber problemlos platziert werden. Bei dem erfolglosen Fall gelang die Intubation, nachdem der Bougie ein zweites Mal platziert wurde.

Fazit:

  • Der Einsatz eines Bougies (irreführende Bezeichnung und im Deutschen eher als „Frova-Katheter“ bekannt) zusätzlich zum Videolaryngoskop kann bei entsprechendem Training den FPS weiter signifikant erhöhen.
  • zukünftig könnte die Kombination von Bougie und Videolaryngoskopie die Patientensicherheit beim Atemwegsmanagement weiter erhöhen

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