Heute beschäftigen wir uns mit dem Teil 2 zu Alten & Neuen Drogen von Desel et al. des Giftinformations-zentrums Nord an der Universitätsmedizin Göttingen :
Desel H, et al. Alte und neue Drogen – Vorgehen im Notfall. Anästh Intensivmed 2016; 57: 182-194
Hyoscyamin- oder Scopolamin
- Hyoscyamin- und Scopolamin sind toxische Tropanalkoide, enthalten in vielen Nachtschattengewächse (zB Bilsenkraut, Tellurische, Stechapfel, Engelstrompete)
- Hyoscyamin wird durch Aufkochen in Atropin umgewandelt
- anticholinerge Toxidrom: Zeichen der zenralvenösen Erregung: Euphorie, Dysphorie, Orientierungsstörungen, optische und taktile Halluzinationen, Risiko durch Unfallgefahr und Aspiration
- Zeichen: Mydriasis, trockene Haut, Tachykardie, ggf. Hyperthermie
- Nachweis nur durch toxikologische Spezialuntersuchungen
- Therapie: Reizabschirmung, bei Delir: zentral wirksames Antidot mit Physiostigmin (initial 2 mg i.v.), alternativ Sedierung mit Benzodiazepin
- Differentialdiagnose: Alkoholentzugsdelir (Schweissneigung), Intoxikationen mit anderen anticholinergen Toxidromen: Antidepressiva und Neuroleptika vom Phenothiazin-Typ (cave: hier Phenytoin relativ Kontraindiziert wegen ventrikulären Rhythmusstörungen)
Kokain
- geschnupft und geraucht
- zentralnervöse Erregung: Tachykardie, Hypertonie, cave: kardiale und mesenteriale Ischämien, generalisierte Krampfanfälle
- Risiko: Bodypacker
- Therapie: Reizabschirmung, Sedierung mit Benzodiazepinen, Vermeidung von Betablocker und Calciumantagonisten, antihypertensive Therapie mit Glyceroltrinitrat
- Hinweis: Kokain wird häufig mit Lidocain gestreckt, hier tritt dann Krampfanfälle, zentralnervöse Dämpfung, Herzrhythmusstörungen auf
Amphetamine
- indirekt wirkendes Sympathomimetikum mit zentralnervöser Wirkkomponente
- Wirkung: Leistungssteigerung und Rauschwirkung
- besondere Situation bei Methampehtamin (Crystal) mit besonders hohem Abhängigkeitspotential, cave: hohes Risikopotential für Helfer/medizinisches Personal aufgrund von Unberechenbarkeit und Aggressionen
- häufig körperliche Erschöpfungszustände und Dehydrierung, Angstreaktionen, in Fallserien wurde Hyponatriämien beschrieben mit typischer Symptomatik (zB Kopfschmerz, Übelkeit, Bewusstseineinschränkung)
- Therapie: Volumensubstitution, Reizabschirmung, auch mittels Sedierung mit Benzodiazepinen, ggf. Bettblocker (zB Metoprolol fraktioniert)
Liquid Ecstasy
- Wirkstoff: Gammahydroxybuyrat, Gammabutyrolacton, Agonist am GABA(B)-Rezeptor und andern neuronalen Rezeptorsystemen
- GHB unterliegt Betäubungsmittelgesetz
- heute häufig in flüssiger Form vorliegend
- Wirkung: Euphorie, zentral dämpfend bis narkotisch, „off-on“-Phänomen (d.h. eben noch komplett bewusstlos mit GCS 3 und dann sofort wach und kommunikativ), mässiggradige Bradykardie
- Nachweis erfolgt über Spezialtest (s. Drogies et al. Human Exp Toxicology 2015, DOI: 10.1177/0960327115606790)
- Therapie: symptomorientiert, kein Antidot verfügbar, Hämodialyse möglich bei intakter Nierenfunktion aber nicht notwendig
- bei V.a. Fremdbeibringung („k.o.-Tropfen“): früh Material asservieren (Blut und Urin) und Patienten raten eine Anzeige bei der Polizei zu machen
Cannabis
- orale Aufnahme, rauchen
- Gefäßinjektion der Konjunktiven, Verwirrung- oder Angstzustände, selten psychotische Reaktion, Depersonalisierung
- ggf. in Drogentest lange nachweisbar
- Therapie: Reizabschirmung, ggf. Benzodiazepine
Benzodiazepine
- Benzodiazepine und andere pharmakologisch verwandelte Substanzen wie Zopiclon, Zolpidem, Zaleplon
- zentralnervös dämpfende Wirkung durch Verstärkung des Neurotransmitter GABA
- oft suizidal p.o. eingenommen, gelegentlich iv-injeziert
- falsch positive Befunde bei Einnahme von Metamizol
- meistens kein Antidot notwendig, wenn doch dann Flumazenil mit 0,2 mg i.v. als Bolus und weitere Gabe von 0,1 mg i.v.
- cave (1): Entzugssymptome bei Benzodiazepinabhängigkeit
- cave (2): bei Mischintoxikation mit potentiell krampfschwellensenkenden Medikamenten wie trizyklische Antidepressiva
- cave (3): Antidot Flumazenil hat kürzer Wirkdauer als die Benzodiazepine selbst
Neuartige psychoaktive Substanzen (NPS)
- Badesalze, „plant food“, „research drugs“, „legal highs“
- Pulver, Tabletten,
- unerwartete körperliche Wahrnehmung, starke Angst, ausgeprägte Sympathikusaktivierung, Krampfanfälle
- leichte Symptome benötigen keine Therapie
- cave: Aggressivität gegen den eigenen Körper und gegen andere Personen
- drogeninduzierte Krampfanfälle werden symptomorientiert behandelt (d.h. Benzodiazepine, ggf. Barbiturate)
- Nachweis nur durch toxikologische Spezialuntersuchungen
- Reizarme Umgebung, ggf. Benzodiazepine
Hallo und schönen guten Tag.
Ist es möglich einen positiven Drogen- Urintest auf Benzodizepine auf Grund von Novalgin/ Metamiazol zu haben?