Aneurysmatische SAB – Ein Update

Einsatzmeldung „Plötzliche Kopfschmerz“, Ankunft an der Einsatzstelle: 42-jährige Patientin, die unter Ihren Händen langsam eintrübt, rasche Initiierung von Notfallnarkose, endotrachealer Intubation und Beatmung sowie Zuführung der Patientin unter Anmeldung eines Schockraum in der Zentralen Notaufnahme der nächsten geeigneten Klinik mit neurologischer/-chirurgischer/-radiologischer Fachexpertise. Nach innerklinischer Schockraumversorgung und CT-gestützter Bildgebung steht die Diagnose fest: „aneurysmatische SAB“ … Wie wird es  ausgehen?

Petridis AK, et al. Aneurysmatische Subarachnoidalblutung. Diagnostik und Therapie. Dtsch Arztebl Int 2017; 114(13): 226-36; DOI: 10.3238/arztebl.2017.0226 (PDF)


  • Die aneurysmatisch bedingte akute subarachnoidale Blutung (SAB) ist eine Erkrankung, die trotz stetiger Verbesserung in der Therapie und einer Reduktion der Letalität aktuell immer noch mit einer hohen Letalität (>30 %) assoziiert ist.
  • 10-25% der Patienten mit aneurysmatischer SAB versterben bereits am Einsatzort oder auf dem Transport ins Krankenhaus
  • rund 30% der Patienten bleiben nach dem Ereignis dauerhaft pflegebedürftig
  • nur etwa 30 % aller SAB-Patienten sind nach ihrer Erkrankung wieder in der Lage selbstständig den Alltag zu meistern
  • Langzeitfolgen: Hydrocephalus mit Notwendigkeit der Liquordrainage, Rezediv-SAB 2-3% binnen 10 Jahre, 30% Anosmie, 60% Persönlichkeitsveränderungen, Epilepsie
  • Epidemiologie:
    • Inzidenz der SAB: 2–22/100.000 Einwohner
    • Prävalenz etwa 2 %
    • 60% der Fälle im Alter von 40-60 Jahren
  • häufigste Ursache für eine basale akute SAB: Ruptur eines zerebralen Aneurysmas
  • Ursache zur Entstehung der Aneurysmen: unbekannt
    • 90% aller Aneurysmen <1 cm: relativ geringes Rupturrisiko
    • seltenere Ursachen sind pathologische Gefäßveränderungen wie arteriovenöse Malformationen oder Fisteln, Vaskulitiden, arterielle Dissektionen, venöse Thrombosen, Tumoren oder Drogenabusus
  • Lokalisation:
    • 80–90% im sog. vorderen Hirnkreislauf (A. carotis interna, A. cerebri anterior und A. cerebri media und deren Äste)
    • 10–20% im hinteren Kreislauf (A. vertebralis, A. basilaris, A. cerebri posterior und deren Äste)
  • Nichtrupturierte Aneurysmen
    • i.d.R. keine klinischen Symptome
    • in 5% Krampfanfälle oder bei großen Aneurysmen durch thrombembolische Ereignisse oder einen zunehmenden Masseneffekt (z.B. Okulomotoriusparese).
  • Risiko für Aneurysmaruptur (durch Progression der Größe des Aneurysma):
    • arterielle Hypertension, Nikotinabusus, Alkoholkonsum
  • Klinisches Leitsymptom einer akuten SAB:
    • plötzliche massive Kopfschmerz (Vernichtungskopfschmerz): Hinweis durch Stärke & akute Auftreten, auch Patienten mit chronischen Kopfschmerzen schildern diesen plötzlichen und starken Charakter
    • Zeichen einer meningealen Reizung (Meningismus, Lichtscheu)
    • Zeichen eines erhöhten Hirndrucks (Übelkeit und Erbrechen; Bewusstseinseintrübung bis hin zum Koma)
    • Krampfanfälle
    • Viilanzstörung (Bewusstseinsstörung/Koma)
    • fokale neurologische Defizite (durch Hirnnervenläsionen, Parenchymeinblutungen oder fokalen Ischämien)
  • Klassifikationen nach Hunt und Hess sowie der World Federation of Neurosurgical Societies (WFNS), s. Tabellen im PDF (Open Access)
  • sonstige Symptome:
    • 10 % intraokulären Blutungen (kleinere lineare präretinale subhyaloide Blutungen in der Nähe des N. opticus, Einblutung in den Glaskörper (Terson-Syndrom)
    • Kardiale Komplikationen: erhöhte Katecholaminausschüttung mit Myokardnekrosen und myokardialer Dysfunktion: 90 % aller Patienten SAB weisen EKG-Auffälligkeiten auf,  teilweise nur schwer von EKG-Zeichen eines Myokardinfarktes zu unterscheiden, ST-Strecken-Veränderungen, Arrhythmien, QT-Strecken-Verlängerungen
    • Folge der kardialen Belastung sind Hypotonie, pulmonalen Hypertension, Lungenödems
    • Elektrolytstörungen (30%)
      • Salzverlustsyndrom („cerebral salt wasting“): hypovoläme Hyponatriämie
      • Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH oder Schwartz-Bartter-Syndrom)
      • Ein Salzverlustsyndrom führt zur Hyponatriämie: euvoläme Hyponatriämie
  • Initiale Diagnostik: native cerebrale Computertomographie (CCT): annähernd 100 %ige Sensitivität und Spezifität
    • Risiko: sehr kleine akute subarachnoidale Blutung („minor leak“) sind ggf. im CCT nicht detektierbar
    • daher bei CCT negativ und dringendem V.a. SAB: Lumbalpunktion zum Nachweis von subarachnoidalem Blut , Dreigläserprobe: Reliabilität umstritten. Bilirubinbestimmung im Liquor sowie der Nachweis von Siderophagen können selbst eine schon mehrere Wochen zurückliegende akute SAB nachweisen, LP auch zur DD Meningitis
    • ggf. Magnetresonanztomographie (MRT)
    • Goldstandard-Methode zur Detektion von zerebralen Aneurysmen als Blutungsquelle einer basalen SAB: digitale Subtraktionsangiographie (Risiko:  Gefahr einer erneuten Aneurysmaruptur (1-2%) und neuen neurologischen Ausfällen (1,8%)
  • Pathophysiologische Aktveränderungen:
    • Steigerung des intrakraniellen Drucks
    • akute Hydrocephalus
    • intracerebrale bzw. subdurale Hämatome
    • erneute Ruptur eines nicht behandelten Aneurysma: 15% innerhalb von 24 Stunden), Letalität 70-90%
  • Zerebrale Aneurysmen können endovaskulär mit Coiling (50-85%) oder mikrochirurgisch mit Clipping ausgeschaltet werden.
  • Sontiges Notfallmanagement:
    • Monitoring (SpO2, RR, EKG)
    • Vigilanzkontrolle inkl. GCS, Pupillenstatus, fokale neurologische Defizite
    • Zielblutdruck: RR syst. 100-140 mmHg (Blutdruckeinstellung mit Urapidil, Clonidin und Calziumanatgonisten, nicht empfohlen: Natriumnitroprussid)
    • endotracheale Intubation, Beatmung und Notfallnarkose ab GCS ≤12 (!)
    • 12-Kanal-EKG
    • Labor- und Blutgasanalyse, Blutzucker
    • Schmerztherapie (z.B. Dexamethason, Paracetamol, Morphin)
    • Bettruhe
  • Die SAB ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die einer sofortigen Diagnose, Verlegung in ein neurovaskuläres Spezialzentrum und einer umgehenden Therapie bedarf.

