PRES – Hypertensive Entgleisung mit Sehstörungen

PRESÜber den Notarztdienst wird Ihnen ein junger Mann aufgrund einer hypertensiven Entgleisung bei terminaler Niereninsuffizienz trotz bereits erfolgter Nierentransplantation mit bekannter reduzierter Compliance zugeführt.

Frage: Der Patient klagt über plötzlich aufgetretene Sehstörungen. Im MRT findet sich das beigefügte Bild. Was für eine Erkrankung liegt vor ? 

 

 

 


Antwort: Der Patient leidet unter einem Posterioren reversiblen Encephalopathie-Syndrom (PRES).

Lesen Sie zu diesem Thema das exzellente Review von Jennifer Fugate et al. aus der Mayo Clinic, Rochester, USA:

Fugate JE, Rabinstein AA. Posterior reversible encephalopathy syndrome: clinical and radiological manifestation, pathophysiology, and outstanding questions. Lancet Neurology 2015; 14: 914-925

Die zugrundeliegenden pathophysiologischen Veränderungen beim PRES sind noch nicht vollständig verstanden, jedoch scheint eine endotheliale Dysfunktion zugrunde zu liegen. Ursächlich soll eine endotheliale Verletzung sein, die bei einer raschen Blutdruckänderung (oberhalb der oberen Grenze der Autoregulation des zerebralen Blutflusses von 140-150 mmHg) oder der Einwirkung von Cytokinen auftritt, die Blut-Hirn-Schranke stört und nachfolgend zu einer Hyperperfusion mit vasogenem Hirnödem, insbesondere in der bilateralen parieto-occiptalen Region, führt. Dabei ist aber ein PRES nicht immer streng posterior lokalisiert und muss auch nicht immer reversibel sein, darüber hinaus tritt ein PRES in 15-20% bei normotensiven bzw. hypotensiven Patienten auf. Ein PRES tritt insbesondere bei Patienten mit Niereninsuffizienz, Blutdruckschwankungen, Nutzung von cytotoxischen Substanzen, autoimmunologischen Erkrankungen (50%), oder Prä-Eklapmise/Eklampsie auf.

Klinische Zeichen eines PRES können sein:

  • Encephalopathie (Verwirrtheit bis Stupor, 50-80%)
  • Krampfanfall (60-75%)
  • Kopfschmerzen (50%)
  • Sehstörungen, diverse (33%)
  • fokale neurologische Defizite (10-15%)
  • Status epilepticus (5-15%)

Diagnostische Algorithmus nach Fugate J et al.:

PRES_Algorithmus

Therapieansätze bei PRES:

  • Stabilisierung der Vitalfunktionen und vorsichtige Senkung einer schweren Hypertension (Reduktion des Blutdrucks um 25% in den ersten (2.) Stunden)
  • antiepileptische Therapie bei Krampfanfällen
  • ggf. Behandlung andere Ursachen des PRES (insbesondere immunsupprimierende Medikamente, autoimmunologische Erkrankungen)
  • cave: beachten Sie das Risiko auf intracerebrale Blutungen im Verlauf

Prognose: Die meisten Patienten erholen sich binnen 2-8 Tagen vollständig. 10-20% der Patienten behalten jedoch neurologische Defizite. Ein erneutes Auftreten von PRES erfolgt in 5-10% der Fälle.


Anbei noch der Hinweis auf zwei ganz aktuell im American Journal of Emergency Medicine publizierten Fälle zu PRES:

Miller AH, et al. Posterior reversible encephalopathy syndrome after bevacizumab treatment presenting to the ED as chest pain and headache. Am J Emerg Med 2016, doi: 10.1016/j.ajem.2016.02.033

Ho TS, et al. Hypertensive brainstem encephalopathy mimicking central pontine myelinolysis: A potential pitfall. Am J Emerg Med 2016, doi: 10.1016/j.ajem.2016.02.040


Bild: mit freundlichen Genehmigung von Dr. Peter Voigt, Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Leipzig.

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