Aktuelle Literatur zur akuten Herzinsuffizienz

Herzinsuffizienz3Die akute Herzinsuffizienz ist die häufigste Ursache einer Krankenhausaufnahme bei Patienten >65 Jahre, und die Letalität dieser Patienten ist hoch. Zahlreiche Publikationen erscheinen jedes Jahr zu diesem Thema und es bleibt die Qual der Wahl, welche Publikation  man lesen sollte?
Anbei finden Sie eine Auswahl an sehr interessanten deutsch- und englischsprachigen Publikationen, die Ihnen den Zugang zu diesem Thema sehr erleichtern und gleichermaßen eine gute Anleitung zur Initialdiagnostik und -therapie im Rettungs- und Notarztdienst und in der Zentralen Notaufnahme geben können.

Abhängig von lokalen Standard Operation Procedures und interdisziplinär entwickelten Patientenpfaden geben diese Publikationen aber auch eine Hilfestellung, welche Patienten auf eine Intensivstation aufgenommen werden sollten und welche Patienten nach Initialtherapie und Stabilisierung in der Zentralen Notaufnahme auf Normalstation verlegt werden können.


Nachfolgend einige interessante Punkte aus dem Positionspapier von Beygui et al. (Auszug):

Beygui F, et al. Pre-hospital management of patients with chest pain and/or dyspnoea of cardiac origin. A position paper of the Acute Cardiovascular Care Association  (ACCA) of the ESC. European Hearth Journal: Acute Cardiovascular Care 2015, online, DOI: 10.1177/2048872615604119, (PDF)

Prähospitale Risikobewertung / Beurteilung der Vitalfunktionen (z.B. Zeichen des kardiogenen Schocks):

  • Herzfrequenz >130/min oder <40/min
  • Blutdruck systolisch <90 mmHg
  • Atemfrequenz >25/min
  • Sauerstoffsättigung (SpO2) <90%
  •  EKG-Beurteilung: z.B. ventrikuläre oder supraventrikuläre Tachykardien, Bradykardien, Ischämiezeiche (STEMI, NSTEMI)

Prähospitale Versorgung bei fehlendem kardiogenem Schock:

  • Sauerstoffgabe mit dem Ziel eines SpO2 >94%
  • sublinguale oder intravenöse Gabe von Nitraten (nach Blutdruck)
  • intravenöse Gabe von Diuretika (z.B. Furosemid)

Prähospitale Versorgung bei kardiopulmonaler Insuffizienz:

  • nicht-invasive Beatmung (NIV, unmittelbar wenn respiratorische Insuffizienz vorliegt)
  • invasive Beatmung (wenn NIV nicht erfolgreich oder Kontraindikationen gegen NIV)
  • inotrope oder vasopressorische pharmakologische Therapie
  • ggf. Therapie der Ursache:
    – Kardioversion bei hämodynamisch/neurologisch relevanter ventrikulärer Tachykardie
    – antiarrhythmische Therapie bei hämodynamisch stabiler vertikalerer Tachykardie
    – intravenös Atrophien und/oder Isoprenalin und/oder externer Schrittmacher bei schwerer Bradykardie
    – spezifische Behandlung eines STEMI oder NSTEMI
    – Transport in ein Krankenhaus mit entsprechender Kompetenz und Schockraum bzw. Intensivstation (ggf. Zentren mit der Möglichkeit von Kreislaufunterstützungsverfahren)

Anbei einige interessante Punkte aus dem exzellenten Artikel von Hummel et al. (Auszug):

Hummel A, et al. Akute und akut rekompensierte chronische Herzinsuffizienz. Dtsch Arztebl Int 2015; 112: 298–310, DOI: 10.3238/arztebl.2015.0298 (PDF)

