S3 Leitlinie: Ambulant erworbene Pneumonie: Die Fakts Teil 2

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Nach Teil 1 der Fakts zur S3 Leitlinien „Ambulant erworbenen Pneumonie“ mit Begriffsdefinitionen und klinischer Untersuchung, nun zur weiteren Diagnostik:

Welche Diagnostik bei ambulant erworbener Pneumonie?

  • „Bei klinischem Verdacht auf eine ambulant erworbene Pneumonie sollte eine Röntgenthoraxaufnahme angefertigt werden.“
  • „Die Thoraxsonographie kann für die Detektion pulmonaler Infiltrate zum Einsatz kommen, wenn eine Röntgenthoraxaufnahme nicht zeitnah verfügbar ist.“

Gemäss der S3 Leitlinie „Ambulant erworbene Pneumonie“ wird zur Sicherung der Diagnose der Nachweis eines Infiltranten in einem bildgebenden radiologischen Verfahren gefordert. Beim klinischen Verdacht soll daher ein Röntgenthorax durchgeführt werden zum Nachweis der Befundausdehnung (mono-multilobuläre Infiltrate, uni-bilaterale Infiltrate), Begleiterkrankungen (zB Herzinsuffizienz) und Komplikationen (zB Pleuraerguss, Abszedierung).

Manchmal wird man auch von anderen Befunden (zB Tuberkulose, Lungentumoren) überrascht. Interessant in diesem Zusammenhang scheint der Verweis der S3 Leitlinie darauf, dass ein Röntgenthorax im Zeitraum <4 h nach Krankenhausaufnahme

  • zur rascheren Diagnosestellung,
  • rascherem Zugang zur antimikrobiellen Therapie und
  • zu kürzeren Verweildauer führt.

Aber cave: Nicht in jedem Fall findet sich initial ein Infiltrat im Röntgenthorax.

Auch die Thoraxsonographie ist geeignet Infiltrate und Komplikationen (zB Pleuraergüsse) zu erkennen. Nachteilig ist die begrenzte Eindringtiefe des Schalls in den Thorax, so das ggf. zentrale Infiltrate nicht  erfasst werden. Darüber hinaus ist das Verfahren sehr von der Erfahrung des Anwenders abhängig. Vor diesem Hintergrund wird in der S3 Leitlinie angeführt, dass ein Thoraxsonographie (alleinig) nur dann zur Anwendung kommen soll, wenn ein Röntgenthorax zeitnah nicht verfügbar ist.


Ärztliche Entscheidung zum Behandlungssetting – Risikostratifizierung:

Ziel der Risikostratifizierung ist es Patienten zu detektieren, die sicher ambulant behandelt werden können und solche, die eine stationäre Krankenhausaufnahme oder gar eine intensivere stationäre Überwachung (IMC) oder gar Intensivtherapie (ICU) benötigen.

Risikoscore in der Notaufnahme – CRB65:

  • Atemfrequenz >29/min
  • diatonischer Blutdruck <61 mmHg oder systolischer Blutdruck <90 mmHg
  • Vigilanzlage (Bewusstseinstrübung)
  • Alter > 64 Jahre

Pro Aufzählungspunkt wird bei Verneinung „0“ und bei Bejahung „1“ Punkt gegeben. Bei einem Summenscore der CRB65 lag die Letalität der Patienten bi 0-2% (CAPNETZ-Kohorte, u.a.). Bei 1-2 Punkten betrug die Letalität 6-13% und bei 3-4 positiven Kriterien 23-34%. Ergänzt werden muss der CRB65 durch die Beurteilung des funktionellen Status (Versorgungssituation/fehlende häusliche Versorgung, chronische Bettlägrigkeit), Evaluation potentiell instabiler Kormorbiditäten (zB kardiale, zerebrovaskuläre, renale, hepatische, onkologische Erkrankungen, Diabetes mellitus) und die vorliegende Oxygenierung (pulsoxymerische Sauerstoffsättigung >90% oder Blutgasanalyse). Hierzu gehört auch eine klinisch Reevaluation und eine Laktatbestimmung bei Hypoperfusion.

Die S3 Leitlinie führt folgende Kernaussage zum ambulanten Verbleib an:

Patienten, die nach klinischer Einschätzung des Arztes stabil erscheinen und auf die folgende Kriterien zutreffen: CRB-65 = 0, ausreichende Oxygenierung (SaO2 > 90%) und fehlende Hinweise auf instabile Komorbiditäten sollen ambulant behandelt werden, sofern keine Komplikationen vorliegen oder soziale Faktoren eine stationäre Aufnahme erforderlich machen. Für Patienten mit Residenz im Seniorenheim und / oder schlechter Funktionalität (Gruppe 1b) gelten zusätzliche Überlegungen, ebenso für Patienten mit palliativem Therapieziel (Gruppe 2). Im Falle einer Entscheidung für eine ambulante Behandlung soll eine Reevaluation der Patienten nach 48 (-72) h erfolgen, da eine klinische Verschlechterung häufig in diesem Zeitraum eintritt. 


Risikofaktoren für die Notwendigkeit einer Intensivstationstherapie (wenn Patient nicht bereits intubiert und beatmet ist und/oder eine Katecholamintherapie erhält, dies sind MAJOR-Kriterien) wird anhand der MINOR-Kriterien des ATS/IDSA evaluiert:

  •  schwere respiratorische Insuffizienz (paO2 <56 mmHg)
  • Atemfrequenz > 29/min
  • multilobuläre Infiltrate (Röntgenthorax)
  • neu aufgetretene Bewusstseinsstörung
  • Hypotension mit Notwendigkeit einer aggressiven Volumentherapie
  • akutes Nierenversagen (Harnstoff-N > 19 mg/dl)
  • Leukopenie (<4000/mm3)
  • Thrombozytopenie (<100.000/mm3)
  • Hypothermie (Temp <36,0°C)

Bei >2 MINOR-Kriterien waren in 79% eine maschinelle Beatmung und/oder in 82% eine Katecholamintherapie notwendig. Hier ist eine umgehende individualisierte Volumentherapie und umgehende adäquate initiale antimikrobielle Therapie notwendig. Eine Beatmungspflichtigkeit muss sorgsam geprüft werden.


Sie wollen weitere interessante FAKTs zur S3 Leitlinie Ambulant erworbene Pneumonie wissen: In Kürze folgte Teil 3 dieser Serie.

Teil 1 der S3 Leitlinie finden Sie hier.


Beachten Sie hierzu auch die Neuen Definition der Sepsis und des Septischen Schocks (Video, Video, sSOFA Online Calculator)


Bild: mit freundlichen Genehmigung von Dr. Peter Voigt, Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Leipzig.

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