Adrenalin besser i.v. als IO

In den letzten Jahrzehnten haben sich die Empfehlungen für die Art der Adrenalin-Applikation in den internationalen Reanimations-Leitlinien geändert, ohne dass Daten vorlägen, welche die Überlegenheit einer Applikationsform begründen. Heute wird die intraossäre Applikation als der intravenösen gleichwertig betrachtet. Ältere unter uns kennen noch die frühzeitige endobronchiale Gabe von Adrenalin bevor im Rahmen einer Reanimation ein intravenöser Zugang platziert werden konnte.

Die gerade publizierte ETIVIO-Studie ist eine Auswertung der Datenbank des Deutschen Reanimationsregisters (GRR), welche die Effekte von intravenöser (IV), intraossärer (IO) und endotrachealer (ET) Adrenalin-Applikation während der kardiopulmonalen Reanimation (CPR) bei außerklinischem Herz-Kreislauf-Stillstand (OHCA) vergleicht:

Monaco et al. Impact of the route of adrenaline administration in patients suffering from out-of-hospital cardiac arrest on 30-day survival with good neurological outcome (ETIVIO study). SJTREM 2023 31:14

Diese Registeranalyse basiert auf der GRR-Kohorte von 212.228 OHCA-Patienten im Zeitraum von 1989 bis 2020. Einschlusskriterien waren: OHCA, Applikation von Adrenalin und HLW außerhalb des Krankenhauses. Ausgeschlossen von der Studie waren Patienten unter 18 Jahren, Patienten mit Traumata oder Blutungen als vermutete Ursachen für den Kreislaufstillstand und unvollständige Datensätze.

Der klinische Endpunkt war die Entlassung aus dem Krankenhaus mit gutem neurologischen Ergebnis (CPC 1/2). Vier Apllikationswege von Adrenalin wurden verglichen:

  • IV (intravenös)
  • IO (intraossär)
  • IO + IV (intraossär und intravenös)
  • ET + IV (endobrochial und intravenös)

Entsprechend der o.g.Ausschlusskriterien wurden 37.106 vollständige Datensätze in die Analyse einbezogen. Diese Patienten hatten Adrenalin während der CPR über folgende Zugangswege erhalten:

  • 29.688 IV
  • 1.303 IO
  • 4.827 IO und IV
  • 276 ET und IV
  • 20 ausschließlich ET
  • 5 über ET und IO
  • 23 über eine Kombination aus ET, IO und IV

Für 964 Fälle war in der Datenbank kein Applikationsweg dokumentiert. Bemerkenswerterweise zeigen die ersten vier Gruppen mit ausreichend Daten (IV, IO, IO + IV, ET + IV) vergleichbare RACA-Scores um einen Mittelwert ± SD von 41,7 % ± 1,9, was darauf hindeutet, dass die Bedingungen vor der CPR vergleichbar waren.

Die matched-pair-Analyse im Hinblick auf das Behandlungsergebnis „Krankenhausentlassung mit CPC von 1 oder 2“ zeigte deutlich bessere Ergebnisse für die IV- im Vergleich zur IO-Applikation [Odds Ratio (OR): 2,43, 95 % Konfidenzintervall (95 % KI): 1,54–3,84, p < 0,01] und auch im Vergleich zur Kombination von IO + IV [OR: 1,33, 95 % KI: 1,12–1,59, p < 0,01] (Abb. 2).

Im Gegensatz dazu wurde kein signifikanter Unterschied zwischen IV und ET + IV gefunden [OR: 1,26, 95 % KI: 0,55–2,90, p = 0,59]

Darüber hinaus wurden ähnliche Wirkungen auch für die sekundären Endpunkte gefunden: jemals ROSC, Klinikaufnahme mit ROSC, 24h-Überleben, 30d-Überleben und Entlassung aus dem Krankenhaus.

Die Autoren schließen aus ihren Ergebnissen, dass Applikation von Adrenalin während der Reanimation bevorzugt intravenös erfolgen sollte, da die intraossäre Gabe von Adrenalin  weniger effektiv sein könnte.

Die endobronchiale Anwendung von Adrenalin hingegen könnte als Alternativroute wieder an Bedeutung gewinnen, obwohl sie 2010 aus den internationalen Richtlinien gestrichen wurde.

4 thoughts on “Adrenalin besser i.v. als IO

  1. Eigentlich ist die Aussage ja, dass Patienten eine bessere Prognose haben, wenn die Anlage eines iv-Zugangs gelingt. Der io-Zugang wird doch genutzt, wenn mehrere iv-Versuche erfolglos geblieben sind. In diesem Fall erfolgt die Adrenalingabe also verzögert. Möglicherweise kommt es im real-life durch die Anlage des io-Zugangs auch zu einer Ablenkung von den „Basismaßnahmen“. Überlegen kann man auch, ob es nicht auch schon von prognostischer Bedeutung ist, wenn bei Patienten keine Vene aufzufinden ist.

  2. Interessant wäre zu wissen, wo der i.o.-Zugang platziert war – Tibia oder Humerus. Eine Adrenalingabe in eine Tibia dürfte ähnlichen Erfolg bringen wie eine blaue Viggo im Fußrücken im Rahmen einer Reanimation.

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