17 Jahre bis zur Umsetzung von Forschungsergebnisse in die klinische Praxis

In einem Editorial beschreibt Rita Rubin, dass es im Durchschnitt 17 Jahre dauert, bis Studienergebnisse die klinische Praxis verändern. Das aufkeimende Feld der Implementierungswissenschaft versucht, die Dinge zu beschleunigen:

Rubin R. It Takes an Average of 17 Years for Evidence to Change Practice – the Burgeoning Field of Implementation Science Seeks to Speed Things Up. JAMA 5. April 2023

Früher ist man davon ausgegangen, dass es „Von bench to bedside“ 10 Jahre dauert, neuere Forschungsergebnisse haben aber gezeigt, dass es doch eher 17 Jahre sind. Diese Erkenntnis bedeutet aber, dass man (1) einen wirklich langen Atem benötigt, bis (die eigenen) Forschungsergebnisse die klinische Praxis verändern, und (2) Strategien geschaffen werden müssen, um die „Lücke“ rascher zu schliessen.

Die Kenntnis um neue Forschungsergebnisse sind dabei schon mal ein wichtiger Schritt. Lesen bildet bzw. lesen wissenschaftliche Literatur hilft die eigene klinische Tätigkeit zu modifizieren. Wir alle können somit einen wichtigen Beitrag leisten, um Wissen auf die Straße zu bringen.

Ein Beispiel hierfür ist die prähospitale Sonographie: Der aktuelle DIVI Präsident Professor Felix Walcher hat bereits 2006 eine vielbeachtete und innovative Studie zur Anwendung der prähospitalen Sonographie bei Traumapatienten durchgeführt und in einem anerkannten Fachjournal publiziert:

Walcher F, et al. Prehospital ultrasound imaging improves management of abdominal trauma. Br J Surg 2006 Feb;93(2):238-42. doi: 10.1002/bjs.5213.

Trotzdem ist die prähospitale Sonographie auch heute noch auf dem Weg der Implementierung in der Präklinik, auch wenn die aktuelle S3 Leitlinie Polytrauma/Schwerverletzenversorgung genau den richtigen Weg geht, um diese prähospitale Sonographie weiter zu professionalisieren.

Ein anderes Beispiel ist die prähospitale Kapnographie. Professor Matthias Helm hat bereits vor 20 Jahren dazu publiziert:

Helm, M et al L. Tight control of prehospital ventilation by capnography in major trauma victims. British Journal of Anaesthesia 90, 327–332 (2003)

Unbestritten ist dies die wichtigste Maßnahme zur Sicherstellung einer korrekten Tubuslage und für eine zielgerichtete Normoventilation. Zahlreiche auch deutsche Leitlinien weisen auf die Relevanz der Nutzung der Kapnographie hin, um Todesfälle aufgrund von Fehlintubationen oder Minderventilation zu verhindern. Aber auch hier gibt es immer wieder Hinweise auf eine unzureichende oder fehlende Anwendung. Dies sind nur einige wenige Beispiele für die Probleme mit der Implementierung und Leitlinienadhärenz.

Also nicht entmutigen lassen, sondern vielmehr kontinuierlich und energiegeladen weiter an den einzelnen wissenschaftlichen Projekten arbeiten, denn nur so werden die „PS“ auf die Strasse gebracht.

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