Liegetrauma eine unterschätzte Krankheitsentität

LiegetraumaBisher fehlen Versorgungsdaten für Patienten mit Liegetrauma. In einer deskriptive retrospektive Analyse aller rettungsdienstlich mit einem Liegetrauma der Notaufnahme des Universitätsklinikums Köln von 07.2018 bis 12.2020 zugeführten Patienten gingen die Kollegen um Christoph Hüser dieser Krankheitsentität nach:

Hüser C et al. Liegetrauma: retrospektive Analyse einer Patientenkohorte aus einer universitären Notaufnahme. Med Klin Intensivmed Notfmed 2022, https://doi.org/10.1007/s00063-022-00912-w

Epidemiologische Charakteristika: 

  • Insgesamt konnten 50 Patienten mit Liegetrauma (Altersmedian 76 Jahre, Liegedauer im Median 13,5 h) im Untersuchungszeitraum identifiziert werden.

Ursache des Liegetraumas: 

  • Die zugrunde liegende Ursache für das Liegetrauma war in 40 % primär neurologisch (ischämischer Schlaganfall: 20 %, intrakranielle Blutung: 16 %, Epilepsie: 4 %), in 12 % eine Intoxikation und in 10 % ein häusliches Trauma.

Häufige assoziierte Diagnosen waren

  • Infektionen (52 %),
  • Traumafolgen (22 %),
  • Exsikkose (66 %),
  • akute Nierenfunktionsstörung (20 %),
  • schwere Rhabdomyolyse (Kreatininkinase ≥ 5000 U/l, 21 %) und
  • schwere Hypothermie < 32 °C (20 %).

Behandlungsergebnis: 

  • Insgesamt wurden 69 % der Patienten auf einer Intensivstation aufgenommen und die Krankenhausletalität betrug 50 %.

Schlussfolgerung der Autoren: 

Das Liegetrauma beschreibt einen Patientenzustand, bei dem infolge vielfältiger Ursachen plötzlich die eigenständige Mobilisierung und ein selbstständiges Hilfeholen verhindert werden und dadurch weitere Gesundheitsschäden entstehen. Bei diesem Syndrom sind Gewebsschäden als Folge des Liegens keine notwendige Voraussetzung für das Vorliegen eines Liegetrauma. Aufgrund der hohen Morbidität und Letalität sollten diese Patienten in einem nichttraumatologischen Schockraum aufgenommen werden.

Kernaussagen: 

  • Das Liegetrauma ist ein komplexes klinisches Bild, bei dem durch vielfältige Ursachen plötzlich die eigenständige Mobilisierung und ein Hilfeholen verhindert werden und dadurch weitere Gesundheitsschäden entstehen.
  • Ursächlich waren häufig neurologische Erkrankungen, gefolgt von Intoxikationen und Trauma für das Liegetrauma verantwortlich.
  • Patienten mit Liegetrauma zeigten in dieser limitierten Kohorte über die verschiedenen Ursachen hinweg eine hohe Morbidität und Letalität, die eine nichttraumatologische Schockraumversorgung indizieren.
  • Im Rahmen der innerklinischen Versorgung muss aktiv nach Infektionen, Hypothermie, Exsikkose, Nierenfunktions- und Säure-Basen-Störungen sowie Verletzungen/Muskelschäden gefahndet und diese therapiert werden.

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