Breaking bad news – verstehen alle Beteiligten dasselbe?

Im August hatten wir in Zusammenarbeit mit  den Organisatoren des Hauptstadtkongresses der DGAI für Anästhesiolgie und Intensivtherapie drei Tickets für die Teilnahme an diesem virtuellen Kongress im Wert von je € 120,- ausgeschrieben und dafür aufgerufen Gastbeiträge für News-Papers zu schreiben.

Gastbeitrag von Dr. Steffen Grautoff, Klinikum Herford:       Alle notfallmedizinisch Tätigen stehen regelmäßig vor dem Dilemma, schlechte Nachrichten überbringen zu müssen. Dabei hat man meist noch kein Vertrauensverhältnis aufbauen können, da man die Betroffenen in der Regel das erste Mal sieht. Hinzu kommt noch das bekanntermaßen unruhige Setting einer Notaufnahme mit anderen dringlichen Notfällen und dadurch bedingter Zeitknappheit.

In der Studie von Toutin-Dias et al. wurde untersucht, ob sowohl diejenigen, die die schlechten Nachrichten überbringen als auch diejenigen, die sie erhalten, dasselbe dabei aufgenommen und empfunden haben.

Toutin-Dias G, Daglius-Dias R, Scalabrini-Neto A. Breaking bad news in the emergency department: a comparative analysis among residents, patients and family members‘ perceptions. Eur J Emerg Med. 2018; 25: 71-76. doi:10.1097/MEJ.0000000000000404

Als Basis für den Survey haben sie das aus der Onkologie bekannte SPIKES-Protokoll von Baile et al. verwendet und beide Seiten unabhängig voneinander befragt.

Baile WF, Buckman R, Lenzi R, Glober G, Beale EA, Kudelka AP. SPIKES—A Six‐Step Protocol for Delivering Bad News: Application to the Patient with Cancer. The Oncologist 2000:302-311. doi:10.1634/theoncologist.5-4-302

Die Wahrnehmung differierte zwischen denjenigen, die die Gespräche führten und den Empfängern (Patienten/Angehörige) in verschiedenen Punkten. Sowohl das Setting (ruhige Umgebung/Atmosphäre) wurde von Empfänger-Seite häufiger als passend bewertet als auch  emotionale Angelegenheiten (Fragen nach den Gefühlen der Empfänger) und die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für das Gespräch.

Dieses lässt darauf schließen, dass das altbekannte Sender-/Empfänger-Problem auch oder gerade bei breaking bad news besteht. Möglicherweise kann ein häufigeres Nachfragen helfen, Missverständnissen vorzubeugen.

Ebenfalls unterschiedlich fiel die Gesamtbewertung aus: Der Zufriedenheitsgrad in Bezug auf das Gespräch war bei den Empfängern sehr hoch und statistisch signifikant besser als bei denjenigen, die das Gespräch geführt haben. Es bleibt also zu hoffen, dass selbst breaking bad news-Gespräche, die von ärztlicher Seite als nicht besonders gelungen empfunden werden, in der Wahrnehmung der Empfänger besser abschneiden.

Für die Praxis hier zwei verschiedene Möglichkeiten, breaking bad news zu vermitteln:

Das oben bereits erwähnte SPIKES-Protokoll (mit eigener deutscher Übersetzung):

S – Setting: Persönliches Gespräch in einem geschützten Rahmen, nicht auf dem Flur, Telefone abgeben.

P – Perception: Gepräch beginnen mit Erfragen, was bereits bekannt ist, um zu erfahren, wo man „abholen“ muss.

I – Invitation: Erfragen, ob dieses ein guter Zeitpunkt ist, die Nachrichten zu überbringen.

K – Knowledge: Alles Wichtige in gut verständlicher Form berichten, so dass auch die Bedeutung der schlechten Nachrichten eindeutig klar wird.

E – Empathy: Empathie zeigen mit den Emotionen, die durch die Überbringung aufgeworfen werden.

S – Strategy: Eine Strategie aufzeigen, wie die nächsten Schritte aussehen können.

 

Als zweites das für die Überbringung einer Todesnachricht gedachte GRIEV_ING aus der Original-Arbeit von Hobgood et al.

Hobgood, C.

The educational intervention „GRIEV_ING“ improves the death notification skills of residents.

Acad Emerg Med. 2005; 12: 296-301

(eine deutsche Übersetzung des Autors steht hier zur Verfügung)

G – gather: alle Familienmitglieder zusammenbekommen

R – resources: Unterstützung nach individuellen Wünschen organisieren, z.B. Familie, Freunde, kirchlicher Beistand.

I  – identify: sich selber vorstellen, den/die Betroffene namentlich benennen und herausfinden, auf welchem Wissensstand alle Beteiligten sind.

E – educate: berichten, was in der Notaufnahme geschehen ist.

V – verify: bestätigen, dass das Familienmitglied gestorben ist. Dieses deutlich machen, Worte wie “Tod” oder”gestorben“ verwenden.

_ – space: Raum geben für emotionale Reaktion und um die Information zu verarbeiten.

I – inquire: Fragen und Unklarheiten erfragen und sämtliche beantworten.

N – nuts and bolts: Falls es in Frage kommt: Organentnahme ansprechen, ansonsten an Dinge wie Beerdigung und persönliche Gegenstände denken sowie die Möglichkeit einräumen, persönlich den Körper des Verstorbenen zu sehen, um Abschied zu nehmen.

G – give: Übergabe der Kontaktdaten und anbieten, für später auftretende Fragen zur Verfügung zu stehen. Ein Anruf von Hinterbliebenen sollte ausnahmslos erwidert werden.

Weiterführende Informationen zu breaking bad news – FOAM:

https://canadiem.org/breaking-bad-news/

https://first10em.com/breaking-bad-news/

https://litfl.com/breaking-bad-news-to-patients-and-relatives/

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