Der Artikel bietet weitere Hinweise für die stationäre und intensivmedizinische Therapie inkl. Blutdruckmanagement, Ulkusprophylaxe, Prophylaxe defäkationsassoziierte Hypertonie, Stressreduktion. Lesen Sie den ganzen Artikel unter: PDF


Abb: SAB bei größerem Mediabifurkationsaneurysma re. mit freundlichen Genehmigung von Dr. Peter Voigt, Abteilung Neuroradiologie, Universitätsklinikum Leipzig.


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One thought on “Aneurysmatische SAB – Ein Update

  1. Ein schön aufbereitetes Thema.
    Ein SAB verändert für einen selbst aber auch für die Angehörigen alles. Gerade die 21 Tage nach der Hirnblutung und die möglicherweise auftretenden Vasospasmen sind extrem hart. Hinzu kommt die Persönlichkeisveränderung, welche aus meiner Sicht nachvollziehbar ist nach dieser Nahtoderfahrung.

    Aber es sollte immer wieder darauf hingewiesen werden, dass obwohl es sich hierbei um etwas wirklich schlimmes handelt, so kann es natürlich auch sehr Glücklich enden und ein Mensch komplett wieder genesen und zurück in den Alltag finden mit allen Freuden dieser Welt. Dies ist extrem wichtig, einem dies vor Augen zu führen.

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