  • Prävalenz der Herzinsuffizienz: 1-2% (eine der häufigsten Erkrankungen im Erwachsenenalter in Europa)
  • 1-Jahres-Letalität der akuten Herzinsuffizienz : 20-30%
  • Definition Herzinsuffizienz: Pathophysiologisch besteht eine Unfähigkeit des Herzens, den Blutbedarf der Gewebe bei normalem kardinalem Füllungsdruck zu gewährleisten.
  • bei der akute Herzinsuffzienz unterscheidet man die „de novo“ neu aufgetretende akute Herzinsuffizienz und die akut dekompensierte chronische Herzinsuffizienz
  • auslösende Ereignisse: 1/3 Arrhythmien, 1/3 Klappendysfunktionen und 1/3 akute kardinale Ischämien (darüber hinaus: Myokarditiden, Hypertension, akute Lungenembolie, Herzbeuteltamponade u.a.)
  • Natrium- und Wasserretention sind bedeutende Komponenten der Herzinsuffizienz und führen zum Leitsymptom „Dyspnoe“ und zu Ödemen
  • ADHERE-Register: 89% Luftnot, 68% pulmonale Rasselgeräusche, 66% periphere Ödeme
  • weitere klinische Untersuchungsbefunde: Pleuraergüsse, dritter Herzton (S3), Tachykardien, gestaute Halsvenen, cave: Herzgeräusche als Hinwies auf Klappenvitien
  • Weiteres Vorgehen: s. Algorithmus unten
  • Basisdiagnostik: EKG, Röntgenthorax in 2 Ebenen, Echokardiographie, Labor (Blutbild, Serumelektrolyte, Nierenwerte (Crea, HST, GFR), Albumin, TSH, BNP oder pro-BNP, Troponin)
  • Vitalfunktionen (engmaschige Kontrolle): Blutdruck, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung, Urinausscheidung
  • Echokardiographie ist das wichtigste bildgebende Verfahren: Klappenvitien, Perikarderguss, Größenverhältnisse der Herzhöhlen, globale und regionale Wandbewegungsstörungen
  • Therapiemassnahmen
    – Sauerstoffgabe (s.o., NIV, ggf. invasive Beatmung)
    – intravenös Furosemid (durch prospektive Studien nicht gut belegt, ggf. sequentielle Nephronblockade, Datenlage: z.B. DOSE-, UNLOAD-, CARRESS-, ESCAPE-Studie)
    – Vasodilatantien: bei Patienten mit RR syst. >110 mmHg z.B. Nitroglycerin oder Nitroprussidnatrium (cave: relative Kontraindikation bei schwerer Aorten- oder Mitralstenose), Nitroprussidnatrium nur unter invasiver Blutdruckmessung („Arterie“)
    – Opioide fraktioniert bei Angst und Dyspnoe (unter Monitoring)
    – ggf. inotrope oder vasopressorische pharmakologische Therapie bei Hypotension (kardiogener Schock, s. Algorithmen im Artikel).

Hummel_DtschÄrztebl2015


Viel Spaß beim Lesen und einen hohen Wirkungsgrad!

Ergänzende Literatur:

  • Braunwald E. The war against heart failure: the Lancet lecture. Lancet 2015; 385: 812-824
  • Brecht A, et al. Diastolische Herzinsuffizienz. Kardiologe 2015; 9: 315-328
  • Henes J, et al. Systolic heart failure: diagnosis and therapy. Curr Opin Anaesthesiol 2016; 29: 55-60
  • Hüfner A, et al. Notfalldiagnostik und therapeutisches Management der akuten Dyspnoe. Med Klin Intensivmed Notfmed 2015, online, DOI 10.1007/s00063-015-0084-1
  • Martindale LJ, et al. Diagnosing acute heart failure in the emergency department: A systematic review and meta-analysis. Acad Emerg Med 2016; online
  • Mebazza A, et al. Acute heart failure and cardiogenic shock: a multidisciplinary practical guidance. Intensive Care Med 2016; 42: 147-163
  • Peacock WF, et al. Considerations for initial therapy in the treatment of acute heart failure. Critical Care 2015; 19: 399 (PDF)
  • Roberts E.  The diagnostic accuracy of the natriuretic peptides in heart failure: systematic review and diagnostic meta-analysis in the acute care setting. BMJ 2015; 350: h91

Foto: mit freundlicher Genehmigung des W.D. Trotter Anatomy Museum, University of Otago, New Zealand, with special thanks to Chris Smith.

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