Vermeidbare Trauma-assoziierte Todesfälle

NYFD

Das Thema der „vermeidbare Trauma-assoziierten Todesfälle“ ist nach den initialen Publikationen von Kleber & Buschmann sehr bekannt. Mehr als die Hälfte aller traumaassoziierten Todesfälle ereignen sich noch in der prähospital Versorgungsphase. Bisher fehlt es an Studien über mehrjährige Zeiträume zur Durchführung additiver traumaspezifischer Reanimationsmaßnahmen (z. B. Pleuraraumentlastung, Perikardiozentese, Tourniquet, Beckenschlinge) beim traumaassoziierten Herz-Kreislauf-Stillstand. In einer Kohortenstudie analysierten die Kollegen der Leipziger Rechtsmedizin um Benjamin Ondruschka zusammen mit interdisziplinären Partner nun ihr Obduktionsergebnisse von am Ereignisort trotz Reanimationsmaßnahmen verstorbenen Traumapatienten bezüglich additiver Maßnahmen sowie die Vermeidbarkeit dieser Sterbefälle.

Ondruschka B, et al.  Additive notärztliche Maßnahmen beim traumaassoziierten Herz-Kreislauf-Stillstand. Anaesthesist 2017, https://doi.org/10.1007/s00101-017-0383-4

In der retrospektiven Datenauswertung der Obduktionsprotokolle aus Leipzig und Chemnitz von 2011 bis 2017 wurden die traumaassoziierten Sterbefälle mit professionellen prähospitalen Reanimationsversuchen und Todeseintritt vor Ort, auf dem Transport oder kurz nach Krankenhausaufnahme identifiziert. Erfasst wurden epidemiologische Parameter, prähospital durchgeführte Maßnahmen und das jeweilige Verletzungsmuster, um retrospektiv mithilfe eines strukturierten Delphi-Verfahrens die Frage der Vermeidbarkeit (potenziell/definitiv vermeidbar vs. nicht vermeidbar) und möglicher Managementfehler strukturiert zu beantworten.

Aus einem Obduktionsvolumen von 3.795 Fällen konnten 154 traumaassoziierte Todesfälle mit prähospitalen Reanimationsmaßnahmen identifiziert werden:

  • Anteil männlicher Patienten: 70%
  • Alter: 48±21 Jahre
  • versterben noch am Ereignisort: 84%
  • seltener auf dem Transport: 2,6%  oder
  • direkt nach Klinikaufnahme: 13,0 %

Additive trauma-spezifische Maßnahmen wurden nur bei 23 Patienten (15%) einsgesetzt:

  • Pleuradekompression: 80%
  • Perikardiozentese: 8%
  • Beckenstabilisierung: 12%

Es fanden sich folgende Probleme:

  • Managementfehler: rund 1/3
  • potenziell vermeidbare Todesfälle: 12,3%; insbesondere nach penetrierenden Thoraxverletzungen.

Schlussfolgerung:

  • Der Anteil von durch traumaspezifische Reanimationsmaßnahmen potenziell positiv zu beeinflussenden traumaassoziierten Reanimationen scheint im Flächenland Sachsen an den Standorten Leipzig und Chemnitz vergleichbar zu Voruntersuchungen in Berlin zu sein.
  • Die weitere Sensibilisierung für die Notwendigkeit prähospitaler traumaspezifischer additiver Maßnahmen beim traumaassoziiertem Herz-Kreislauf-Stillstand in der Aus- und Weiterbildung erscheint notwendig.
  • Im Untersuchungszeitraum mit 154 trotz Reanimationsmaßnahmen verstorbenen Traumapatienten fand sich eine relevante Anzahl potenziell reversibler Ursachen eines traumaassoziierten Herz-Kreislauf-Stillstands.
  • Da nicht alle reversiblen Ursachen adäquat adressiert wurden, zeigt sich hier die Chance zur weiteren Reduktion der Traumaletalität.
  • Es fanden sich keine Todesfälle aufgrund fehlerhaftem oder nicht durchgeführtem Atemwegsmanagements, auch wenn nicht immer eine endotracheale Intubation, sondern auch alternative Methoden zur Atemwegssicherung angewendet wurden.
  • Defizite fanden sich für die Pleuraraumentlastung bei bestehendem Spannungspneumothorax. Die beidseitige Dekompression wurde im Rahmen der Traumareanimation zu selten durchgeführt und ihr muss zukünftig mehr Beachtung geschenkt werden.
  • Die nicht-invasive externe Beckenstabilisierung wurde beim Traumapatienten zu selten durchgeführt – trotz mechanischer Instabilität im Rahmen der (postmortalen) körperlichen Untersuchung.
  • Potenziell vermeidbare Sterbefälle fanden sich in 12,3% der Fälle und betrafen insbesondere Thoraxverletzungen durch scharfe Gewalt.
  • Die isolierte traumatische Herzbeuteltamponade mit Indikation zur Notfallthorakotomie ist dabei selten.
  • Die aufgeführten Defizite sollten in Aus- und Fortbildungsveranstaltungen intensiv adressiert werden. Die Kooperationmit rechtsmedizinischen Instituten kann helfen, die besondere Problematik und die notfallmedizinische Therapie der potenziell reversiblen Ursachen des traumatischen Herz-Kreislauf-Stillstands zu vermitteln.

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