Perioperative Anämie – Blick über den Tellerrand…

EisenRosenthal aus Berlin hat einen interessanten Beitrag zur perioperativen Anämie geschrieben.

Rosenthal C,  et al. Diagnostik und Behandlung der präoperativen Anämie. Anaesthesist 2019 https://doi.org/10.1007/s00101-019-0628-5

Ein paar kleine Stichpunkte als Zusammenfassung:

Hintergrund: 

  • Eine präoperative Anämie ist schweregradabhängig und mit erhöhter Morbidität sowie Mortalität assoziiert.
  • Die präoperative Anämierate in industrialisierten Ländern beträgt zwischen 14-40%
  • Eisenmangel ist die führende Ursache präoperativer Anämien.

Grundkenntnisse:

  • Kernelemente der ersten Säule des Patient Blood Management (PBM) sind die Diagnostik und Therapie der präoperativen Anämie.
  • Transferrin ist für den plasmatischen Transport von Eisen zwischen Resorptionsort, intrazellulären Eisenspeichern und Zielzellen der Eisenverwertung zuständig.
  • Ferritin ist ein zytosolisches Speicherprotein für Eisen im RES und in Hepatozyten. Es ist der wichtigste Eisenspeicher im menschlichen Organismus.
  • Eisenmangel kann absolut oder funktionell sein, was von großer Bedeutung für die mögliche Therapie ist.

Diagnostik:

  • Vor jeder Einleitung einer Anämietherapie muss die Diagnostik stehen. Anämiediagnostik und -therapie sollten mindestens einen Monat vor geplanten Operationen mit relevantem Blutungsrisiko in die Wege geleitet werden.
  • Ein Ferritinspiegel <100 ng/ml mit einer Transferrinsättigung <20% definiert einen absoluten Eisenmangel und die Indikation für eine Eisensubstitution.
  • Der löslicher Transferrinrezeptor (sTfR) kann zur Differenzierung zwischen absolutem und funktionellem Eisenmangel herangezogen werden.
  • Bei isolierter makrozytärer Anämie ist die Bestimmung von Vitamin B12 und Folsäure ratsam. Sollten sich weitere Zelllinienveränderung (Leukozytopenie, Thrombozytopenie) im kleinen Blutbild zeigen, so ist an ein höhergradiges myelodysplastisches Syndrom (mit Panzytopenie) zu denken.
  • Jede präoperativ bestehende Anämie sollte diagnostisch abgeklärt und bei einer Operation mit einer Transfusionswahrscheinlichkeit >10 % auch (wenn therapeutisch und zeitlich möglich) ursachengerecht behandelt werden.
  • Anämiediagnostik und -therapie benötigen Zeit. Patienten vor elektiven Eingriffen mit relevantem Transfusionsrisiko sollten daher mindestens 4 bis 6 Wochen vor der Operation hinsichtlich des Vorliegens einer präoperativen Anämie untersucht werden.

Therapie:

  • Eine Eisenmangelanämie wird mit oralem oder i.v.-Eisen behandelt. Bei Gabe von i.v.-Eisen wird die Gabe von oralem Eisen für mindestens 4 Wochen gestoppt. Empfehlungen zur Eisensubstitution:
    • Liegt präoperativ ein nachgewiesener Eisenmangel vor, sollte, insbesondere vor elektiven Eingriffen mit einer Transfusionswahrscheinlichkeit >10 %, mit einer Eisensubstitution begonnen werden
    • Bei ausreichender Behandlungszeit, fehlender enteraler Resorptionsstörung und/oder gastrointestinaler Unverträglichkeit kann mit einer oralen Eisengabe begonnen werden [z.B. Eisen(II)-Sulfat, 2–6 mg/kgKG und Tag in 1–3 Einzeldosen nüchtern (s. Fachinformation der Präparate)]
    • Bei i.v.-Erstgabe von Eisen, z. B. Carboxymaltosepräparaten, sollte stets auf mögliche Unverträglichkeitsreaktionen geachtet werden [langsame i.v.-Gabe von 15–20 mg/kgKG über 30 min, ggf. Monitoring (s. Fachinformation des Präparats)]
    • Eine Therapiekontrolle sollte 5 bis 7 Tage nach Beginn der Substitution erfolgen
  • Anämien bei chronischer Erkrankung können (unter Beachtung der Kontraindikationen) mit Erythropoetin, ggf. (bei gleichzeitig bestehendem Eisenmangel) in Kombination mit Eisen behandelt werden.
  • Neben der Therapie der präoperativen Anämie muss im Verlauf auch eine weiterführende Ursachendiagnostik (z. B. Abklärung des Magen-Darm-Trakts bei nachgewiesenem Eisenmangel) durchgeführt werden.
  • Für den stationären Aufenthalt empfiehlt sich die Pausierung der oralen Eisensubstitution aufgrund vielfältiger Interaktionen mit anderen Medikamenten (z.B. Antacida, Antibiotika, NSAR, Opiaten) und des erhöhten Risikos für Obstipationsbeschwerden/Ileus.

Der Artikel lohnt sich wirklich zu lesen …

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