Das LAZARUS-Phänomen

Das LAZARUS-Phänomen wird immer wieder in der Literatur beschrieben, aktuell in einer Publikation in RESUSCITATION:

Kuisma M, et al.  DELAYED RETURN OF SPONTANEOUS CIRCULATION (THE LAZARUS PHENOMENON) AFTER CESSATION OF OUT-OF-HOSPITAL CARDIOPULMONARY RESUSCITATION. Resuscitation 2017, online


Benannt wurde das LAZARUS-Phänomen nach  Lazarus von Bethanien, einem Freund von Jesus, der vier Tage nach seinem Tod durch Jesus von den Toten wiedererweckt wurde (Johannesevangelium).

In der Medizin bezeichnet das LAZARUS-Phänomen, den Wiedereintritt einer spontanen Kreislauffunktion nach dem bewussten Beenden von Reanimationsmassnahmen.


In einer prospektiven Kohortenuntersuchung gingen Kuisma et al. der Frage nach, wie häufig das LAZARUS-Phänomen in Finnland auftrat. Es wurden 2.102 Patienten mit Herzkreislaufstillstand eingeschlossen, hierbei wurde in 1.376 Fällen eine Reanimation begonnen. In 840 Fällen wurde prähospital die Reanimation eingestellt (61%, cave: kein Fall von Hypothermie!). Während der sechsjährigen Beobachtungsphase trat das Lazarus-Phänomen bei insgesamt 5 Patienten auf. D.h. bei 5 Patienten (0,6%, 5/840) trat verzögert, aber binnen 10 min nach Beendigung von Reanimationsmassnahmen, eine Wiedereintritt einer spontanen Kreislauffunktion auf, so dass ein Puls (ROSC) zu tasten war. Der ROSC trat in 3 Fällen nach 3 min und jeweils in einem Fall nach 6 bzw. 8 min auf. Drei der Patienten mit LAZARUS-Phänomen verstarben an der Einsatzstelle in einem Zeitraum von 2 bis 15 min und zwei Patienten verstarben im Krankenhaus nach 1,5 bis 26 Stunden.


Was lernen wir aus dieser Kohortenstudie?

  • Das LAZARUS-Phänomen tritt mit einer Inzidenz von 6/1.000 Fällen nach Beendigung von Reanimationsmaßnahmen auf.
  • Kein Patient mit LAZARUS-Phänomen überlebte (in dieser Studie) langfristig dieses Ereignis.
  • 10 Minuten nach Beendigung einer Reanimation trat kein LAZARUS-Phänomen mehr auf. Die Empfehlung zur weiteren Monitorkontrolle über einen Zeitraum von 10 min nach Beendigung der Reanimation, unter Diskonnektion der Beatmung, erscheint sinnvoll.
  • Die Ursache für das LAZARUS-Phänomen ist weiterhin unklar, diskutiert werden hier:
    • Auto-PEEP (erst nach Diskonnektion der Beatmung wird der Auto-PEEP reduziert und es kann wieder ein Rückfluss zum Herzen stattfinden)
    • myokardiale Reperfusion
    • myokardiales Stunning
    • Alkalose
    • verzögerte Wirkung von (unter Reanimation gegebener) Medikamente

Warum ist das LAZARUS-Phänomen von Interesse?

Wird eine kardiopulmonale Reanimation beendet, so trifft dies alle an der Notfallversorgung Beteiligten gleichermassen. Wiederbelebungsversuche wurden beendet, eine traurige Nachricht muss den Angehörigen überbracht werden. Und dann passiert es: der Patient weist wieder einen Puls auf. Dies kann zu starker Verunsicherung im Team , negative Pressemitteilungen, gar juristische Auseinandersetzungen führen, und setzt vor allem ein psychologisches Trauma bei Rettern und Angehörigen. Wichtig ist zu wissen, dass es das LAZARUS-Phänomen gibt und dann professionell darauf zu reagieren. Ob wirklich jemand das Auftreten des LAZARUS-Phänomen neurologisch intakt überlebt ist unklar bzw. ist hierfür die Datenlage unbefriedigend. Jetzt haben Sie aber zumindest schon einmal von diesem Phänomen gehört.


Auch sehr interessant:

Wiese CHR, et al. Lazarus-Phänomen. Spontane Kreislauffunktion nach beendeten Reanimationsmaßnahmen. Anaesthesist 2017; 59: 333-341



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One thought on “Das LAZARUS-Phänomen

  1. Super spannend! Schon etwas älter, aber ggf. auch noch lesenswert:

    [Bradbury1999] Bradbury, N., Lazarus phenomenon: another case? Resuscitation, 1999. 41(1): 87.
    [dück2003] Dück, M.H., Paul, M., Wixforth, J., Kammerer, H., Das Lazarus-Phänomen – Spontane Kreislaufstabilisierung nach erfolgloser intraoperativer Reanimation bei einem Patienten mit Herzschrittmacher. Der Anästhesist, 2003. 52(5): 413-418.
    [Kamarainen2007] Kamarainen, A., Virkkunen, I., Holopainen, L., Erkkila, E.P., Yli-Hankala, A., Tenhunen, J., Spontaneous defibrillation after cessation of resuscitation in out-of-hospital cardiac arrest: A case of Lazarus phenomenon. Resuscitation, 2007. 75(3): 543-546.
    [Maleck1998] Maleck, W.H., Piper, S.N., Triem, J., Boldt, J., Zittel, F.U., Unexpected return of spontaneous circulation after cessation of resuscitation (Lazarus phenomenon). Resuscitation, 1998. 39(1-2): 125-128.
    [norman2008] van Normann, G., Ethical and Policyimplications of non-heart-beating cadaver organ donor, in Euroanaesthesia 2008, Eurpean Socitety of Anaesthesiology, Editor. 2008, Eurpean Socitety of Anaesthesiology, : Copenhagen, Denmark
    [wiese2007b] Wiese, C.H., Stojanovic, T., Klockgether-Radke, A., Bartels, U., Schmitto, J.D., Quintel, M., Graf, B.M., Intraoperatives „Lazarus-Phanomen“? : Spontane Kreislaufstabilisierung bei einem Patienten mit Herzschrittmacher. Der Anaesthesist, 2007.

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