S3 Leitlinie: Ambulant erworbene Pneumonie: Die Fakts Teil 4

Pneumonie4Im heutigen Teil zur S3 Leitlinien „Ambulant erworbenen Pneumonie“ geht es um die mikrobiologische Diagnostik:

Bei Patienten mit leichtgradigen, ambulant behandelbaren Pneumonien ist eine mikrobiologische Diagnostik im Regelfall nicht erforderlich. 

Bei allen wegen einer mittelschweren bis schweren Pneumonie hospitalisierten Patienten der Gruppen 1a und 1b soll eine Erregerdiagnostik erfolgen:

  • mindestens zwei Blutkulturpaare
  • Urin-Antigentest auf Legionellen
  • Sputumuntersuchung (wenn innerhalb von 2-4 Stunden für Gramfärbung und Kultur, wenn dies nicht möglich ist, soll eine Sputumuntersuchung unterlassen werden)

Hierbei muss beachtet werden, dass Blutkulturen nur bei 10-38% der Patienten positiv sind (cave: sicherste ätiologische Beweis bei Erregernachweis in Blutkulturen, daher bei positiven Blutkulturen auch intensive Überwachung der Patienten). Legionellen-AG-Test im Urin hat Sensitivität von 75% und Spezifität von 99-100%. Ergänzend kann ein Urinantigentest auf Pneumokokken zur Detektion einer Pneumonie durch Pneumokokken sowie ggf. zur Therapiefokussierung verwendet werden (Sensitivität: 76-82%, Spezifität: 97%). Molekulare Detektionsverfahren zum gleichzeitigen Nachweis von mehreren bakteriellen (z. B. S. pneumoniae, M. pneumoniae, C. pneumoniae, L. pneumophila) oder viralen Erregern (z. B. Influenza A/B, Parainfluenza, Rhinovirus, Adenovirus) d. h. sogenannte Multiplextests sollen nicht routinemäßig eingesetzt werden. Bei epidemiologischen Hinweise (Saison, Epidemie und Pandemie) sollte eine Untersuchung auf Influenza A/B erfolgen.


Häufige Erreger sind: Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae, Staphylococcus aureus.

Seltene Erreger sind: Enterobakterien (E. coli, K. pneumonie, Proteus mirabilis), Pseudomonas aeroginosa

Keine Erreger sind: vergrünende Streptokokken, Staphylococcus epidermidis, Enterokokken, Corynebakterien, Neisserien, Haemophilus spp., Candida spp.


Mykoplasmenpneumonien treten in weniger als 3% bei Patienten >60 Jahren auf.

Die S3 Leitlinie „Ambulant erworbenen Pneumonie“ führt noch zahlreiche weitere mikrobiologische und weitere Erregerverfahren auf.

Aber wie immer gilt: „Häufiges ist häufig und Seltenes ist selten“, denn durchaus kann bei entsprechender antimikrobieller Vortherapie auch Pseudomonas aeroginosa eine Pneumonie verursachen.


In die differentialdiagnostischen Überlegungen sind je nach individueller Situation auf Überwässerung, Aspirationen, nicht-infektiöse Infiltrate (zB Lungenembolie, interstitielle Lungenerkrankungen, Lungentumor) einzuschliessen. Ggf. müssen weitere diagnostische Verfahren und Laborwerte (zB BNP, Pro-BNP, 12-Kanal-EKG, Nierenwerte, U-Status, Urinsediment) durchgeführt werden.

Hier seien nur ein paar entsprechende Erkrankungen aufgeführt: pulmorenales Syndrom, Aspiration bei Alkoholkonsum/Bewusstseinsstörungen/neurologischen Erkrankungen, COPD). Eine Lungenembolie sollte bei Hinweisen auf eine tiefe Beinvenenthrombose, Immobilisation in den letzten 4 Wochen oder maligner Grunderkrankungen sowie einem disproportionalem Ausmass der Dyspnoe zu den pulmonale Infiltraten abgeklärt werden. Diagnostik der Wahl ist ein Angio-CT des Thorax (unter Beachtung der Nierenwerte, Jodallergie etc.).


Als Indikatoren der Prozessqualität sind folgende Parameter belegt worden:

  •  rasche Einleitung der antimikrobiellen Therieap
  •  Abnahme von Blutkulture
  •  Messung der Sauerstoffsättigung bei Aufnahme
  •  Einsatz eines validierten Instruments der Schweregraderfassung
  •  Gabe einer leitlinienkonformen antimikrobiellen Therapie

Bündel in der Behandlung der ambulant erworbenen Pneumonie 

  • CRB-65 (Schweregradbestimmung)
  • mindestens einmal tägliche Bestimmung der Vitalparameter Atemfrequenz, Blutdruck, Puls, Temperatur sowie der Sauerstoffsättigung bei allen hospitalisierten Patienten mit Schweregradkriterien
  • Formulierung eines lokalen Kurz-Standards der antimikrobiellen Therapie entsprechend der vorliegenden Leitlinie
  • Iiitiale Kombinationstherapie ß-Laktam/Makrolid bei Patienten mit schwerer ambulant erworbener Pneumonie
  • Gabe der antimikrobiellen Therapie binnen 8 Stunden (bei Patienten mit schwerer Pneumonie bzw. schwerer Sepsis/septischem Schock möglichst binnen einer Stunde)
  • rasche Flüssigkeitstherapie, Ausgleich einer Elektrolytstörung und Hyperglykämie, Thromboseprophlaxe, Evaluation instabiler Komorbiditäten v. a. kardialer Art
  • tägliche Bestimmung der Stabilitätskriterien und Verlaufskontrolle des CRP oder PCT innerhalb von 3-4 Tagen nach Beginn der antimikrobiellen Therapie zur Überprüfung des Therapieansprechens bei stationären Patienten
  • Protokoll zur Sequenztherapie und Beendigung der antimikrobiellen Therapie; z. B. prospektive Anordnung der Therapiedauer und –applikation in der Kurve
  • Suche nach Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankung

Als erforderliche strukturelle Maßgaben für Pneumonie-Bündel werden aufgeführt:

  • schriftliche Hinterlegung des Bündels, des CRB-65, des Kurz-Standards sowie der Stabilitätskriterien im Intranet sowie zusätzlich Hinterlegung als Ausdruck in Notaufnahmen
  • Ausstattung aller Stationen mit Pulsoximetrie-Geräten oder anderen Monitor-Geräten, die geeignet sind, die Sauerstoffsättigung zu bestimmen
  • Formulierung von Regeln des Entlassungsmanagements (vor allem Früherkennung sozialmedizinischer Probleme)
  • regelmäßige Schulungen aller mit der Behandlung von Patienten mit ambulant erworbener Pneumonie befassten Ärzte und Pflegenden
  • regelmäßige Auditierung und Besprechung der Audit-Ergebnisse

Bild: mit freundlichen Genehmigung von Dr. Peter Voigt, Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Leipzig.

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