Seit der CRASH-2-Studie hat sich Tranexamsäure (TXA) etabliertes Medikament in der Traumaversorgung etabliert. Allerdings wurden die anfänglich großzügige prähospitale Gabe spätestens mit der CALPAT-Studie auf blutende Traumapatientinnen im hämorrhagischen Schock reduziert, für die in der weiteren Versorgung Transfusionsbedarf angenommen wird. Rezent wurden immer häufiger Bedenken hinsichtlich möglicher Komplikationen, insbesondere thromboembolischer Ereignisse, im Rahmen der Versorgung schwerverletzter Patientinnen geäußert.
Deshalb hat sich eine Arbeitsgruppe der Frage nach diesen Risiken mit einer Auswertung des Traumaregisters DGU® angenähert.
Bayer, J., Kirchner, T., Lefering, R. et al.
Tranexamic acid in multiply injured patients–the independent risk of thromboembolic complications with repeated dosing: retrospective analysis based on the TraumaRegister DGU®.
Methoden
Eingeschlossen wurden mehrfachverletzten Patient*innen aus dem TraumaRegister DGU® der Jahre 2015–2019, die TXA während definierter Behandlungsphasen erhalten hatten. Analysiert wurden während des Krankenhausaufenthalts aufgetretene thromboembolische Komplikationen in Relation zu der Anzahl verabreichter Einzeldosen von Tranexamsäure durch.
Ergebnisse
Von insgesamt 37.342 Patientinnen, waren bei 1.151 (3,1 %) thromboembolische Ereignisse dokumentiert. Patientinnen ohne Behandlung mit TXA hatten eine Ereignisrate von 2,3 %, wohingegen die Gabe während der prähospitalen Versorgung bzw. im Schockraum die Inzidenz auf 4,8 % bzw. 5,2 % erhöhte. Die repetitive Applikation von TXA in zwei bzw. drei Dosen war mit einer weiter erhöhten Inzidenz von 8,5 % bzw. 8,2 % assoziiert. In einer multivariaten logistischen Regressionsanalyse konnten ein unabhängig assoziiertes Risiko für thromboembolische Komplikationen mit jeder zusätzlichen Gabe von Tranexamsäure gezeigt werden.
eine Applikation: Odds Ratio 1,56; p < 0,001
zwei Applikationen: Odds Ratio 1,79; p < 0,001
drei Applikationen: Odds Ratio 1,50; p = 0,113
Schlussfolgerungen
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Die vorliegende Studie zeigt eindrücklich, dass bei mehrfachverletzten Patientinnen mit jeder einzelnen Gabe von Tranexamsäure ein erhöhtes Risiko thromboembolischer Ereignisse verbunden ist.
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Daher muss vor der wiederholten Gabe von Tranexamsäure die Indikation (z.B. mittels viskoelastischer Tests) sorgfältig geprüft werden.
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Insbesondere bei Patientinnen, die mehrere Dosen TXA erhalten, ist die frühestmögliche Einleitung einer Thromboseprophylaxe wichtig, sobald die traumatisch bedingte Blutungsproblematik kontrolliert ist.
